FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014

Wenn die Provision der Grund allen Übels ist, warum hat sich dann die Honorarberatung nicht durchgesetzt? Die Zurückhaltung der Anleger hat mehrere Gründe: Zum einen ahnen sie, dass sie einen Honorarberater selbst dann bezahlen müssen, wenn sie kein Produkt zeichnen – anders als den Provisionsberater. Das stimmt zwar, aller- dings wird der Provisionsvermittler alles da- ransetzen, dem Kunden einen Handlungsbe- darf aufzuzeigen, selbst wenn es den gar nicht gibt. Zum anderen erkennen die wenigsten Anleger, welche Vermittlungsprovision tat- sächlich anfällt. Dazu kommt oft die Angst, dass ein Honorarberater nicht nur seine Bera- tung in Rechnung stellt, sondern hintenherum auch noch eine Provision kassiert. Manchen Kunden ist außerdem nach wie vor nicht bewusst, dass der Vermittler überhaupt eine Provision erhält. Sie meinen, Anlageberatung sei eine kostenlose Dienstleistung. Seit Sie Ihren Vorschlag veröffentlicht haben, ist viel passiert: Finanzanlagen- vermittler müssen Provisionen offenle- gen, es gibt Produktinformationsblätter und Beratungsprotokolle, geschlossene Fonds sind streng reguliert, und die Re- gierung fördert die Honorarberatung. Das sollte doch helfen, die Produkt- und Beratungsqualität zu verbessern, oder? Ja, aber es löst nicht das grundsätzliche Pro- blem. Die Offenlegung der Provision hilft nicht wirklich, da es immer noch der Ver- mittler ist, der entscheidet, welches Produkt er anbietet – ein echter Vergleich der Pro- visionen ist so nicht möglich. Die Produkt- informationsblätter sind für Laien kaum ver- ständlich und werden nur selten gelesen, so wie die Sicherheitshinweise bei Plastik- spielzeug. Und Beratungsprotokolle dienen in erster Linie dazu, die Vermittler vom Vorwurf der Falschberatung zu entlasten. Dort stehen oft Dinge drin, die im Gespräch gar kein Thema waren. Die Provision sorgt für ein klassisches Marktversagen. Darum gilt es, die Anreize an die Anbieter von vornherein korrekt zu setzen. Und dafür wäre Ihr Modell eines Bera- tungsfonds die richtige Lösung? Davon bin ich überzeugt. Als Vorbild dient mir die Förderung erneuerbarer Energien. Mit der garantierten Einspeisevergütung ist es Deutschland gelungen, alternative Energie- erzeugungsformen in einer erstaunlichen Geschwindigkeit zu etablieren. Gezahlt wird die Einspeisevergütung von den Energieerzeu- gern, die sie über die Stromrechnung wieder- um auf alle ihre Kunden umlegen. Ein ähnli- ches Konzept bietet sich für die Finanzbera- tung an. Ein echter Anlageberater wird nach einem festen subventionierten Stundensatz vergütet. Er muss alle Provisionen an den Kunden auskehren, andernfalls macht er sich strafbar. Jeder Bürger hat Anspruch auf eine bestimmte Zahl kostenloser Beratungsstunden pro Jahr. Das Geld dafür kommt aus einem Beratungsfonds, in den alle Produktanbieter einen bestimmten Prozentsatz der eingewor- benen Anlagesumme einzahlen. Das wird zu- lasten der bisher bezahlten Provision gehen. Weil die subventionierten Berater völlig un- 251 www.fondsprofessionell.de | 4/2014 Klaus Wehrt: „Jeder Bürger hat Anspruch auf eine bestimmte Zahl kostenloser Beratungsstunden pro Jahr. Das Geld dafür kommt aus einem Beratungsfonds, in den alle Produktanbieter einzahlen.“ » Der Anreiz besteht, qualitativ schlechte Produkte mit hoher Marge zu verkaufen. Die Banken und Ver- mittler widerstehen dieser Versuchung genauso wenig wie der Eisverkäufer un- ter dem Eiffelturm. « Klaus Wehrt assisches Marktversagen “

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