FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014

Norman Wirth (AfW Bundesverband): Ich würde auch eher bezweifeln, dass der Ver- trieb in der Breite für die Zukunft gewappnet ist. Unter Vermittlern und Malern herrscht vielmehr enorme Unsicherheit darüber, was da alles auf sie einstürmt. Viele haben noch gar nicht wirklich verstanden, was auf sie zu- kommt. Deshalb suchen sie natürlich nach Orientierung im Hinblick auf mögliche Alter- nativen zum bisherigen Provisionssystem. Aber gewappnet sind sie noch nicht. Guido Bader (Stuttgarter Leben): Wie sollten sie auch, denn wie Herr Mack schon gesagt hat: Bisher sind die wenigsten Versicherer aus der Deckung gekommen im Hinblick auf die künftige Gestaltung ihrer Provisionsmo- delle. Und Pauschalaussagen lassen sich nun einmal nicht in Euro quantifizieren. Ich gehe davon aus, dass ein Gutteil der Vermittler – sicher nicht alle – unter einem Lebensversi- cherungsreformgesetz auch in eine neue Welt hineinkommen wird. Viel mehr Angst macht mir die mittelfristige Zukunft, also die Frage, ob Politiker und Verbraucherschützer nun einmal Ruhe geben werden und ob es uns ge- lingen wird, Politik und Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass wir als Branche die we- sentlichen Botschaften des LVRG verstanden haben. Das wäre wichtig – zum einen, damit wieder etwas Ruhe einkehrt in dieser Hin- sicht, zum anderen, damit wir auf Seiten der Anbieter und Vertriebe die Möglichkeit be- kommen, unser Renommee wirklich wieder herzustellen beziehungsweise zu verbessern. Michael Heinz (BVK): Dazu muss man sagen, dass wir hier natürlich auf sozusagen akade- mischem Niveau diskutieren. Denn in der Realität sieht es doch so aus, dass der Ertrag eines durchschnittlichen Maklerbetriebs eben nicht bei den angesprochenen 100.000 Euro liegt, sondern im Schnitt bei etwa 57.000 Euro im Jahr. Wenn wir vor diesem Hinter- grund über einen Einnahmenrückgang von zehn Prozent in einer bestimmten Sparte spre- chen, dann ist das natürlich wesentlich, um nicht zu sagen zum Teil kaum noch existen- ziell zu verkraften. Insofern wird man es als Vermittler nicht einfach hinnehmen können, dass durch die LVRG-Umsetzung im Bereich der Personenversicherung am Ende weniger Vergütung generiert wird. Natürlich wird es Veränderungsprozesse geben, die Stichwörter geringere Abschlussprovision und höhere lau- fende Vergütung wurden ja schon genannt. Aber am Ende des Tages kann aus Sicht der Vermittler doch nicht weniger Vergütung stehen, sonst können sie ihrem sozialpoli- tischen Auftrag der Vorsorge doch gar nicht mehr nachkommen. Sebastian Grabmaier (Jung, DMS & Cie.): Dem kann ich nur beipflichten, weil es mich schon immer erstaunt hat, wie leicht es manch einem über die Lip- pen kommt, eine Provisionssenkung in der vermeintlichen Randsparte Leben sei für unsere sachversicherungslastige Branche doch ohne Weiteres zu verkraf- ten. In diesem Zusammenhang möge man doch nicht vergessen, dass es durch- aus Modelle gibt, die eben auf Personen- versicherungen oder fondsgebundenen Produkten basieren. Es gibt eine ganze Reihe von Maklerunternehmen, die einen entsprechenden Ausgleich eben nicht so einfach schaffen würden. Daher muss man die Eingangsfrage durchaus sehr differenziert betrachten, denn es gibt un- glaublich vielfältige Geschäftsmodelle, und so wird der eine oder andere Finanz- dienstleister schon erheblich umdenken müssen. Vor allem in einem mehrstufigen Vertriebssystem wird es sehr schwierig werden, die teilweise in Aussicht stehen- den drastischen Reduzierungen in der Ab- schlussprovision zu verarbeiten, nicht nur was die Technik, sondern auch was den rein wirtschaftlichen Erfolg angeht. Von daher ist es vielleicht gerade gut, dass die Versicherer das eher behutsam angehen und statt mit vor- schnellen Lösungen zunächst einmal mit konkreten Vorschlägen an den Markt kom- men und so zumindest den Raum lassen, in den nächsten Monaten auch über mögliche Nachbesserungen zu sprechen. Claus Mischler (Standard Life): Nichts ge- gen eine Übergangsphase, aber auch die wird nichts daran ändern, dass Makler sich schon jetzt auf die neue Zeit einstellen müssen. Denn auch wenn die Makler anfangen zu ver- stehen, was auf sie zukommt, die tatsächli- chen Konsequenzen haben viele noch nicht verstanden, sie sind also noch gar nicht an dem Punkt, an dem sie ein entsprechend nachhaltiges Geschäftsmodell aufbauen könnten. Bei vielen im Vertrieb ist vor allem noch nicht wirklich angekommen, dass die Übergangsphase ohne Aĺternative sein wird, denn wir dürfen uns doch eines nicht vor- machen: Der Gesetzgeber hat mit dem LVRG klare Vorgaben gemacht, und als Konsequenz daraus werden die hohen Abschlussprovi- sionen der Vergangenheit in der Branche mit- telfristig nicht mehr bezahlt werden. Die Fra- ge ist nur, ob diese Übergangsphase am Ende dann zwölf oder 18 Monate oder eventuell sogar nur neun Monate betragen wird. Oliver Drewes (maxpool): Wobei ich sagen muss, dass ich von den Versicherern schon ein wenig enttäuscht bin, wie sie bisher auf die neue Situation reagieren. Zunächst einmal muss man doch rückblickend sehen, dass dem Versicherungsmakler schon in der Vergangen- heit enorm viel zugemutet wurde. Wenn die 277 www.fondsprofessionell.de | 4/2014 Norman Wirth (AfW Bundesverband): „Ich würde eher bezweifeln, dass der Vertrieb in der Breite für die Zukunft gewappnet ist.“ » Man wird es als Vermittler nicht einfach hinnehmen können, dass durch die LVRG-Umsetzung im Bereich der Personenver- sicherung am Ende weniger Vergütung generiert wird. « Michael Heinz, BVK

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