FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014

nehmen zu finden, deren Geschäftsmodell ein Gewinnwachstum von 15 Prozent per annum hergibt. Aber das gilt doch ähnlich auch für die Emerging Markets. Hier mag das Wachstum durchaus noch höher liegen, aber es entspricht doch nicht mehr dem Modell, wie es vor 20 Jah- ren noch existierte? Strauss: Ja und nein. Wir haben unseren Kunden über viele Jahre hinweg bei- gebracht, dass die viel beschworene De- korrelation oder Abkoppelung der Emer- ging Markets von den Industrieländern ein Mythos ist. Ganz einfach, weil viele Län- der versucht haben, ihr Wachstum durch den Export zu steigern, im Grunde das japanische Modell der 70er-Jahre, das Länder wie Taiwan, Korea oder Singapur, vor allem aber China imitiert haben. Heute sieht das anders aus: Die Wirtschaftsent- wicklung in den Emerging Markets wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren immer weniger korreliert sein mit jener der entwickelten Länder. Die Gründe dafür müssten Sie etwas konkreter erläutern. Strauss: Wir haben nicht nur erlebt, wie in den vergangenen Jahren nach dem Fall der Berliner Mauer Millionen von Menschen aus kommunistischen Ländern in die westlichen Staaten gekommen sind, um von den Früch- ten der Marktwirtschaft zu profitieren. In China verlassen noch heute jeden Monat bis zu 15 Millionen Menschen die ländlichen Gebiete, um in die Städte zu ziehen und in der Industrie ihr Glück und höheren Wohl- stand zu suchen. Aber auch die Schwellen- länder haben verstanden, dass 40 Prozent der Weltbevölkerung, die in den Emerging Markets leben, auf Dauer nicht vom Konsum von zehn Prozent der weltweiten Bevöl- kerung, die in den Industrieländern leben, existieren kann. Der wirtschaftliche Aus- tausch der Schwellenländer untereinander wird deshalb in den nächsten Jahren im- mer wichtiger werden, die Einnahmen aus Geschäften mit den Industrieländern wer- den eher zurückgehen oder stagnieren. Brasilien wird seine Produkte immer stärker auch nach China verkaufen und umgekehrt. Das heißt im Rückschluss: Die schon seit vielen Jahren beschworene Entkoppelung der Emerging Markets von der Entwicklung in den Industrieländern, die sich bisher noch nicht wirklich entfaltet hat, wird in den kommenden Jahren statt- finden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die traditionelle Einteilung in Industriestaaten und Schwellenländer überhaupt noch haltbar sein wird. Strauss: Mit dieser herkömmlichen Auf- teilung in zwei Blöcke kommt man schon länger nicht mehr weiter. Nehmen Sie das einfache Beispiel der beiden Brauerei- konzerne SAB Miller und Heineken. Das eine Unternehmen, SAB Miller, ist im MSCI Emerging Markets Index enthalten, das andere, Heineken, im EuroStoxx Index. Und obwohl beide rund 45 Prozent ihrer Gewinne in den Emerging Markets erzielen, wird SAB Miller mit dem 19-fachen seiner Gewinne gehandelt, Heineken dagegen nur mit dem 11-fachen. Es gibt nicht mehr dieses „Schwarz oder Weiß“ bei der Beurteilung, ob ein Unternehmen eher den Emerging Markets oder den Industrieländern zuzuordnen ist. Man muss pragmatisch bleiben, deshalb hat unser Magellan-Mandat auch keine Bench- mark. Unser Fonds wird zwar häufig mit dem MSCI Emerging Markets Index vergli- chen, als Referenzindex spielt er aber keine Rolle für uns. Wenn Sie die gesamte Produktpalette von Comgest betrachten: An welchen Stellen sind Sie besonders zufrieden, wo sehen Sie noch Aufhol- oder Verbes- serungsbedarf? Dolff: Wir verfolgen bei allen unseren Pro- dukten eine einheitliche Anlagephilosophie, die einen Teamansatz in den Vordergrund stellt. Das ist nicht nur wichtig für die Trans- parenz und unsere Glaubwürdigkeit gegen- über unseren Kunden. Es erzeugt auch intern einen gewissen Leistungsdruck unter den ver- schiedenen Managementteams. Alles in allem würde ich unsere Palette, in der wir mittler- Vincent Strauss: „Der wirtschaftliche Austausch der Schwellen- länder untereinander wird immer wichtiger werden.“ » Die seit vielen Jahren beschworene Entkoppelung der Emerging Markets von der Entwicklung in den Industrieländern wird in den kommenden Jahren stattfinden. « Vincent Strauss, Comgest markt & strategie I jan-peter dolff und vincent strauss | comgest 100 www.fondsprofessionell.de | 4/2014 Foto: © François Daburon Vincent Strauss Vincent Strauss blickt auf über 36 Jahre Investmenterfahrung zurück, 20 davon bei Comgest. Er besitzt ein Diplom der HEC in Lausanne und einen PhD in Wirtschaftswissenschaften. Nach Stationen bei Crédit Commercial de France, der Banque Indosuez und der Batif Bank wechselte er 1988 zu Multifinance International. 1994 trat er bei Comgest ein. Heute ist er Vorstandschef von Comgest Global Investors und Chief Investment Officer (CIO) der Comgest Gruppe. Vincent Strauss ist einer der Lead Manager für Schwellen- länder- und globale Strategien. Vincent Strauss, Chef- stratege bei Comgest Jan-Peter Dolff Jan-Peter Dolff hat BWL an den Universitäten Düsseldorf und Alcala des Henares, Madrid, studiert. Seine Karriere begann 1997 bei Comgest S.A. in Pa- ris, zunächst als Analyst, später als Fondsmanager und Partner. Er verwaltete diverse europäi- sche Aktienmandate und war im Fondsmanagement für die Regionen Europa und USA aktiv. Dolff verantwortete zehn Jahre lang den Vertrieb der Comgest-Fonds in Deutschland und Österreich als Geschäftsführer der Comgest Deutsch- land GmbH. Seit 2012 ist er als Vorstandsmitglied und COO der Comgest-Gruppe in Paris tätig. Jan-Peter Dolff, Vorstand Comgest

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