FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

4 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 brief der herausgeber L angfristiger Börsenerfolg ist so ziemlich die einfachste Sache der Welt. Man muss nur billig kaufen und teuer verkaufen, das ist alles. Interessanterweise gibt es wenige Dinge, die der menschlichen Natur schwerer fallen. Der „normale“ Mensch kauft teuer und verkauft billig und zwar nicht nur einmal, sondern wieder und wieder. Die Ursache für dieses ebenso zwanghafte wie kostspie- lige Fehlverhalten ist nicht schwer zu erraten. Unser Gehirn ist ein Extrapolierer – Dinge, die im Preis zuletzt gefallen sind, werden wei- ter fallen, Dinge, die teuer wurden, werden weiter im Preis steigen. Wahrscheinlich sind es die Erfahrungen aus der freien Wildbahn, in der wir hunderttausende Jahre lang überleben mussten, die uns so programmiert haben. Ein Raubtier, das auf uns zuläuft, wird nur in Ausnahmefällen abrupt die Richtung wechseln und uns in Ruhe lassen – es ist daher vernünftiger, davon auszugehen, dass sich dieser „Trend“ fortsetzen wird, und entsprechend zu reagieren. Die Beha- vioral-Finance-Forscher haben all diese Phänomene längst erkannt, x-fach experimentell nachgewiesen und sich dafür auch schon etliche Nobelpreise abgeholt. Und wir können ihr gesammeltes Wissen nach- lesen, aber hilft uns das weiter? AllemAnschein nach nicht, weiterhin laufen wir den Trends hinterher, und nach wie vor scheuen wir den Einstieg in unpopuläre Märkte und abgestrafte Aktien. Oder haben Sie die Apple-Aktie Mitte 2013 gekauft, als sie mehr als 35 Prozent unter ihrem Höchststand notierte? Falls ja, müssen Sie jetzt nicht weiterlesen, für alle anderen gilt: Die archaischen Verhaltensmuster sind viel zu tief in uns verankert, als dass wir uns dagegen ernsthaft zur Wehr setzen könnten. Als Individuen sind wir keine Antizykliker, auch wenn wir das gern wären. Interessanterweise gibt es auch von Seiten der Investmentbranche bisher kaum Lösungsangebote für dieses Dilemma. Die bietet zwar seit vielen Jahren Value-Fonds an, die zumindest teilweise versuchen, sich gegen die beschriebene Problematik zu stemmen, sie machen sich aber nicht systematisch auf die Suche nach unpopulären Aktien. Einen ersten Ansatz, der sich exakt das vorgenommen hat, darf man in den nächsten Wochen von den Vermögenverwaltern der Deutschen Bank erwarten. Aktuell arbeitet die Deutsche Asset and Wealth Management daran, ein entsprechendes Konzept in Produktform zu gießen. Offiziell darf sich die Gesellschaft dazu noch nicht äußern, aber dem Vernehmen nach wird hier ein in dieser Form neues Modell vorgestellt. Grundlage des von den Quant-Experten der Gesellschaft entwickelten Systems ist die in den 1930er Jahren von Benjamin Graham, dem geistigen Ziehvater Warren Buffetts und Erfinder des Value-Investments, entwickelte „Dogs of the Dow“-Methode. Bei dieser Form der Aktienauswahl werden einfach jene zehn Aktien des Dow Jones Industrial Average gekauft, die die höchste Dividenden- rendite aufweisen, auf Kursveränderungen wird nicht reagiert, nach einem Jahr wird umgeschichtet. Diese mehr als simple Methode bringt über längere Zeiträume hinweg fast durchgehend bessere Ergebnisse als der Index. Im Jahr 2008 war man damit allerdings weniger glücklich, denn Volatilität und Verluste lagen im Crash-Jahr noch über jenen des Dow. Die DeAWM arbeitet daher bei ihrem neuen Konzept mit einer viel feiner ausgearbeiteten Methode. Vor allem wird hier international diversifiziert, aus einem Universum von mehreren tausend Titeln – ausgehend vom MSCI World Developed Markets Index – wird jenes Viertel herausgefiltert, das tendenziell zu billig ist und Erholungspotenzial aufweist. Dazu besteht dann die Chance, wenn ein Papier über einen zweijährigen Zeitraum hinweg zu den 25 Prozent des Aktienuniversums gehört, die am schlechtesten abgeschnitten haben. Um dieses Potenzial zu quantifizieren, wird jeder dieser „geprügelten“ Einzelwerte nach unterschiedlichsten fundamentalen Gesichtspunkten (Mehr-Faktor-Modell) durchleuchtet, sodass am Ende rund 125 Aktien übrig bleiben, die das günstigste Chance-Risiko-Profil aufweisen. All das passiert gemäß eines klar definierten, strengen quantitativen Regelwerks, sodass jede Emotion ausgeschlossen wird. Was darf man nun von einer solchen Methode erwarten? Rückrechnungen bis zum Jahr 2001 kommen auf jährliche Durchschnittsrenditen nach Kosten von 6,9 Prozent bei einer Volati- lität von 13 Prozent. Vergleicht man das mit dem MSCI World Gross Total Return Index, der auch Dividenden berücksichtigt, liegt die annualisierte Mehrrendite bei mehr als drei Prozent, die Wertschwan- kungen waren beim Index sogar etwas höher. Bleibt zu hoffen, dass das alles auch in der Praxis so läuft wie gewünscht. Wir möchten Sie schon heute einladen, sich für den FONDS professionell KONGRESS 2015 anzumelden. Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Ein neuer Investmentansatz der DeAWM macht sich auf die Suche nach tatsächlich unterbewerteten Aktien. Was vorab zu erfahren war, klingt interessant. Schach dem Herdentrieb Mamdouh El-Morsi, Gerhard Führing

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