FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

312 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 steuer & recht I mittelstandsanleihen Foto: © beate-uhse.ag, Rotter, Scope D ie Deutschen sind stolz auf ihren Mit- telstand – sie werden nicht müde, ihn als Rückgrat der Wirtschaft und damit als wichtigsten Arbeitgeber zu rühmen. Aus- reichend mit Kapital versorgt wird er dadurch allerdings nicht, derzeit kämpfen auch erfolg- reiche mittelständische Unternehmen mit The- men wie Eigen- und Fremdkapitalzugang. Ob es am Nicht-Wollen oder am Nicht-Können der Banken unter der Basel-III-Regulierung liegt, lässt sich schwer sagen – fest steht, dass der Mittelstand derzeit nicht in dem Umfang Bankdarlehen erhält, wie er das gern hätte. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist der Kapitalmarkt, Anleger schließen immer häu- figer die Finanzierungslücke des Mittelstands; allerdings nicht in erster Linie, um ihm zu hel- fen, sondern weil sie mit attraktiven Renditen gelockt werden. Beispielsweise begann am 30. Juni die Zeichnungsfrist für eine Unter- nehmensanleihe der Beate UhseAG mit einem Volumen von bis zu 30 Millionen Euro. Bei einer Laufzeit von fünf Jahren verspricht der Erotikkonzern eine Kuponverzinsung von 7,75 Prozent. Das neue Management will mit dem Geld das E-Commerce-Geschäft aus- bauen und das Unternehmen stärker auf die neue Zielgruppe Frauen ausrichten. Ob der Turnaround der Firma gelingt, muss sich allerdings erst zeigen. Nicht nur sexy Doch Mittelstandsanleihen sind keineswegs nur sexy. „Die Kehrseite der guten Zinsen ist das mitunter hohe Ausfallsrisiko. Seit Beginn dieses Marktsegments vor gut vier Jahren bis heute lag es bei 14,5 Prozent. Allein im Jahr 2013 fielen acht Prozent der Emissionen aus. Auf dem Anleihenmarkt für große europäi- sche Unternehmen liegt das Ausfallsrisiko etwa bei drei Prozent“, erklärt Britta Holt, Head of Corporates bei der Berliner Rating- agentur Scope. In dem im Mai 2010 geschaffenen Markt- segment BondM für Anleihen mittelständi- scher Unternehmen an der Börse Stuttgart no- tieren Anleihen von Unternehmen wie Dürr, Air Berlin, German Pellets oder des Mode- konzerns More & More. Sie bieten Kupons von sechs, sieben oder gar acht Prozent, und die bekommt man natürlich nicht einfach so. „Von den 142 mittelständischen Unterneh- men, die wir insgesamt untersucht haben, sind mittlerweile 20 insolvent. Im ersten Halbjahr 2014 gab es schon vier Insolvenzen: Stre- nesse, Mox Telecom, Zamek, Rena“, so Holt. Windreich-Pleite – Bank verklagt Eine prominente Pleite der jüngeren Zeit ist die des Windparkentwicklers Windreich. 125 Millionen Euro hatte das Unternehmen über zwei Anleihen eingesammelt, die an der Börse Stuttgart gelistet waren. Mittlerweile setzen sich auch Anlegerschutzanwälte damit ausein- ander, denn Anleihenzeichner bereiten Klagen gegen die Bank J. Safra Sarasin, es sind auch schon Klagen beim Landgericht Regensburg anhängig. „Es geht darum, dass die von der Bank Sarasin beratenen Kunden in mehrfa- cher Hinsicht getäuscht wurden. So wurde den Kunden nicht mitgeteilt, dass die Bank Sarasin der Windreich AG ein Darlehen über 70 Millionen Euro ausgereicht und sie deshalb ein großes Eigeninteresse hatte, das Kredit- risiko auf die Anleger zu verlagern“, erklärt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Klaus Rotter von der Münchner Kanzlei Rotter Rechtsanwälte, die derzeit rund 20 Anleger gegen die Bank Sa- rasin vertritt. Weiterhin, so Rotter, seien die Kunden auch nicht darüber aufgeklärt wor- den, dass die Bank Sarasin von der Windreich AG eine verdeckte Provision als Vertriebs- anreiz für den Vertrieb der Windreich-Anleihe bekommen hat. Wenn sich herausstellen sollte, dass die Bank auch höher im Rang stand als die An- leihengläubiger und sie noch bezahlt wurde, als die Anleger derbe Verluste hinnehmen mussten, dürfte es zu weiteren Klagen kom- men. Die Bank Safra Sarasin möchte sich ge- genüber FONDS professionell zu dem Fall nicht äußern: „Es ist unsere gängige Praxis, ein laufendes Verfahren nicht öffentlich zu kommentieren und auf Ihre Fragestellung nicht näher einzugehen“, heißt es aus Basel. Auch bei anderen Mittelstandsanleihen be- ginnen Anlegerschutzanwälte und Staatsan- waltschaften mit der Vorbereitung ihrer Kla- geschriften. So beispielsweise bei MBB Clean Energy, Sic Processing oder beim Fahrradher- steller Mitteldeutsche Fahrradwerke (Mifa). Mittelstandsanleihen können interessante Renditen abwerfen, sind als Einzel- investments aber hochriskant, Fonds sind hier die deutlich bessere Wahl. Unnötige Risiken Beate-Uhse-Manager Serge van der Hooft und Erwin Cok: Im Juni emittierte das Unternehmen eine fünfjährige Anleihe, die 7,75 Prozent pro Jahr zahlt. Die Emission wurde vorzeitig geschlossen.

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