FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

W er das große Besprechungszimmer in der Quirin-Bank-Zentrale am Berliner Kurfürstendamm betritt, dem fällt gleich die Reihe von „Grabsteinen“ auf. So nennen Investmentbanker die Tro- phäen aus Plexiglas, die sie an erfolgreiche Projekte erinnern sollen. In den letzten Jahren hat Quirin unter anderem die Biotech-Gesell- schaft Mologen an die Börse gebracht, Air Berlin beim Einsammeln frischer Anleihe- Millionen geholfen und Infineon bei der Emission einer Wandelanleihe beraten. Mit diesem Geschäft verdient die Bank Geld. Mit der Honorarberatung tut sie es nicht – noch nicht. An der Quirin Bank scheiden sich die Geister. Für die einen ist „Deutsch- lands erste Honorarberaterbank“ das Vorbild schlechthin für das Bankge- schäft der Zukunft. Andere sehen sie als lebenden Beweis dafür, dass sich mit Honorarberatung kein Geld ver- dienen lässt. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Ja, die Quirin Bank tut sich schwer: Die Honorarberatungssparte ist nach wie vor defizitär, und schnelles Wachstum sieht anders aus. Dennoch ist das In- stitut auf einem guten Weg, auch in seinem Kerngeschäft schwarze Zahlen zu schrei- ben. Deshalb ist es schon er- staunlich, dass keine andere der über 2.000 Banken in Deutschland konsequent auf Honorarberatung setzt – und Quirin damit kampflos einen Wachstumsmarkt überlässt. Als Vorstandschef Karl Matthäus Schmidt das einst als Berliner Effektenbank gegründete Institut 2006 auf Honorarberatung umstellte und in Quirin umbenannte, war er in der Branche längst kein Un- bekannter mehr. Der Bankiers- sohn aus Franken hatte 1994 als 25-Jähriger den Onlinebroker Consors gegründet. Schmidt kennt sich also aus mit Revolutionen im Bankge- werbe. Seine erste kam freilich schneller vor- an als seine zweite: Cortal Consors zählt mit 1,1 Millionen Kunden aus drei Ländern inzwischen zu den größten Direktbanken Europas. Quirin dagegen betreut mit fast 90 Beratern nur rund 9.000 Kunden. Fehlende Größe ist für eine junge Firma noch kein Manko. Allerdings ließ zuletzt auch das Wachstum nach. 2010 stieg die Zahl der Kunden noch um 36 Pro- zent, 2011 um zwölf Prozent, 2012 und 2013 dann nur noch um drei bis vier Prozent (siehe Grafik nächste Seite). „Wichtiger als die Zahl der Kunden ist für uns das verwaltete Vermögen, das im ver- gangenen Jahr um deutlich mehr als zehn Pro- zent gestiegen ist“, sagt Schmidt. „Wir haben einige kleinere Kunden verloren, dafür aber deutlich größere Mandate gewonnen.“ Hohe Kosten-Ertrags-Quote Noch trägt sich das Honorarberatungsge- schäft nicht. Das zeigt die Cost-Income Ratio, die den ordentlichen Aufwand den ordentli- chen Erträgen gegenüberstellt. Immerhin: Die- se Quote ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken (Grafik nächste Seite). Allerdings lag sie 2013 immer noch bei 94 Prozent. Die Honorare reichen also gerade so, um die operativen Kosten zu decken – die Gemeinkosten aus der Zentrale lassen sich damit nicht begleichen. Zum Ver- gleich: Europas Privatkundenbanken kom- men dem jüngsten „Retail Banking Radar“ der Beratungsfirma A.T. Kearney zufolge im Schnitt auf eine Cost-Income Ratio von 61 Prozent. Was die Profitabilität anbe- langt, hat die Quirin Bank also, höflich formuliert, noch Luft nach oben. Noch muss die „Unternehmerbank“, wie die Investmentbankingeinheit bei Quirin heißt, die Honorarberatung quer- subventionieren. „Die Unternehmer- bank ist und bleibt ein sehr wichtiges Standbein“, sagt Schmidt. „Dieser Geschäftsbereich ist seit eh und je profitabel und hat zu einem guten Teil den Aufbau der Honorarberatung bezahlt.“ Im Fokus der Öffentlichkeit steht diese Quirin-Sparte freilich nicht. Auch die Aktionäre werden vor allem in die Honorarberatung investiert haben, nicht in das Investmentbanking. Die Aktionäre – darunter als größter Anteilseigner die Finanzholding RHJ International, zu deren Portfolio auch die BHF Bank und Kleinwort Benson gehören – durften sich 2013 immerhin über den zweiten Gewinn der achtjährigen Unterneh- mensgeschichte freuen. Den Ausschlag dafür gab allerdings ein Sondereffekt: Quirin glie- Karl Matthäus Schmidt: „Wir haben einige kleinere Kun- den verloren, dafür aber deut- lich größere Man- date gewonnen.“ 222 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 honorarberatung spezial I quirin bank ? ! HN Foto: © Tim Flavor Fotografie Kaum Wachstum, rote Zahlen im Kerngeschäft: Für die Quirin Bank rechnet sich die Honorarberatung bislang nicht. Doch das soll sich ändern. Die zähe Revolution ? HONORAR- BERATUNG ! HN

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