FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014

194 www.fondsprofessionell.de | 4/2014 sich ein Kunde, der eine Bewertung abgibt, psychologisch fest“, sagt Pradetto. „In der Folge wird er sein Urteil umso vehementer vertreten.“ Ein Kunde, der eine positive Be- wertung abgegeben hat, empfehle mit einer 70 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit ande- ren Kunden die Dienstleistung als jemand, der die Leistung zwar ähnlich beurteilt, aber nicht bewertet hat. Doch es gibt auch skeptische Stimmen, ins- besondere unter Vermögensverwaltern, die sich um eine anspruchsvollere Klientel küm- mern. „Wir nutzen solche Portale nicht, da sich eine Manipulation nie völlig ausschließen lässt“, sagt Uwe Eilers, Vorstand von Geneon Vermögensmanagement. „Außerdem sind dort auch Vermögensberater von Strukturver- trieben präsent, die ganz andere Aufgaben wahrnehmen als unser Haus. Als Vermögens- verwalter mit BaFin-Lizenz wird man dann ganz schnell in eine komplett falsche Schub- lade gesteckt und erhält eine Wahrnehmung, die nicht gewollt ist.“ Jedes Urteil wird geprüft Ausschließen lässt sich Missbrauch in der Tat nicht (siehe Kasten unten). Doch Who- finance tut viel dafür, das zu vermeiden. „Wir schalten keine Bewertung frei, ohne sie vorher geprüft zu haben“, sagt Behan. „In den meis- ten Fällen haken wir beim Bewerter noch mal nach, um offene Fragen zu klären und um uns zu versichern, dass das Gespräch tatsächlich stattgefunden hat.“ Ende Oktober waren auf Whofinance 47.700 Kundenurteile zu finden. „Mehr als 10.000 Bewertungen haben wir nicht veröffentlicht, weil wir nicht komplett sicher waren, ob diese nicht falsch positiv oder falsch negativ waren“, so der Geschäfts- führer. Fünf der inzwischen 20 Whofinance- Mitarbeiter sind mit nichts anderem als der Bewertungsprüfung beschäftigt. Sie verifizie- ren zum Beispiel E-Mail-Adressen und wer- den hellhörig, wenn ein Berater in kurzer Zeit sehr viele Bewertungen bekommt. Behan hat in den vergangenen Jahren schon alles erlebt. Zu den Höhepunkten zählt wohl der Mitarbei- ter eines Strukturvertriebs, der die Leistung eines Kollegen – oder besser Konkurrenten – herabwürdigen wollte. Er flog allerdings schnell auf, weil sich seine IP-Adresse zu einem Server des Strukturvertriebs zurück- verfolgen ließ. „Schützenswert ist in erster Linie der Ver- braucher, der einen Berater sucht“, sagt Behan. „Der größte Fehler wäre es, einen Kontakt auf Basis gefälschter Bewertungen zu vermitteln. Darum sind wir so zickig bei der Prüfung der Kundenurteile, auch wenn das nicht jedem Fi- nanzberater gefällt.“ Social-Media-Experte Müller kann das bestätigen: „Bei anderen Por- talen steht die Bewertung gleich online. Das ist sehr angenehm für Kunden und Berater, heißt aber auch, dass niemand die Texte wirk- lich prüft. Das Prozedere bei Whofinance ist manchmal sehr mühsam, weil man seine Kun- vertrieb & praxis I bewer tungspor tale Foto: © Müller Consult, Whofinance Martin Müller, Müller Consult: „Finanzberater müssen online auffindbar sein, sonst haben sie keine Chance.