FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018

D er Markt hat immer recht – eine be- liebte These, die aktive Asset Manager allerdings vehement bestreiten. Schüt- zenhilfe erhalten sie von Teilen der Finanz- wissenschaft. Die Jünger des Fachgebiets Behavioral Finance versuchen nachzuweisen, wie Emotionen die Entscheidungen der Bör- sianer lenken. So zeigte einer der Wegbereiter der Zunft, Wirtschaftsnobelpreisträger Richard Thaler, wie häufig sich Investoren von ihren Gefühlen leiten lassen. Selbst Profianleger agieren längst nicht im- mer rational, zeigt Thalers Forschung. Manche aus dem Bauch heraus getrof- fene Entscheidung mag sich als richtig herausstellen. Doch oft führen Gefühle in Finanzfragen zu Fehlentscheidun- gen. Einige Fondsmanager haben sich zum Ziel gesetzt, die durch emotionale Entschlüsse entstandenen Preisverzer- rungen am Markt auszunutzen – und so eine Mehrrendite zu erzielen. Einer davon ist Patrick Hussy von Sentix Asset Management. Der Hesse leitet den Investmentableger der Wirt- schaftsforschungsgesellschaft Sentix. Das Unternehmen verschreibt sich der Ana- lyse der Stimmungslage auf dem Parkett. Die Marktforscher loten die Laune von insgesamt 5.000 Kapitalmarktteilnehmern aus. Jede Wo- che beantworten rund 1.000 Börsianer, von Privatanlegern über Analysten und Händler bis hin zu Vermögensverwaltern und Fonds- managern, den Fragebogen. Daraus entsteht ein vielfältiges Stimmungsbarometer. Die gewonnenen Erkenntnisse nutzt Hussy als Basis für die Anlageentscheidungen für mehrere Fonds. „Wir versuchen, den weichen Faktor Psychologie in eine objektive Größe zu gießen“, erklärt Hussy seinen Ansatz. Sein Kalkül: Zu bestimmten Phasen in einem Marktzyklus agieren die Börsianer besonnen und reagieren durchaus rational auf Ereignis- se. Doch in Zeiten der Euphorie, aber insbe- sondere wenn Turbulenzen aufkommen, neh- men Emotionen überhand. „Der natürliche Reflex bei Angst ist, die Flucht zu ergreifen“, sagt der Manager. So ziehen bei fallenden Märkten Investoren ihr Geld ab, selbst wenn es kaum einen triftigen Grund geben mag. Gegen die Herdenmeinung „Vom Grundsatz her sehen wir uns als kon- träre Anleger. Eine sehr positive Stimmung am Markt betrachten wir als Verkaufssignal, schlechte Laune hingegen als Gelegenheit für Käufe“, führt Hussy weiter aus. Allerdings zeigten die vergangenen Jahre, dass sich eine positive Stimmung lange am Markt halten kann – und kein zuverlässiger Indikator für einen bevorstehenden Kursverfall sein muss. Hussy und sein Team stützen sich daher nicht allein auf Sentiment-Barometer. Die Frank- furter ziehen auch andere Signalgeber heran, etwa Konjunkturindikatoren, die Hussy als „Wissens-Indizes“ bezeichnet. Daneben achtet er auf die Positionierung der Anleger. Aus die- sen Informationen destilliert Hussy dann seine Anlageentscheidungen. Ein ähnliches Modell entwickelte Philippe Denef vom belgischen Anbie- ter Degroof Petercam Asset Manage- ment. „Viele Preisanomalien am Markt lassen sich durch die Erkennt- nisse der Behavioral Finance erklä- ren“, sagt der Fondsmanager. „Der Markt reagiert auf neue Informationen meist sehr träge. Auf Tatsachen, die im Grunde bereits bekannt sind oder sich schon länger abzeichnen, reagiert der Markt hingegen mitunter heftig und übertrieben. Solche Fehleinschätzun- gen wollen wir vermeiden und statt- dessen Preisverwerfungen ausnutzen.“ Denn letztlich pendelten sich die Kur- Viele Marktteilnehmer agieren längst nicht so rational, wie sie gern glauben. Eine Handvoll Fondsmanager versucht sich das zunutze zu machen. Die Stimmungs- Reiter Gute Laune voraus Wertentwicklung von Fonds mit Sentiment-Ansatz im Vergleich Der grobe Vergleich mit europäischen Aktien zeigt, dass manche Behavioral- Finance-Fonds einen Vorteil herausspielen können. Quelle: Morningstar 10.000 14.000 13.000 12.000 11.000 9.000 15.000 16.000 17.000 Sentix Fonds Aktien Deutschland DPAM Equities – Europe Behavioral Value Stoxx Europe 600 2013 2014 2015 2016 2017 ’18 Großer Auftritt auf der Bühne, gute Laune auf dem Parkett: Fondsmanager mit Behavioral-Finance-Ansatz verlassen die Party bevorzugt dann, wenn die Stimmung am höchsten Punkt angelangt ist. Foto: © DWP | stock.adobe.com 92 www.fondsprofessionell.de | 2/2018 markt & strategie I behavioral finance

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