FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018

D iese Meldung ließ vor knapp zwei Jah- ren sowohl die Versicherungs- als auch die Bankenbranche aufhorchen: Die Allianz werde 2017 die Axa als exklusiven Versicherungspartner der Santander Bank ersetzen. Ende 2016 teilte der Dax-Konzern dann mit, dass er auch mit der Münchner Hypovereinsbank (HVB) eine Kooperation über den Vertrieb von Versicherungspolicen geschlossen hat. Seit 1. Januar dieses Jahres bekommen Kunden der HVB nun Allianz- Verträge – und keine Ergo-Policen mehr. Durch diese beiden neuen Partnerschaften ist die Allianz einer der „Big Player“ am Bancassurance-Markt geworden, wie der Ban- kenvertrieb von Versicherungen im Fachjar- gon genannt wird. Denn neben der HVB und der Santander Bank kooperiert der Branchen- primus schon seit 2010 mit der Commerz- bank. Der Grund für diese Kooperationen liegt auf der Hand: Die Allianz bekommt Zugriff auf ein immer noch riesiges Vertriebs- netz – und die Banken erhalten Provisionen, die gerade in Zeiten des Nullzinses, der ihnen das klassische Bankgeschäft vermiest, als Ein- nahmequelle sehr interessant sind. Der Bancassurance-Markt in Deutschland ist bei näherer Betrachtung in den Händen einer Gruppe von Geldinstituten und Versi- cherern. Viele Geldhäuser arbeiten mit einem exklusiven Versicherungspartner zusammen – von einer „Open Architecture“, wie sie im Fondsvertrieb oft zu finden ist, kann keine Rede sein. „Neun Banken beziehungsweise öffentliche Institutsgruppen machen mehr als 90 Prozent des Versicherungsgeschäfts aus, das in Deutschland über Banken abgewickelt wird“, schätzt Ulrich Wiesenewsky, Leiter Distribution Services bei der internationalen Unternehmensberatung Willis Towers Watson (Zahlen und Grafiken zu diesem Markt finden Sie im Kasten auf Seite 295). Die Institute, die der Experte dabei im Blick hat, dürften keine Überraschung sein, es sind die bekann- ten Banken mit großem Filialnetz (siehe Übersicht auf Seite 294). Die Partnerwahl liegt oft Jahre zurück und hat meist historische Gründe. Für das Exklusivmodell spricht, dass es die Arbeitsprozesse der Banken und Versi- cherer vereinfacht. Möglicherweise wird die Digitalisierung der Vertriebswege jedoch für eine Öffnung sorgen. Viele Kooperationen entstanden um die Jahrtausendwende, als das in den 1980er Jah- ren aufgekommene Allfinanzmodell als die Zukunft der Finanzdienstleistungsbranche galt: Kunden sollten Bank-, Geldanlage- und Versicherungsprodukte aus einer Hand be- kommen. So vereinbarten die Talanx und die Citibank, die Vorgängerin der Targobank, 1996 eine langfristige exklusive Kooperation. Damals verkaufte die Bank ihren konzern- eigenen Versicherer CiV an die Talanx. Heute firmiert das Unternehmen als Targo Versiche- rung – schon der Name ist Programm. 1998 schlossen die Talanx und die Post- bank ebenfalls eine Kooperation, für die sie die Postbank Versicherungen als gemeinsame Tochtergesellschaft gründeten. An der Neuen Leben, die 1965 als Versicherer im Spar- kassenlager gegründet wurde, übernahm die Talanx 2004 einen Anteil von 60 Prozent. Die übrigen 40 Prozent verblieben in den Händen der alten Eigentümer, die nach wie vor ihre Policen vermitteln. Die Deutsche Bank wie- derum arbeitet seit 2001 mit der Zurich zu- sammen. Die Kooperation hat eine lange Vor- geschichte, die bis ins Jahr 1989 zurückreicht, als die größte Bank Deutschlands die DB- Leben gegründet hatte. Lang laufende Verträge Diese Partnerschaften wurden mit lang lau- fenden Verträgen abgesichert und bestehen heute noch. Andere in dieser Zeit besiegelte Kooperationen sind längst passé. Dazu gehö- ren die 2001 vereinbarte Zusammenarbeit der HVB mit der Ergo und die 1999 gestartete Kooperation der Commerzbank mit der Generali – in beiden Fällen übernahm die Allianz. Der Münchner Branchenriese hatte bekanntlich schon früher versucht, im Ban- kenbereich Fuß zu fassen: Er kaufte 2001 die Dresdner Bank. Das Experiment ging be- kanntlich schief, 2008 verkaufte der Versiche- rer das Kreditinstitut an die Commerzbank. Die Partnerschaften der öffentlichen Versi- cherer haben eine noch längere Geschichte: Bei der R+V reicht sie bis ins Jahr 1958 zu- rück, als ein Rahmenvertrag für eine Zusam- menarbeit mit den Genossenschaftsbanken unterzeichnet wurde. Die Kooperationen der Banken spielen im Versicherungsvertrieb eine wichtige Rolle. Von einer „offenen Architektur“ ist dieser Markt weit entfernt – exklusive Partnerschaften dominieren. Eingeschränktes Angebot Wenig Auswahl: Wenn Bankberater ihren Kunden eine Versicherungspolice anbieten, handelt es sich meist um das Produkt eines Exklusivpartners. Für diese oft historisch gewachsenen Kooperationen gibt es gute Gründe. Foto: © Marek Gottschalk | stock.adobe.com 292 www.fondsprofessionell.de | 2/2018 fonds & versicherung I versicherungsver trieb über banken

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