FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019

Foto: © Andy Ilmberger | stock.adobe.com E s dauert seine Zeit, bis sich ein neues Produkt am Markt durchsetzt. Wer während seines Studiums eine Marke- tingvorlesung besucht hat, dem dürfte das fol- gende Modell bekannt vorkommen: Zuerst kaufen einige wenige „Innovatoren“ ein neues Produkt, gefolgt von der überschaubaren Gruppe der „First Mover“. Die Mehrheit springt erst auf den Zug auf, wenn genügend andere es „vorgemacht“ haben. Dieses Prinzip gilt nicht nur für Kon- sum- oder Elektronikartikel, sondern ist auf andere Berei- che übertragbar, etwa die An- fang des Jahres veröffentlichte DIN 77230 „Basis-Finanzana- lyse für Privathaushalte“. So argumentieren zumindest die Initiatoren der Norm, die hof- fen, dass sie schon bald zum Branchenstandard wird. „Die Norm wird bisher nur von wenigen Personen und Gesellschaften genutzt“, be- richtet Andreas Adam, Ge- schäftsführer der Unternehmensberatung Ajco Solutions, die 50 Manager von Vertrieben, Versicherern, Softwareanbietern und größeren Maklergesellschaften befragt hat (siehe die Grafiken unten und auf Seite 304). Demnach ist die Finanznorm der großen Mehrheit zwar bekannt, aber weniger als die Hälfte setzt sich mit dem Regelwerk intensiver auseinander und diskutiert eine mögliche Umsetzung. Von einer aktiven Anwendung sind sie also noch entfernt. FONDS professionell hat sich in der Branche umgehört, Zahlen zur Nutzung der DIN gesammelt und nach den Gründen für die bislang schleppende Verbreitung gefragt. Unbekannte Nutzerzahl Konkrete Zahlen zur Anwendung der DIN fehlen, viele aktive Nutzer sind es aber wohl noch nicht. Klaus Möller, Vorstand des Norm- Initiators Defino Institut und Obmann des DIN-Arbeitsausschusses, berichtet von knapp 2.000 Vermittlern, die Defino wegen ihrer Kenntnisse des Regelwerks zertifiziert hat. Al- lerdings können Berater die Norm auch ohne Zertifikat nutzen, sodass diese Zahl nicht alle aktiven DIN-Anwender umfasst. Zwei Softwarehäuser, die Tools für den Standard entwickelt haben, beziffern gegen- über der Redaktion die Anzahl der von ihnen freigeschalteten Anbindungen auf in Summe rund 5.000. Doch auch diese Zahl entspricht nicht eins zu eins den aktiven Normnutzern. So sind in den Lizenzen Zugänge eingerech- net, die Maklerpools ihren Partnern kostenlos anbieten. Dass alle Vermittler diese Tools wirklich im Beratungsalltag einsetzen, ist unwahrscheinlich. Außerdem enthalten die Zahlen Sammellizenzen für kleinere Banken und Vertriebe, mit denen mehrere Berater auf die Software zugreifen können. Wie häufig die Anbindungen genutzt wer- den, können die Anbieter also nicht nachvollziehen. Die bisherige Nachfrage nach Schulungen auf die DIN ist niedrig. Bislang offerieren nur wenige Weiterbildungsin- stitute entsprechende Semi- nare. EinAnbieter hat nach ei- genen Angaben eine dreistel- lige Zahl von Beratern ausge- bildet. Thomas Kohrs, Leiter Competence Center Profes- sional & Executive Education an der Frankfurt School of Finance and Management, berichtet dagegen: „Wir bie- ten Seminare zur Schulung Noch wenden erst wenige Vermittler die DIN-Norm zur Finanzanalyse an. Doch vieles spricht dafür, dass sich das bald ändert – die Zeit arbeitet für den Standard. Eher Ausnahme als Standard Vermittler, die die Finanzen ihrer Kunden gemäß DIN 77230 analyiseren, stechen aus der großen Masse der Berater hervor. Es sind aktuell nur wenige – noch, denn es spricht einiges dafür, dass die Norm Fahrt aufnehmen könnte. Halbinformierte Branche So gut wissen Finanzdienstleister über die DIN 77230 Bescheid Nur rund die Hälfte der befragten Manager von Vertrieben, Pools und Versicherungen hat sich schon intensiver mit den Inhalten der Norm auseinandergesetzt. Quelle: Ajco Solutions (Juli 2019) Ich habe schon mal davon gehört, aber Details sind mir unbekannt. Ich habe mich schon etwas mit dem Thema beschäftigt und glaube, es inhaltlich einordnen zu können. Ich habe mich bereits intensiv mit dem Thema beschäftigt und mir eine erste Meinung gebildet. Ich habe noch nie davon gehört. 49 % intensiv beschäftigt 39 % etwas beschäftigt 12 % 0 % 300 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 vertrieb & praxis I finanznorm

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