FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

ED I TOR I A L www.fondsprofessionell.de | 1/2018 9 Nachhaltigkeit fördern – ohne Holzhammer Als die EU-Kommission An- fang März ihren „Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanz- wesen“ vorstellte, wurde schnell deutlich, dass Brüssel die Finanzbranche für die eigene Agenda einspannen möchte. „Der Wandel hin zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Wirtschaft ist gut für die Schaffung von Arbeitsplätzen, für die Men- schen und für unseren Planeten. Heute stellen wir sicher, dass das Finanzsystem diesem Ziel dient“, sagte Vize- präsident Frans Timmermans. Einige Vorschläge der Kommission sind durchaus sinn- voll, zum Beispiel die Schaffung eines einheitlichen Klas- sifikationssystems. Dann wären endlich die Zeiten vorbei, in denen unter dem wachsweichen Begriff der Nach- haltigkeit jeder etwas anderes versteht. Auch die Idee eines „EU-Kennzeichens für grüne Finanzprodukte“ hat Charme. So hilft beispielsweise das EU-Bio-Siegel Mil- lionen Menschen dabei, sich beim Lebensmittelkauf zu orientieren. Warum sollte das nicht auch bei der Geld- anlage funktionieren? Doch dabei möchte es Brüssel nicht belassen. Die EU- Kommission überlegt beispielsweise, Vermögensverwal- ter und institutionelle Investoren dazu zu verpflichten, bei ihren Anlagen Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen. Das wäre ein Fehler. Die Entscheidung, wie Kapital effi- zient zu allokieren ist, sollte in einer Marktwirtschaft nicht von Beamten diktiert werden. Gefährlich ist ein weiterer Vorschlag: Die Kommission erwägt, dass Banken für Kredite, die nachhaltigen Investitionen dienen, weniger Kapital vorhalten müssen. Das kann zu gigantischen Fehlallokationen führen und das Bankensystem destabi- lisieren – in einer Zeit, in der die Branche immer noch die Scherben der Finanzkrise beseitigt. Zu welchen Fehl- anreizen eine gut gemeinte Idee führen kann, illustrieren etliche Steuersparmodelle: Sie enden mit hoher Wahr- scheinlichkeit im finanziellen Desaster. Wer die ökologische und ethische Geldanlage fördern möchte, kann subtiler vorgehen. Beispielsweise könnte Brüssel die Finanzberater dazu verpflichten, ihre Kunden zu fragen, ob sie ihr Geld nachhaltig anlegen möchten (siehe Seite 100). Die Entscheidung bleibt beim Anleger – aber er wird auf das Thema Nachhaltigkeit gestoßen, ohne selbst explizit danach fragen zu müssen. Wenn der Gesetzgeber im Gegenzug die teils irrsinnigen Auflagen zur Risiko- und Kostenaufklärung unter Mifid II (siehe Seite 286) lockert, hätte er sogar die Anlageberater auf seiner Seite. Ihr Bernd Mikosch Chefredakteur

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