FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

D as Wort „Anlegerschutz“ ist so aus- gelaugt wie ein fünfmal benutzter Tee- beutel. Trotzdem: Die zweite Richt- linie der Europäischen Union zur Harmoni- sierung der Finanzmärkte im europäischen Binnenmarkt (MiFID II) soll dem Anleger- schutz dienen. Darüber hinaus soll das 148 Seiten starke Regelwerk den Wettbewerb stärken und den europäischen Finanzmarkt harmonisieren. MiFID II + MiFIR Die Vorschrift kam gleich im Doppelpack: Parallel zur MiFID-II-Richtlinie wurde die 65 Seiten starke Verordnung „Markets in Finan- cial Instruments Regulation“ (MiFIR) verab- schiedet. Der technische Unterschied: Wäh- rend EU-Richtlinien zunächst in die nationa- len Gesetze einzupflegen sind, bevor sie gel- ten, greift eine EU-Verordnung unmittelbar. Mit der MiFIR wollen die EU-Regulatoren dem übergeordneten Ziel eines international einheitlichen Regelwerks („Single Rule Book“) näherkommen, um Regulierungs- Arbitrage den Nährboden zu entziehen. Am 14. Januar 2014 wurden die Trilog- Verhandlungen zu MiFID II und MiFIR ab- geschlossen. Am 15. April 2014 erfolgte die Verabschiedung beider Texte durch das EU- Parlament, und die Veröffentlichung folgte am 12. Juni 2014. Demnach gelten die Regelun- gen der MiFIR ab 3. Januar 2017 unmittelbar, und die einzelnen Mitgliedsstaaten müssen die MiFID II so in ihr nationales Recht umsetzen, dass die Regelungen europaweit ab 3. Januar 2017 Anwendung finden. Kein Provisionsverbot Doch welche Änderungen bringt die so heiß diskutierte Richtlinie MiFID II für Anla- geberater nun tatsächlich? „Eine wichtige Re- gelung dürfte sein, dass die EU nur im Falle des Portfoliomanagements untersagen will, Provisionen anzunehmen und zu behalten“, erklärt Rechtsanwalt Jochen Eichhorn von der Kanzlei Lachner Westphalen Spamer, der auf Wertpapierhandels- und Kapitalanlagerecht spezialisiert ist. „Bei anderen Wertpapier- dienstleistungen wie zum Beispiel der Anla- geberatung haben die Mitgliedsstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Wertpapierfirmen aus- schließlich den Interessen des Kunden ver- pflichtet bleiben, wenn sie eine Gebühr oder Provision an einen Dritten zahlen oder von ihm erhalten. Ausgenommen davon sind Zah- lungen, mit denen die Qualität der jeweiligen Dienstleistung verbessert werden soll oder wenn diese Zahlung die Wahrnehmung der Interessen der Kunden nicht beeinträchtigt.“ Es bleibt zu hoffen, dass auch nach der Ver- abschiedung von MiFID II die aufsichtsbe- hördliche Auffassung fortbesteht, wonach die Servicequalität für Kunden auch dann erhöht wird, wenn man lediglich die bestehende Qualität sichert. Zudem sei derzeit, so Eich- horn, nach Auffassung der BaFin auch die Verwendung für Sachmittel, Personal und sonstige Infrastrukturmaßnahmen, zu denen das Unternehmen gesetzlich verpflichtet sei, als Qualitätsverbesserung anerkannt. Aber ge- nau zu diesem Punkt gibt es Diskussionen. Wer ist „unabhängig“? Für Berater weiters wichtig ist die Frage, wann sie sich als „unabhängig“ bezeichnen dürfen. Hierzu Eichhorn: „Möchte sich ein Anlageberater ‚unabhängig‘ nennen, muss er eine ausreichende Zahl von Produkten be- rücksichtigen, die hinsichtlich Art und Emit- tenten hinreichend breit gestreut sein müssen. Außerdem darf er sich nicht auf Produkte beschränken, die von seinem Unternehmen selbst oder von Unternehmen, die in enger Verbindung zu ihm stehen, emittiert werden.“ Die Begriffsdefinition von „unabhängig“ ist für viele Vermögensverwalter nach § 32 KWG wichtig. Deren Interessenvertretung Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland (VuV) führt das Wort „unabhän- gig“ sogar im Namen. Nero Knapp, ge- schäftsführender Justiziar des VuV, erklärt: „Die MiFID II beurteilt ‚Unabhängigkeit‘ le- diglich danach, ob jemand von einem Dritten bezahlt wird oder nicht. Beim VuV verstehen wir den Unabhängigkeitsbegriff breiter, näm- lich konzern- und insbesondere bankenunab- hängig.“ Schließlich wurde der VuV 1998 von sieben Vermögensverwaltern gegründet, die sich aus gutem Grund von den Banken abge- wandt hatten und sich insofern als unabhängig betrachteten. Knapp erklärt, was der Unab- hängigkeitsbegriff der MiFID-II-Richtlinie für Die Angst vor möglichen MiFID-II-Auswirkungen – vor allem vor dem befürchteten Provisionsverbot – war im Vorfeld groß. In Teilbereichen gibt es nun Entwarnung, es bleibt aber noch reichlich Unsicherheit. 314 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 steuer & recht I regulierung Foto: © Daniel Sochor – Dreamstime Die MiFID-II-Richtlinie muss ab 3. Januar 2017 europaweit angewendet werden. Sie gilt als „Mutter der europäischen Finanzmarktordnung“. Finanzmarkt ordnung 2.0

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