FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014
        
 300 www.fondsprofessionell.de  | 4/2014 Versicherern zu emanzipieren und eigener Herr über seine Einnahmen zu werden.“ Honorarkonzept arbeitet derzeit mit 15 Ver- sicherungen zusammen. Eine davon ist My- life, ein Schwesterunternehmen von Honorar- konzept –, beide gehören der Private-Equity- Gesellschaft Augur Capital. Welches Ge- schäftsvolumen auf Mylife-Policen entfällt, verrät Reddmann nicht. Confee, ein eigentü- mergeführtes Unternehmen, kooperiert mit rund 30 Versicherern, gut die Hälfte davon bietet auch Lebensversicherungspolicen an. Factoring-Modell Eine weitere große Honorarplattform hat Jung, DMS & Cie. (JDC) aufgebaut: Easy- netto ging im Juli vergangenen Jahres an den Start und bietet inzwischen Policen von 14 Versicherern, weitere sieben sollen folgen. „Die Nettotarife enthalten keinerlei Vertriebs- vergütung und sind auch sonst deutlich güns- tiger kalkuliert als die Bruttotarife“, sagt JDC- Vorstandschef Sebastian Grabmaier. Weil die Angebote so transparent und daher besser ver- gleichbar seien, herrsche bei den Nettotarifen ein harter Wettbewerb – zum Wohle der An- leger. „Selbst wenn man das volle Vermitt- lungshonorar einkalkuliert und verzinst, spa- ren die Kunden im Vergleich zu den normalen Provisionstarifen deutlich. Im Ergebnis sorgt das bei sonst gleichen Bedingungen für zehn bis zwölf Prozent mehr Ablaufleistung.“ In einer Beispielrechnung mit einer Fondspolice der Alten Leipziger mit Beitragsgarantie fällt der Vorteil sogar noch höher aus. Bei Easynetto kann der Berater eine Vergü- tung von null bis 50 Promille der Beitrags- summe einstellen. „Etwa jeder dritte Kunde zahlt das Vermittlungshonorar direkt in voller Höhe an den Berater“, sagt Grabmaier. Die meisten entscheiden sich jedoch für Ratenzah- lungen, die sich über 36 Monate erstrecken können. In diesem Fall bietet JDC ein Facto- ring-Modell an, bei dem der Berater seine Vergütung komplett vorab bekommt. Bei fünf Prozent Vermittlungshonorar beläuft sich die Rechnung für den Kunden dann auf acht Prozent – schließlich will das Factoring-Un- ternehmen auf seine Kosten kommen, und auch JDC nimmt einen Teil. Zahlt der Kunde bei einem solchen Modell nicht deutlich mehr als im Provisionssystem? „Acht Prozent klingt zunächst viel, doch dabei wird vergessen, dass die Abschluss- und Ver- triebskosten selbst bei guten Versicherern oft deutlich über diesem Wert liegen“, entgegnet Grabmaier. Außerdem könne es sein, dass die Kosten bald sinken. „Unsere Stornoquote liegt nahe null. Wenn es dabei bleibt, wird das Factoring-Unternehmen seine Kalkulation zu- gunsten der Kunden ändern können.“ Mit Blick auf das Storno gibt es auch an- dere Erfahrungen. Für einige Schlagzeilen sorgten in den vergangenen Jahren unter an- derem Atlanticlux und Prisma Life. Beide Versicherer boten Renten- oder Lebensversi- cherungen zum Nettotarif an, bei denen der Kunde parallel zur Police eine Kostenaus- gleichsvereinbarung mit dem Versicherer ab- schloss. Viele Klienten wollten ihren Vertrag kündigen, sollten die Abschlusskosten aber weiter zahlen – und zogen deshalb vor Ge- richt. Im März sprach der Bundesgerichtshof ein wichtiges Urteil: Auch die Kostenaus- gleichsvereinbarung muss kündbar sein, zu- mindest dann, wenn es sich um einen Vertrag zwischen Kunde und Versicherer handelt. Atlanticlux hat sich aus diesem Geschäft in- zwischen zurückgezogen, teilte ein Sprecher des Mutterkonzerns FWU mit. Prisma Life reagierte nicht auf mehrmalige Anfragen von FONDS professionell. Netto ist nicht gleich netto VDH-Chef Rauch ist die Unterscheidung zwischen Nettotarifen und „echten Honorar- tarifen“, wie er sie nennt, wichtig. „Es reicht nicht, nur die Provision abzuziehen“, sagt Rauch. Wegfallen müssten auch courtage- abhängige Verwaltungskosten und versteckte Gebühren für das Management des Deckungs- stocks, wie sie in Provisionstarifen üblich seien. „Ein solcher Tarif ist meist deutlich günstiger als alles, was unter dem Schlagwort ‚Nettotarif‘ läuft“, sagt Rauch. „Es gibt sehr unterschiedlich kalkulierte Nettotarife“, bestätigt Matthias Beenken, Pro- fessor für Versicherungswirtschaft an der Fachhochschule Dortmund. „Oft liegt es am Verhandlungsgeschick eines Vertriebspartners, wie günstig ein Tarif letztlich ist.“ Es gebe zum Beispiel Anbieter, die diese Nische för- dern wollten und die Policen deshalb weniger belasten würden als eigentlich nötig. „Dann werden die Nettotarife de facto von den Brut- totarifen quersubventioniert. Schließlich muss es auch in der Nettowelt jemanden geben, der Anträge prüft, Makler betreut oder die Hotline bedient.“ Wachse die Honorarvermittlung eines Tages aus ihrer Nische heraus, könne es daher gut sein, dass die Anbieter wieder mehr Kosten in die Tarife einkalkulierten. Beenken hat an zwei konkreten Beispielen nachgerechnet, ob ein Kunde mit einem Net- totarif denn wirklich besser fährt. „Bei einer marktüblichen Vergütung waren die Netto- tarife in beiden Fällen unterm Strich nicht günstiger“, sagt er. „Deutlich billiger wird es erst, wenn für den Abschluss der Police keine 2.000 oder 3.000 Euro fällig werden, sondern der Kunde nur ein aufwandsbezogenes Hono- rar für vielleicht drei Stunden bezahlt.“ Von einem solchen Modell hält Beenken allerdings wenig, denn die vergleichsweise hohe Vergü- tung bei Lebens- und Rentenversicherungen sei nötig, um die niedrigen Verdienstmöglich- keiten in anderen Sparten wie der Privathaft- pflicht oder bei Kfz-Policen auszugleichen. „Ich befürchte, dass clevere Kunden beide Systeme ausnützen würden: Bei der Lebens- versicherung zahlen sie nur ein Stundenhono- rar, die Haftpflichtversicherung schließen sie aber beim Provisionsberater ab und nehmen dessen Service in Anspruch, für den er quasi keine Vergütung erhält. Das Ergebnis wäre eine Verknappung des Beratungsangebots – und das kann nicht gewollt sein.“ FP Foto: © Honorarkonzept, Michael Sommer Heiko Reddmann, Honorarkonzept: „Honorarvermittlung ist kein bloßer Ersatz für sinkende Provisionseinkünfte.“ Dieter Rauch, VDH: „Honorarvermittlung ist leider oft genug Produktverkauf pur.“ fonds & versicherung I honorarvermittlung
        
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