FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014
        
 ausgerichtet. Aber natürlich erhöhen längere Laufzeiten bei Lebensversicherungen oft auch die Versicherungssumme, sodass Vermittler ihren Kunden gern lange Laufzeiten ans Herz legen. „Grundsätzlich haben Versicherungskunden das Recht, ihren Lebensversicherungsvertrag zu kündigen (§ 168 Versicherungsvertrags- gesetz), während der Lebensversicherer von seiner Seite aus nur im Fall des Prämien- zahlungsverzugs kündigen darf“, erklärt Norman Wirth, Fachanwalt für Versiche- rungsrecht in Berlin. Wenn die Kunden einen Versicherungsver- trag stornieren, weil sich ihre Lebensumstände geändert haben, sie die Prämien nicht mehr aufbringen möchten oder weil sie eine bessere Kapitalanlage gefunden haben, waren die Ab- schläge früher erheblich, denn gezahlt werden muss lediglich der vertraglich bestimmte Rückkaufswert. „Dafür, dass die Rückkaufs- werte heute oft höher ausfallen, sorgen ver- schiedene Urteile und Gesetzesregelungen“, so Wirth. „Ein Beispiel sind die Regelungen, wonach die Abschlusskosten im Falle einer frühzeitigen Kündigung gleichmäßig min- destens auf die ersten fünf Jahre der Vertrags- laufzeit verteilt werden müssen.“ Auch das im August in Kraft getretene Lebensversiche- rungsreformgesetz (LVRG) enthält eine begünstigende Regelung für stornierende Ver- sicherungsnehmer: „Der sogenannte Höchst- zillmersatz wird für Neuverträge ab dem 1.1. 2015 von 40 auf 25 Promille gesenkt. Dies führt künftig dazu, dass vorzeitig gekündigte Verträge in geringeremAusmaß als bisher mit Abschlusskosten belastet werden“, erklärt Wirth. „Mit Blick auf die Überschussbeteili- gung“ so Wirth weiter, „werden die Versiche- rungskunden durch das Reformgesetz insofern besser gestellt, als ihre Mindestbeteiligung an den Risikoüberschüssen von 75 Prozent auf 90 Prozent angehoben wird. Allerdings sind Kunden nur noch an den Bewertungsreserven, die auf Aktien beruhen, beteiligt, und nicht mehr an den Bewertungsreserven, die bei den Rentenpapieren entstehen.“ Sparkasse Ulm verkalkuliert Dass auch einmal der umgekehrte Fall eintreten kann, müssen gerade Sparkassen- Kunden aus dem Ulmer Raum feststellen: Hier hatte die Sparkasse Ulm ihren Kunden zwischen 1993 und 2005 gut verzinste Bonus- Sparverträge über 25 Jahre Laufzeit unter dem Namen „Scala-Sparverträge“ angeboten – zu gut verzinst, wie sich angesichts des stark ge- fallenen Zinsniveaus mittlerweile herausstellt. Die Sparkasse muss nun die Sparverträge mit bis zu 3,5 Prozent deutlich höher verzinsen, als sie selbst derzeit Zinsen erhält. Weil die Sparkasse ihre Fehlkalkulation teuer zu stehen kommt, bot sie 2013 den rund 22.000 Bonus- Sparern Alternativen an, um sie aus den lukrativen Verträgen herauszulocken – an- sonsten drohte sie mit Kündigung. Das muss für Sparkassen-Kunden wie ein Schlag ins Gesicht gewirkt haben, pochen doch die Institute bei den von ihnen vergebenen Darlehen durchaus auf Einhaltung der Ver- träge und sind mit der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht gerade zimperlich. Einige Kunden klagten vor dem Landgericht Ulm – im kommenden Januar wird die Ver- kündung des Urteils erwartet. Auch die Lebensversicherer dürften nicht mit einem derart niedrigen Zinsniveau gerech- net haben, als sie in den 80er- und 90er-Jahren hohe Garantieversprechen