FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

vertrieb & praxis I p2p-kreditplattformen 262 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 Foto: © Jozsef Szasz-fabian | Dreamstime.com, Lendico D as Herz der deutschen Internetbranche schlägt in einer ehemaligen Zigaretten- fabrik in Berlin-Mitte. Vis-à-vis vom Friedrichsstadtpalast steht der unscheinbare Hauptsitz der Rocket Internet AG, die sich selbst sogar als der weltweit führende Inter- netinkubator betrachtet. Mehr als 50 Unter- nehmen hat Rocket in den letzten Jahren auf den Weg gebracht, darunter den Online- händler Zalando, der noch in diesem Jahr den Börsengang plant. Inzwischen arbeiten mehr als 7.000 Menschen für den Versandhändler. Weit weniger bekannt dürfte eines der jün- geren Start-ups der Rocket-Firmenfamilie, Lendico, sein. Noch, sollte man hinzufügen. Denn Lendico dringt mit Macht in den Wachstumsmarkt der Onlinekonsumentenkre- dite. Auf den Kreditmarktplätzen stellen Pri- vatpersonen eine gewünschte Geldsumme be- reit, die an ein Kreditprojekt gebunden wer- den kann. Dabei entscheiden die Geldgeber selbst, an wen und unter welchen Vorausset- zungen das Geld verliehen beziehungsweise wie es angelegt werden soll. Umgekehrt fin- den sich private Geldsuchende auf der Platt- form ein und werben um Anleger. Die einen werden mit lukrativen Zinsen gelockt, die an- deren mit hohen Renditen. Ein Geschäftsmodell, das wie in Lendico nicht nur immer neue Nachahmer findet, sondern in Zeiten schmaler Renditen auch das Interesse institutioneller Investoren weckt. Die haben das Segment als attrak- tive Anlageklasse entdeckt und versorgen die Kredit- marktplätze zunehmend mit frischem Geld. Weil die Nach- frage nach Krediten noch das Angebot übersteigt, spielen Großanleger in den Business- plänen der Plattformen eine wichtige Rolle. Ein Umstand, von dem auch Vermögensverwalter und unabhängige Finanzberater profitieren könnten, indem sie mit den Anbietern kooperie- ren. Als Vorbild dienen nicht zuletzt die Kreditmarktplätze in den USA und Großbritan- nien, wo das mittlerweile mil- liardenschwere Geschäft zu großen Teilen über die Gruppe der Financial Advisor läuft. Robin Hood des Bankings Im Englischen wird die pri- vate Kreditvergabe als Social Lending, Crowdlending oder Peer-to-Peer-Kredit (P2P) be- zeichnet. Dabei zählen die Onlinekreditmarktplätze zur Wachstumsbranche der Fin- techs. Der Begriff steht für neue Technologien im Bereich der Finanzdienstleistungen, etwa E-Commer- ce, Mobile Payment oder Big Data, in denen traditionelle Dienstleister wie etwa Banken zunehmend in Bedrängnis junger Unterneh- men wie Lendico geraten. „Wir sind eine Art Robin Hood des Bankings. Seit Jahrhunderten verdienen die Institute mit Krediten Geld, wir nehmen ihnen die ertragreiche Assetklasse weg und überlassen sie den Privatinvestoren“, sagt Dominik Steinkühler, einer der Gründer und Geschäftsführer von Lendico. Für ihn, der zuvor unter anderem für die Boston Consul- ting Group und Rothschild gearbeitet hat, lie- fert eine Bank bei der Kreditvergabe keinen wirklichen Mehrwert. Kredite seien heute ein standardisiertes Produkt; um es anbieten zu Das Geschäft mit Onlinekrediten von Privat an Privat wächst ungebremst. Auch unabhängige Finanzberater können von dem jungen Trend profitieren. Kredit ohne Bank P2P-Kreditplattformen bringen Anleger, die Rendite suchen, und Konsumenten, die rasch und unbürokratisch Geld benötigen, zusammen.

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