FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014
        
 mittler weniger verdienen sollen, indem sie ihre Provisionen freiwillig dadurch verrin- gern, dass sie einen Teil davon an den Kun- den abgeben. Schließlich müssten sie viel mehr verdienen für das, was sie tun, wenn sie ihre Arbeit richtig und gut machen. Das Pro- visionsabgabeverbot an sich aber ist nicht rechtmäßig in der Form, wie es noch exis- tiert, weil es einfach die Flexibilität in den Vergütungsmodellen von Vermittlern behin- dert. Dabei ist es doch gerade diese Flexibi- lität, die ein Vermittler dringend braucht. Da stört so etwas wie ein nur noch formal exis- tierendes Provisionsabgabeverbot mächtig. Und ich glaube, das sieht inzwischen auch der Gesetzgeber so, sonst hätte er sich schon darangemacht, das besser zu regulieren, indem er es ins LVRG oder in die VAG- Novelle aufgenommen hätte. Stattdessen lässt er es offenbar auslaufen, selbst die BaFin unternimmt in dieser Hinsicht nichts mehr, allein schon weil sie vor einiger Zeit vom  Verwaltungsgericht in Frankfurt eins auf den Deckel bekommen hat. Das einzige Risiko, das für einen Vermittler besteht, der sich nicht an das Provisionsabgabeverbot hält, ist ein wettbewerbsrechtliches, sprich: dass ein Mitbewerber, ein anderer Makler, gegen ihn klagt. Wobei nach meiner Einschätzung selbst ein gut arbeiten- des Zivilgericht oder ein guter Rich- ter  sicherlich einen geltend gemach- ten Unterlassungsanspruch nicht ak- zeptieren würden, weil er sich auf ei- ne verfassungswidrige Bestimmung berufen müsste, denn nichts anderes ist es. Cremer: Einmal abgesehen davon, dass wir alle uns meiner Meinung nach in einer Übergangsphase befin- den: Wir sehen das juristisch genau- so, wie Herr Wirth das gerade aus- geführt hat. Wir arbeiten aber auch an entsprechenden Honorarmodellen, weil auch wir in Zukunft Beratungs- leistungen anbieten werden, die dann aber anders aussehen werden als das, was man sich heute gemeinhin unter Beratung vorstellt. Außerdem sollte die gesamte Branche eigentlich we- niger Angst vor einer Änderung des Provisionsabgabeverbots haben als vielmehr vor einem immer noch möglichen Provisionsverbot. Heinz: Bisher wurde im Hinblick auf das Provisionsabgabeverbot sehr stark juris- tisch argumentiert. Ich halte diese Argumen- tation für sehr gefährlich, das ist für mich ein Spiel mit dem Feuer, und die Geister, die man damit ruft, wird man nicht mehr los. Denn alles, was man dann noch braucht als Vermittler, ist ein Scheckheft. Das würde zu einer völligen Entsolidarisierung zulasten der Qualität führen, denn dann ginge es nur noch um eins: Geld. Ohne ein Provisions- abgabeverbot interessiert es den Endver- braucher doch nicht mehr, mit welcher Visi- tenkarte und mit welcher beruflichen Quali- fikation ich als Vermittler mit ihm am Tisch sitze, den interessiert nur noch, welchen Rabatt ich ihm einzuräumen bereit bin. Natürlich würden die Versicherer mitspielen, allein schon weil sie natürlich spüren, dass ihre Vermittler von der Provision etwas abge- ben müssen. Und zu leiden hätten darunter nicht die Vermittlerbetriebe, sondern die 100.000 kleineren Vermittler, die eben die 40 Millionen Haushalte in Deutschland in der Breite bedienen. Ich spreche ganz bewusst von der Breite der Vermittler, jene mit dem sozialpolitischen Auftrag, dem Versorgungs- auftrag, den sie zu erfüllen haben. Wer aber nur ein Jahresergebnis von 55.000 Euro erzielt und in Zukunft genötigt wird, 5.000 oder 10.000 Euro abzugeben, weil sonst der nächste Vermittler vor der Tür steht, für den wäre das eine echte Bedrohung. Vollkommen ungeklärt ist die Frage, wie so etwas zu ver- steuern wäre und was passieren würde, wenn der Vertrag später storniert wird. Wirth: Das heißt, an dieser Stelle rufen Sie jetzt nach dem Gesetzgeber, obwohl wir uns vorhin doch eigentlich einig waren, dass die Politik sich am besten raushalten sollte aus unserer Branche und den Problemen, vor denen sie steht? Hans Heuser (FONDS professionell): „Welche Rolle wer- den künftig Garantien in einem Versicherungstarif über- haupt noch spielen?“ Dr. Guido Bader (Stuttgarter Leben): „Die Politik ver- steht erst so allmählich, dass Provisionsberatung durchaus einen Charakter sozialer Gerechtigkeit hat.“ » Die gesamte Branche sollte eigentlich weniger Angst vor einer Änderung des Provisions- abgabeverbots haben als vielmehr vor einem immer noch möglichen Provisionsverbot. « Johannes Cremer, moneymeets 286 www.fondsprofessionell.de  | 4/2014 Foto: © Christoph Hemmerich roundtable I versicherungen
        
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