FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

302 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 fonds & versicherung I lebensversicherungen Foto: © Rodimovpavel | Dreamstime.com A m Ende musste alles verdammt schnell gehen. Gerade einmal drei Tage – inklusive einem Feiertag – hat die Bundesregierung Verbraucher- und Vermitt- lerverbänden sowie dem Branchenverband GDV Zeit gegeben, um ihre Stellungnahmen zum Entwurf eines Lebensversicherungs- reformgesetzes (LVRG) abzugeben. Und trotz der extrem knappen Zeit haben es die Ver- bände über ihre Einsprüche immerhin ge- schafft, dass die Offenlegung oder die Decke- lung von Provisionen aus dem Entwurf raus- geflogen sind, bevor nicht einmal zwei Wo- chen später das LVRG vom Bundesrat durch- gewunken wurde. Doch das Stricken mit heißer Nadel wird jetzt weitergehen. Denn mit dem nun verab- schiedeten LVRG stehen jetzt nicht nur die Lebensversicherer, sondern auch die Vermitt- ler und deren Dienstleister wie Maklerpools vor einem spannenden Herbst. Die im Mittel- punkt des Reformpakets stehenden Maß- nahmen müssen bis 1. Januar 2015 umgesetzt sein. Wer es nicht schafft, die Neuerungen fristgerecht zu realisieren, läuft Gefahr, dass sein Neugeschäft erst einmal wegfällt. „Die Tragweite des Gesetzes ist enorm, es betrifft fast alle Bereiche der Lebensversiche- rung und setzt die gesamte Branche unter enormen Zeitdruck“, erklärt dazu Andreas Hutfleß, Leiter des Geschäftsbereichs Versi- cherungen beim Beratungsunternehmen Steria Mummert Consulting. „Es ist nicht nur eine Mammutaufgabe, für viele Versicherer wird es auch kaum möglich sein, alle Neuerungen mit Inkrafttreten des Gesetzes oder bis Ende des Jahres umzusetzen.“ Darüber hinaus sei das Neugeschäft der Lebensversicherer durch die Reform direkt betroffen, da sie eine neue Tarifgeneration einführen müssten. Diese Notwendigkeit resultiert unmittelbar aus der im Reformgesetz enthaltenen Absenkung der Höchstgrenze für den Zillmersatz von 40 auf 25 Promille sowie die Verringerung des Mindestzinssatzes für die Berechnung von Deckungsrückstellungen von aktuell noch 1,75 auf 1,25 Prozent ab 2015. „Lebens- versicherer müssen deshalb ihre Angebots- software bis spätestens November umgestellt haben, um das Neugeschäft nahtlos weiter- führen zu können“, erklärt Hutfleß. Eine weitere Auswirkung ist die Offenlegung einer Gesamtkostenquote des Versicherungsvertrags vor Vertragsabschluss. Die BaFin erhält zu- dem zusätzliche erweiterte Befugnisse und kann Sanierungsmaßnahmen bei Versicherern anordnen, und die Versicherer selbst bekom- men weniger Spielraum bei der Bestimmung der Ausschüttungen an ihre Aktionäre. Insgesamt also ein ganzer Strauß von Änderungen, die nicht nur den Versicherungs- betrieb selbst betreffen, sondern auch massiv dessen Gestaltung von Produkten verändern werden und damit schließlich auch die Situation von Vertrieben wie auch nicht zuletzt deren Kunden. Kein Wunder, dass das Medienecho auf das Reformgesetz geradezu bunt und verwirrend ausfiel. Die Reaktionen reichten von „Hilfspaket für die Branche“ über „Rettung für die Assekuranzen“ bis hin zu „Vor der Lobby eingeknickt“ und „Ent- eignung abgesegnet“ – je nachdem, welchen Aspekt der jeweilige Journalist als bedeu- tender betrachtet hat. Entsprechend der unübersichtlichen Ge- mengelage sah sich Guido Bader, Vorstands- mitglied der Stuttgarter Lebensversicherung, auf der Handelsblatt-Jahrestagung Ende August in Köln, die unter dem Leitmotiv „Strategiemeeting Lebensversicherungswirt- schaft“ stand, veranlasst, in seinem Vortrag eine grundsätzliche Einordnung der Kern- elemente des LVRG in solche mit Auswirkun- gen auf die Bilanz der Versicherer und solche mit Auswirkungen auf die Produktgestaltung vorzunehmen (siehe dazu den Kasten „Kern- elemente“). Gleichzeitig stellte Bader die Frage nach den Auswirkungen hinsichtlich Vergütungs- höhe und Vergütungsstruktur der Vermittler. „Probleme, die es dabei zu lösen gilt, betref- fen zum einen die Überbrückung des Ver- dienstausfalls der Vermittler durch die Sen- kung der Abschlussprovision, bis ausreichend Bestände mit laufenden Provisionen aufgebaut sind“, so der Versicherungsexperte, „und zum anderen die Vorfinanzierungsproblematik auf Seiten der Versicherer und das Risiko von sogenannten Schmidt-Tobler-Effekten.“ In der Pflicht sieht Bader jetzt die Politik, die vor dem Hintergrund möglicher Auswirkungen des neuen Gesetzes genau beobachten müsse, Ob das Ziel einer Absicherung stabiler Leistungen für Lebensversicherte erreicht wird, ist offen. Zu nächst einmal sorgt das LVRG für reichlich Verwirrung. Mit der heißen Nadel Die im Mittelpunkt des Reformpakets stehenden Maßnahmen müssen bis 1. Januar 2015 umgesetzt sein. Wer es nicht schafft, die Neuerungen fristgerecht zu realisieren, läuft Gefahr, dass sein Neugeschäft erst einmal wegfällt.

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