FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

316 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 Vermögensverwalter bedeutet: „Nach MiFID II gilt für Vermögensverwalter ein absolutes Provisionsverbot – das ist unstrittig. Unser Verband steht dem Honorargedanken zwar aufgeschlossen gegenüber, aber einige unserer Mitglieder bieten beides an: Anlageberatung und Vermögensverwaltung; sie nehmen viel- leicht einen eigenen Dachfonds, den sie im Rahmen der Einführung der Abgeltungsteuer aufgelegt haben, als Portfoliobestandteil in ihre Vermögensverwaltung hinein. Bisher war das kein Problem, wenn der Kunde über den dadurch entstehenden Interessenkonflikt auf- geklärt wurde. Aber unter MiFID II stellt sich die Frage, ob der Vermögensverwalter seinen eigenen Fonds überhaupt noch in das Depot seiner Verwaltungskunden aufnehmen oder im Rahmen einer Anlageberatung empfehlen darf.“ Knapp erklärt, dass einige VuV-Mit- glieder unter anderem aus diesem Grund überlegen, die Anlageberatung ganz aufzu- geben oder nur noch als Verwalter des eige- nen Fonds zu arbeiten. Ob damit aber den Anlegern gedient ist, die nach Alternativen zu den Angeboten der Banken suchen, ist laut Knapp zweifelhaft. Inwiefern Berater, die auf Provisionsbasis beraten, die Möglichkeit haben, zwar das Wort „unabhängig“ zu vermeiden, aber auf ähnliche Begriffe wie „neutral“, „objektiv“ oder „frei“ auszuweichen, muss der Gesetz- geber klären; hier wird man sehen. Wer ist das Gegenüber? Auf jeden Fall soll gemäß MiFID II dem Kunden mitgeteilt werden, auf welcher Basis der Berater arbeitet, welche Produktpalette er in Betracht zieht und ob die empfohlenen Pro- dukte nach der Beratung einer regelmäßigen Beurteilung hinsichtlich der Eignung für den Kunden unterliegen. Mehr Kostentransparenz Ferner spricht MiFID II das Thema mögli- cher Interessenkonflikte an. Diese sollen so weit wie möglich vermieden werden. Wo das nicht möglich ist, sollen Kunden zumindest auf bestehende Interessenkonflikte hingewie- sen werden, bevor das Geschäft getätigt wird. „Größere Erschwernisse bringt MiFID II durch die Anforderung der Aufzeichnung von Telefonaten und elektronischer Kommunika- tion“, schätzt Eichhorn, „diese sind insbeson- dere bei Dienstleistungen vorzunehmen, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Aus- führung von Kundenaufträgen beziehen.“ Außerdem sollen die Kosten aller Finanz- produkte transparent ausgewiesen werden. Im Lebensversicherungsbereich hat der deutsche Gesetzgeber dies kürzlich durch das Lebens- versicherungsreformgesetz (LVRG) umge- setzt. Demnach müssen Versicherer ab 1. Ja- nuar 2015 für ihre Tarife die Effektivkosten- quote („Reduction in Yield“) angeben. Bei Fonds wird bereits seit Langem die Total Expense Ratio (TER) ausgewiesen. Da- rüber hinaus werden Fondsgesellschaften wohl dazu übergehen, unterschiedliche Tran- chen für die einzelnen Beratergruppen aufzu- legen: solche, in die eine Bestandspflegepro- vision eingerechnet ist, und solche, die für Honorarberater geeignet sind. Anbieter, die in Großbritannien tätig sind, bieten schon seit einiger Zeit unterschiedliche Gebührentran- chen an, diese Praxis dürfte sich ausweiten. Automatisch „komplex“? Komplexität ist ebenfalls ein wichtiges The- ma der MiFID. Die Richtlinie unterscheidet nach sogenannten „komplexen“ und „nicht- komplexen“ Anlageprodukten. Der Vertrieb komplexer Anlagen an Privatanleger ist nur nach Beratung möglich, weil der EU-Gesetz- geber diesen Anlegern mehr Schutz bieten will. Künftig werden sogenannte strukturierte OGAWs als „komplex“ eingestuft. Paradoxer- weise gelten bestimmte Garantiefonds als strukturierte OGAWs, was bedeutet, dass sie künftig nicht mehr im reinen Ausführungsge- schäft vertrieben werden dürfen. Der Vertrieb dieser Produkte über Direktbanken wird also künftig nicht mehr ohne Weiteres möglich sein, womit de facto wenig riskante Fonds- typen im Vertrieb eingeschränkt werden. Noch etwas bedrückt die Fondsbranche: Im Rahmen der noch zu konkretisierenden Le- vel-2-Maßnahmen hat die ESMA vorgeschla- gen, alle AIFs als komplexe Instrumente an- zusehen. Offene Immobilienfonds sind AIFs, folglich könnten sie dann nicht mehr ohne Weiteres im reinen Ausführungsgeschäft ver- trieben werden. Der BVI spricht sich dagegen aus und weist darauf hin, dass die MiFID AIFs nicht automatisch als komplex einstuft. Vielmehr will der BVI, dass der unter MiFID II geltende Kriterienkatalog zur Einstufung von Finanzinstrumenten als komplex oder nichtkomplex auch für AIFs maßgeblich sein sollte. Neben diesen für Finanzberater wichtigen Themen enthält MiFID II noch weitere Berei- che, die Berater aber nicht unmittelbar betref- fen. Da geht es etwa um eine Verbesserung der Marktstrukturen durch organisierte Han- delssysteme und eine Verbesserung der Han- delstransparenz oder um die Eindämmung des computergesteuerten Hochfrequenzhandels. Außerdem soll Spekulationen mit Nahrungs- mitteln ein Riegel vorgeschoben werden. Auch Sanktionsmöglichkeiten werden den EU-Behörden eingeräumt. So kann die Euro- päische Wertpapieraufsicht ESMA zukünftig verbraucherschädigende Finanzprodukte ver- bieten. Wie das in der Praxis aussehen soll, muss sich allerdings erst zeigen. Fazit: Die grobe Richtung von MiFID II steht fest, welche Änderungen im Detail auf die Berater zukommen werden, wird sich in den kommenden zwei Jahren entwickeln. FP steuer & recht I regulierung Foto: © Eihchorn, VuV Dr. Nero Knapp, VuV: „Nach MiFID II gilt für Vermögens- verwalter ein absolutes Provisionsverbot.“ RA Dr. Jochen Eichhorn: „Die EU will, dass sich nicht jeder Anlageberater einfach ‚unabhängig‘ nennen kann.“

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