FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018

K aum dass das neue Betriebsrentenstär- kungsgesetz (BRSG) in Kraft ist, sorgt es für Zusammenschlüsse von bisher im Wettbewerb stehenden Versicherern, wie sie vorher kaum vorstellbar gewesen wären. Das hat natürlich Gründe. Als wesentliches Ziel hatte der Gesetzgeber formuliert: Durch die Neuregelung soll es zu einem höheren Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersver- sorgung insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen kommen. Das ist auch dringend nötig, liegt der Verbreitungsgrad der bAV zwar in Großunternehmen immerhin schon bei rund 40 Prozent, während er in mittleren Betrieben sowie Klein- und Kleinstbetrieben gerade einmal um die 20 Prozent der Beschäf- tigten beträgt. Außerdem soll künftig ins- besondere Geringverdienern eine attraktive Betriebsrente ermöglicht werden. Neben Verbesserungen der Rahmenbedin- gungen der bAV für bereits bestehende Durchführungswege und kleineren Anpassun- gen in über den Arbeitgeber abgeschlossenen Riesterverträgen (siehe dazu den Kasten auf Seite 314) besteht das eigentliche Kernstück des neuen Gesetzes in der Einführung des sogenannten Sozialpartnermodells. In einer separat geführten gemeinsamen Einrichtung sollen dabei Arbeitgeber- und Arbeitnehmer- seite die Rahmenbedingungen für die Anlage- politik eines solchen auch Zielrente genannten Modells bestimmen. Garantien fallen weg Eines der wesentlichen Kennzeichen des neuen Durchführungswegs ist die reine Bei- tragszusage und die damit verbundene Haf- tungsfreiheit auf Arbeitgeberseite. Der Arbeit- geber ist lediglich zur Zahlung des Beitrags verpflichtet; was später passiert, ist nicht sein Problem. Aber nicht nur für den Arbeitgeber ist diese bAV-Variante risikolos. Auch kein Produktanbieter oder Risikoträger steht im Versorgungsfall für garantierte Mindestleistun- gen gegenüber demArbeitnehmer ein. Das zweite wichtige Kennzeichen des So- zialpartnermodells: Garantieleistungen sind ausdrücklich verboten. Im Ergebnis führt das für die Arbeitnehmer zu Zielrenten, die in ihrer Höhe schwanken können. Es ist daher die Aufgabe der Tarifvertragspartner, das Ziel- rentensystem gemeinsam mit der jeweiligen Versorgungseinrichtung entsprechend auszu- gestalten, da die Höhe der fälligen Renten an die Vermögensentwicklung und den Erfolg der Kapitalanlage gebunden ist. Die treibende politische Kraft auf demWeg zu diesen neuen Möglichkeiten in der bAV war die in der Entstehungsphase noch amtie- rende Arbeitsministerin Andrea Nahles. Wäre es nach deren ursprünglichen Plänen gegan- gen, wäre die BRSG-Umsetzung ausschließ- lich Sache der Tarifparteien geblieben, Versi- cherer und Fondsgesellschaften wären damit außen vor gewesen. Als es aber um Fragen der praktischen Umsetzung ging, wurde schnell klar, dass das ohne die Expertise von Versicherungswirtschaft und Fondsbranche kaum gehen würde. Allein schon die Menge neuer bAV-Verträge, in denen Kleinstbeträge verwaltet werden, erfordert technische Vor- aussetzungen, die niemand sonst hat. Hinzu kommt das Problem der Veranlagung, die zwar ohne Garantien auskommt, aber den- noch die Chancen am Kapitalmarkt nutzen muss, ohne die Risiken aus den Augen zu ver- lieren. Nur die Platzhirsche in der betriebli- chen Altersvorsorge können es schaffen, das neue bAV-Modell kurzfristig umzusetzen. Selbst kleine und mittlere Versicherer sind nicht in der Lage, solche Lösungen imAllein- gang zu stemmen. Auf diesen Teil des bAV- Geschäfts ganz zu verzichten, ist aber für Un- ternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, auch keine Option. Für die Kölner Gothaer zum Beispiel stellt das bAV-Standbein ein be- deutendes Element des Gesamtgeschäfts dar. Im Gesamtbestand der Kölner liegt die bAV immerhin bei einem Drittel, verglichen mit nur 22 Prozent im Marktdurchschnitt. Noch krasser ist der Unterschied im Neugeschäft, bei dem die Betriebsvorsorge einen Anteil von 32 Prozent gegenüber lediglich 17 Prozent im Durchschnitt des Marktes einnimmt. Mittleres Segment kooperiert Entsprechend blieb für das mittlere Seg- ment der Versicherer als sinnvollste Hand- Versicherer, die traditionell kaum kooperieren, werden vom Betriebsrenten- stärkungsgesetz geradezu zur Zusammenarbeit gezwungen. Zwangs partnerschaften Die entscheidenden Akteure beim neuen Sozialpartnermodell in der betrieblichen Altersvorsorge sind die Tarifparteien. Arbeitgeber und Arbeitnehmer legen die Marschrichtung einer entsprechenden gemeinsamen Einrichtung fest. Foto: © Ralf Kalytta | stock.adobe.com, Gothaer 312 www.fondsprofessionell.de | 2/2018 fonds & versicherung I betriebsrentenstärkungsgesetz

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