“ Fragen zu Whofinance Whofinance ist das beliebteste Bewertungsportal unter Finanzberatern. FONDS professionell beantwortet wichtige Fragen. Was kostet Whofinance? Neben der monatlichen Grundgebühr von 19,99 Euro werden für jeden Klick auf das Beraterprofil 1,40 Euro fällig, die Obergrenze liegt jedoch bei 99 Euro im Monat. Steuern kommen noch dazu. Früher ließ sich Whofinance auch je Kontaktvermittlung (Lead) bezahlen, doch dieses Bezahlmodell gibt es in neuen Verträgen nicht mehr. Wie entsteht das Ranking der Berater? Den genauen Algorithmus verrät Who- finance nicht. Neben dem Sterne-Urteil und der Zahl der Bewertungen spielt auch die Textqualität eine Rolle. Außer- dem werden aktuelle Bewertungen höher gewichtet als ältere. Warum gibt es fast nur positive Bewertungen? Das Internet hat den Ruf eines Motzkastens, weil es sich anonym herrlich über alles meckern lässt. Bei Whofinance vergeben allerdings weniger als fünf Prozent der Kunden drei Sterne oder weniger. Wie passt das zusammen? „Dieses Phänomen ist bei allen Bewertungsportalen zu beobachten“, sagt Whofinance-Chef Mustafa Behan. „Als wir Whofinance gestartet haben, hatte ich damit gerechnet, dass 40 Prozent der Bewertungen positiv sein werden und je- weils 30 Prozent neutral und schlecht.“ Dass es völlig anders gekommen ist, erklärt sich Behan wie folgt: „Vielleicht wollen sich die Verbraucher bestätigen, dass sie eine kluge Kaufentscheidung getroffen haben. Nach dem Motto: Ich treffe 20 große Kaufentscheidungen im Jahr, und die drei, die gut waren, be- werte ich auch.“ Kann ein Berater gegen schlechte Bewertungen vorgehen? Ja. Ein Einspruch muss aber begründet sein. Whofinance makelt dann, bis eine Einigung zwischen Berater und Verbraucher gefunden ist. „Das passiert etwa einmal im Monat und kostet oft den ganzen Arbeitstag eines Bearbeiters“, sagt Behan. „Ge- rechtfertigt kritische Kommentare löschen wir nicht, selbst wenn manche Berater dann drohen, den Vertrag mit uns zu kündigen.“ Lässt sich Whofinance missbrauchen? Ganz auszuschließen ist das nicht, das zeigt der Fall eines Münchner Beraters. Der drohte einem Kunden, der eine sachlich vollkommen gerechtfertigte Kritik schrieb, über seinen Anwalt mit einer Unterlassungserklärung. „Im Fall eines Rechtsstreits nehmen wir eine Bewertung vorüber- gehend vom Netz – zum Schutz des Bewerters“, sagt Behan. So konnte der Münchner Berater weiterhin mit hervorragenden Noten werben, obwohl er offensichtlich gegen das Kreditwesengesetz verstoßen hatte und ein selt- sames Doppelleben als Honorarberater und Infinus-Ver- mittler führte. „Dieser Fall zeigte die Grenzen des Systems auf, aber wir haben darauf reagiert“, sagt Behan. Er schrei- tet jetzt schneller ein, wenn ihm das Geschäftsgebaren eines Vermittlers missfällt. So hatte der Münchner mit einem angeblichen Siegel „Berater des Monats“ gewor- ben, das Whofinance gar nicht vergibt. Verdient Whofinance Geld? Nein. Auch wenn ein Berater, der Monat für Monat 99 Euro nach Berlin an Whofinance überweist, vermutlich meint, dass dahinter ein lukratives Geschäftsmodell steckt: Noch ist dem nicht so. Im Geschäftsjahr 2012 – aktuellere Zahlen hat das Unternehmen bei Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht – fiel ein Jahresfehlbetrag von gut 340.000 Euro an. Der Verlustvortrag belief sich auf stolze 1,8 Millionen Euro. „Wir sind ein Wachstumsunterneh- men und investieren entsprechend“, sagt Behan. „Daher steht die Profitabilität des Geschäftsmodells derzeit nicht an erster Stelle.“ Mustafa Behan, Whofinance: „Gerechtfertigt kritische Kom- mentare löschen wir nicht.“

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