FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019

Foto: © beckystarsmore | stock.adobe.com E s ist noch nicht so lange her, da arg- wöhnten vor allem das rot-grüne Poli- tikspektrum und der Verbraucherschutz Provisionsexzesse in der Lebensversicherung. Flugs wurde im Sommer 2014 das Lebensver- sicherungsreformgesetz (LVRG I) geschaffen. Seither dürfen Versicherer bilanziell nur noch 25 Promille als Abschlussvergütung geltend machen. Im Ergebnis sanken dieAbschluss- courtagen bis 2018 Maklerumfragen zufolge um etwa sieben auf durch- schnittlich 33,1 Promille. Der 2018 vorgelegte LVRG-Evaluierungsbericht bescheinigte den Versiche- rern zwar, ihre kalkulierten Abschlusskosten um 21,8 Prozent gesenkt zu haben. Die Provisionen der Ver- mittler seien aber nur um durchschnittlich fünf Prozent gefallen. So entstand die Idee, nach der berech- tigten Deckelung der Provisionen in der privaten Krankenversicherung 2012 nun auch für Lebenspolicen einen Deckel zu in- stallieren, „um Fehlanreize bei der Vergütung von Versicherungsvermittlern zu vermeiden“, wie es im Bericht hieß. Falsche Zahlen im Bericht Seit April liegt dazu ein Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) vor, der die Abschlussvergütungen künftig auf 25 Promille der Bruttobeitragssumme begrenzen und den Versicherern die Überwachung auferlegen will. Bis zu 40 Promille wären nur zulässig bei Vorliegen „positiver qualitativer Merk- male“ des Vermittlers, etwa bei Nach- weis einer geringen Stornoquote, we- niger Kundenbeschwerden und einer hochwertigen Beratung. Inzwischen sickerte durch, dass sich der Evaluierungsbericht teilweise auf falsche Zahlen stützte. Tatsächlich ist die Abschlussvergütung wohl nicht nur um durchschnittlich 7,2 Prozent bei Maklern und 2,9 Prozent bei Ver- tretern gefallen, sondern um mehr als zehn Prozent. In die Durchschnitts- werte waren ursprünglich nämlich auch die Provisionen aus Risikoversicherungen und dem niedrig vergüteten Kollektivgeschäft eingeflossen. „Schon heute liegt die Ver- gütung im Schnitt bei 37,74 Promille, also un- ter dem im Referentenentwurf vorgeschlage- nen Deckel“, sagt der CDU-Finanzpolitiker Carsten Brodesser im Interview mit FONDS professionell (siehe nächste Seite). Kein Missstand Bestätigt wird Brod- essers Einschätzung durch Zahlen der aktuellen BVK-Strukturanalyse, die die Fachhochschule Dort- mund unter 2.500 Versi- cherungsvermittlern erhob. Der durchschnittliche Ab- schlussprovisionssatz liegt demnach bei 25 Promille. Makler kommen mit 35 Promille auf die höchsten nominellen Werte (siehe Grafik). „Die werden jedoch durch Laufzeitfaktoren, verlängerte Stornohaftungszeiten sowie die Einbe- haltung einer unverzinsten Stornoreserve faktisch auf ein Niveau gedrückt, das geringer ist als noch in den Jahren vor dem LVRG I“, betont Studienautor Matthias Beenken. Maklerverbände haben längst in eigenen Kodizes festgezurrt, dass das berechtigte Kun- deninteresse Vorrang vor dem eigenen Vergü- tungsinteresse hat, und keinerlei Missstände bei der Vergütung erkannt. Auch der Evaluie- rungsbericht hatte zur Begründung keine kon- kreten Missstände nennen können. Zwei Gut- achten von namhaften Juristen kamen ohnehin zu dem Schluss, dass ein Pro- visionsdeckel im Bereich der Lebens- versicherung verfassungs- und europa- rechtlich unzulässig wäre. Zudem würde ein Provisionsdeckel für Rentenversicherungen die Rendite- minderungen, die sich für Kunden durch die anhaltende Niedrigzinsphase ergeben, nicht ansatzweise kom- pensieren, zeigen Modellrechnun- gen der Ratingagentur Assekurata. Mit einem Deckel bei 25 Promille würde die monatliche Rente je nach Produkt nur 4,86 bis 7,25 Euro höher ausfallen. „Der Renditeeffekt liegt lediglich zwischen 0,09 und 0,16 Pro- Die Regierung diskutiert seit Monaten über einen Provisionsdeckel für Lebens- policen. Die Union lehnt den SPD-Entwurf ab, doch ein Kompromiss ist in Sicht. Der Deckel auf dem Deckel Es wird nichts so heiß gegessen wie gekocht. Das trifft auch auf den Provisions- deckel zu, hof- fen Makler. » Die Provisionen der Makler werden durch Laufzeitfaktoren und verlängerte Storno- haftungszeiten gedrückt. « Matthias Beenken, FH Dortmund Keine Exzesse Verteilung der durchschnittlichen LV-Abschlussprovision für Makler Die groß angelegte Umfrage des BVK zeigt, dass nur wenige Makler mehr als 40 Promille Provision bekommen. Quelle: BVK-Strukturanalyse 2018/2019 46–50 ‰ 41–45 ‰ 36–40 ‰ 31–35 ‰ 26–30 ‰ 21–25 ‰ 0–20 ‰ , 9 7 % , 8 4 % , 14 2 % , 77 % 1,9 % 26,5 % 31,6 % Anteil der Makler Abschlussprovision in Promille Lesebeispiel: 14,2 Prozent der Makler erhalten im Schnitt 31 bis 35 Promille Provision. 262 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 fonds & versicherung I lebensversicherung

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