FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019

Foto: © Bundesministerium der Finanzen D ie gute Nachricht aus der Hauptstadt überraschte Anleger am Morgen des 7. November. Am Tag zuvor hatte in Berlin der Finanzausschuss getagt und einem der schrägen Steuerpläne von Bundesfinanz- minister Olaf Scholz (SPD) eine Absage erteilt. Damit ist vorerst klar: Wer ab 2021 Totalverluste mit Aktien oder Anleihen erlei- det, weil der Emittent der Papiere in die In- solvenz schlittert, darf diese auch weiterhin steuerlich geltend machen. Für Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wert- papierbesitz (DSW), ist die Abkehr von der Regelung, die in der Finanzbranche und bei Anlegern seit Mai dieses Jahres für Aufregung gesorgt hatte, zumindest ein Etappensieg. Nur gut eine Woche bevor die Entscheidung im Finanzausschuss fiel, hatten die DSW, das Deutsche Aktieninstitut (DAI) und der Deut- sche Derivate Verband (DDV) die Große Koalition dazu aufgefordert, ihre Pläne zur Verrechnung von Totalverlusten aus Wert- papiergeschäften zu überdenken. Doch auch wenn die Lobbyarbeit an dieser Stelle Früchte getragen hat, ist Tüngler nur verhalten optimistisch. „Es bleibt abzuwarten, ob Scholz nicht versuchen wird, dieses Steuervorhaben in ein anderes Gesetz einzu- bringen“, sagt er. Und selbst wenn er es nicht tut: Der Bundesfinanzminister hat weitere fiskalische Änderungen angepeilt, die Aktien- anleger, Fondssparer und nicht zuletzt die Inhaber von fondsgebundenen Versicherungen steuerlich schlechter stellen würden als bisher. Völlig paradox Die zumindest für den Moment gestoppte Neuregelung zur Verrechnung von Totalver- lusten aus Wertpapiergeschäften hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in den im Mai 2019 veröffentlichten Referenten- entwurf für ein „Gesetz zur weiteren steuerli- chen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ einfließen lassen. Hätte der Finanzausschuss nicht beschlossen, sie aus dem Jahressteuer- gesetz 2021 zu streichen, wären Investoren und Finanzämter in eine völlig paradoxe Situation geraten. Denn gelten sollte: Verkauft ein Anleger Aktien oder Unternehmensan- leihen mit Verlust, so darf dieser mit entspre- chenden Gewinnen verrechnet werden. Wird aber das Unternehmen, in das er investiert hat, insolvent, so ist eine Verlustverrechnung nicht möglich. „Das verstehe, wer will“, sagt Christine Bortenlänger, geschäftsführender Vorstand des DAI. Haben sich Überlegungen zur Logik dieser Steueränderung nun erst einmal erübrigt, so herrscht in Sachen Finanztransaktionssteuer in der Branche nach wie vor großes Kopf- schütteln. Diese salopp auch „Börsensteuer“ genannte Investmentabgabe wurde auf euro- päischer Ebene jahrelang diskutiert, nun soll sie 2021 nach französischem Vorbild in zehn Ländern der Europäischen Union eingeführt werden – auch in Deutschland. In Frankreich fällt bereits seit August 2012 auf Transaktionen mit inländischen Aktien eine Steuer von 0,3 Prozent des Transaktions- volumens an, sofern der Emittent des Papiers mindestens eine Marktkapitalisierung von einer Milliarde Euro aufweist. Ähnlich soll nach dem Willen von Olaf Scholz ab dem übernächsten Jahr auch der deutsche Fiskus vorgehen. „Da es noch kein offizielles Schrift- stück zu der geplanten Finanztransaktions- steuer gibt, kann man sich nur an den Infor- mationen orientieren, die aus Berlin zu ver- nehmen sind“, sagt Tüngler. Demnach sollen Aktienkäufe und -verkäufe mit 0,2 Prozent des Transaktionsvolumens besteuert werden, wenn das dahinterstehende Unternehmen eine Marktkapitalisierung von einer Milliarde Euro oder mehr hat. „Hierzu- lande wären Aktien von etwa 140 Unterneh- men betroffen“, erklärt Tüngler. „Und zwar ausgerechnet die Papiere von großen, stabilen Emittenten, die man im Portfolio haben soll- te“, sagt er. Das sei absolut widersinnig. Bundesfinanzminister Olaf Scholz will die Finanztransaktionssteuer durchboxen und die Abgeltung- steuer auf Kapitalerträge abschaffen. Die Vorhaben stoßen in der Finanzbranche auf Kritik. Lauter schräge Pläne Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Berlin: Sein Plan für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nach französi- schem Modell kommt in der Investmentbranche nicht gut an. Ebenso wenig wie einige weitere Steuervorhaben. » Wer das schnelle Geld sucht, wird verschont, der langfristig denkende Anleger dagegen bestraft. « Bert Flossbach, Flossbach von Storch 400 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 steuer & recht I steuervorhaben

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