abgegeben haben. Aber die Versicherer bemühen sich, die Sache nun brav auszutragen. Hier kam bisher keine Gesellschaft auf die Idee, die bestehenden Verträge zu kündigen, was Lebensversicherer von Gesetzes wegen auch nicht dürfen. Option Zweitmarkt Ist bei einem lang laufenden Vertrag für den Kunden einmal partout keine Kündigung oder kein Rücktritt möglich, gibt es die Möglich- keit des Weiterverkaufs. Für gebrauchte Lebensversicherungsver- träge gibt es unter anderem die institutionellen Aufkäufer Policen Direkt, Partner in Life, Cash.life, Mercurius und Life Bond. Doch die Policenzweitmärkte laufen nicht immer zur Zufriedenheit ihrer Nutzer. So zahlen einige unseriöse Händler den Preis der verkauften Police nur in Raten aus. Einige Akteure am Markt für Secondhandpolicen boten Kunden teilweise unseriöse Alternativprodukte für das freiwerdende Geld an, andere tauchten mit dem Geld unter. Solche Machenschaften bewogen die Stiftung Warentest zu verschie- dentlichen Warnungen vor Policenhandel. Auch wer schon einmal versucht hat, eine geschlossene Fondsbeteiligung über einen der Zweitmärkte – zum Beispiel Zweitmarkt.de oder FondsDISCOUNT.de – zu verkaufen, wurde vermutlich enttäuscht. Entweder läuft der Fonds hervorragend und zahlt die pro- spektierten Ausschüttungen, dann möchte man ihn im Regelfall nicht verkaufen. Oder der Fonds läuft schlechter als prospektiert, dann ist der Verkauf schwierig bis unmöglich, oder der Verkaufserlös liegt weit unter dem, was sich der Verkäufer vorstellt, sodass er dann oft nicht mehr verkaufen möchte. Zu prüfen ist beim Verkauf von geschlossenen Beteiligungen außerdem die steuerliche Behandlung. Ein relativ neuer Händler tritt neuerdings öfter in Erscheinung: die Hypoxx AG (www.liquiditaet-sofort.de ). Dieses Unter- nehmen kauft Kunden Sparbriefe, Termin- gelder oder Bausparverträge ab. „Kunden ha- ben sich oft länger an solche Sparanlagen gebunden, haben aber vielleicht von ihrem Berater eine bessere Anlage vorgestellt be- kommen. Um die nötige Liquidität zu erhal- ten, können sie uns die Verträge abtreten und erhalten umgehend von uns den Kaufpreis“, erklärt Hypoxx-Vorstand Markus König. Die Hypoxx ihrerseits bündelt die Verträge und bietet sie insbesondere solchen institu- tionellen Investoren an, die von Gesetz wegen oder aufgrund ihrer Satzung in mündelsichere Anlagen investieren müssen. Fazit aus vielen Zweitmarkterfahrungen: Für langfristige Investitionen erwarten Anle- ger berechtigterweise eine Illiquiditätsprämie. Überlegt es sich der Anleger anders und will früher aussteigen, geht diese Prämie im Regelfall verloren, was gegenüber dem kurz- fristigen Anleger durchaus fair ist. Das Ge- schäftsmodell der Zweitmarkthändler beruht darauf, dass man sich die ansonsten verloren gegangene Illiquiditätsprämie teilt. Daher ist es immer sinnvoll, vor dem Eingehen lang laufender Verträge abzuwägen, ob man sie durchhalten kann. Dass es aber überhaupt Exitmöglichkeiten gibt, ist begrüßenswert, da es im Leben immer auch einmal anders kommen kann, als man denkt. FP Fritz Schillhuber, Finanzdienstleister in München: „Es gab jüngst öfter Entscheidungen zugunsten der Verbraucher.“ 296 www.fondsprofessionell.de  | 4/2014 fonds & versicherung I lang laufende ver träge Foto: © Schillhuber
        
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