FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014
        
 304 www.fondsprofessionell.de  | 4/2014 Wohnung –, sei eine individuelle Beratung nicht immer nötig, sodass die internetaffinen Kunden auch die automatische Bearbeitung mit wenigen Basisinformationen akzeptieren und immer öfter online abschließen. Bei kom- plexeren Produkten wie Lebens- oder Kran- kenversicherungspolicen reichen die von den Portalen gelieferten Informationen – letztlich nur garantierte Leistungen, Kosteninformatio- nen und Vertragskonditionen – in aller Regel nicht aus, um die detaillierten Fragen der Kunden zu beantworten. „Bei komplexeren Produkten haben die Kunden irgendwann einmal Angst, dass sie etwas übersehen, und wenden sich dann doch an einen Makler“, weiß Oliver Gaedeke, Vorstand und Leiter der Finanzmarktforschung beim Marktfor- schungsunternehmen Yougov. Andererseits bieten auch die Top-Portale in diesen Fällen selten die Möglichkeit eines Onlineabschlus- ses,  sondern generieren Leads für Makler. Keine Gefahr für Makler Daher sehen die Makler und Ausschließ- lichkeitsvertreter die Portale auch nicht als Konkurrenz: „Vergleichsportale stellen für die selbstständigen Versicherungskaufleute keine Bedrohung dar. Denn besonders bei so bera- tungsintensiven Produkten wie Lebens-, Ren- ten- und Riester/Rürup-Versicherungen ver- trauen Kunden nach wie vor ihren persönlich bekannten Versicherungsvermittlern vor Ort. Diese beraten sie und können auf Rückfragen der Kunden direkt eingehen“, sagt Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deut- scher Versicherungskaufleute (BVK), stellver- tretend für 40.000 Vermittler. Die niederge- lassenen Makler und Vermittler sollten sich aber nicht zu weit zurücklehnen, denn einige Anbieter wie Branchenprimus Check24 pla- nen wegen der lockenden höheren Provisio- nen, bei Personenversicherungen die persön- liche Beratung durch entsprechend geschulte Mitarbeiter via Telefon, Video-Chat oder E- Mail auszubauen. Ein anderer Weg, den die großen Portale gehen, um Umsätze zu generieren, ist die Erweiterung ihrer Angebote um Vergleiche für Reisen, Kredite oder Strom – schon allein deshalb, weil das Versicherungsgeschäft we- gen der Kfz-Policen stark saisonal geprägt ist. Check24, wo man nach eigenen Angaben be- reits mehr als 60 Prozent des Umsatzes mit den oben genannten Produkten erwirtschaftet, Verivox oder Financescout24 können mit diesen den Besucherstrom auf ihrer Seite das gesamte Jahr über aufrechterhalten, was auch den Versicherern für eine Kooperation wichtig ist. Ein Branchenkenner bezeichnet dies als den „Abstrahleffekt der anderen Produkte auf Versicherungen“. Omnikanal-Strategie Der Ausbau des Produkt- beziehungsweise Serviceangebots ist auch nötig, denn den Por- talen droht weiteres Ungemach seitens einiger Versicherer mit ihren Internet-Töchtern, die von den Kunden bei einemAbschluss gegen- über den Portalen ohnehin bevorzugt werden (siehe Grafik). „Es mutet offenbar einfach besser an, direkt beim Versicherer abzuschlie- ßen, weil man genauer weiß. mit wem man es letztlich zu tun hat“, erklärt Gaedeke. Dennoch blasen die Assekuranzen weiter zumAngriff auf die Internetmakler, mit denen sie in einer schwierigen Symbiose leben: Einerseits sind sie Partner, da die Portale ein wichtiger Absatzkanal für die Assekuranzen sind. Andererseits müssen sie den Portalen Provisionen zahlen, was sie bei Abschlüssen über ihre Internettöchter nicht müssen. Ins- besondere die starke Position der Portale bei den Kfz-Policen (siehe Tabelle) ist den Ver- sicherern ein Dorn im Auge, weshalb einige mittlerweile reagiert haben und künftig auf eine sogenannte Omnikanal-Strategie setzen, bei der der Online- und der Offlinevertrieb stärker miteinander verzahnt werden: Kunden besuchen eine Internetseite und können je nach (Beratungs-)Wunsch wählen, ob sie on- line abschließen oder doch einen Vertreter sprechen möchten. „Viele Direktversicherer haben es versäumt, ein eigenes Onlinebran- ding aufzubauen, was ein schwerer strate- gischer Fehler im Onlinemarketing ist“, er- klärt Marketingexperte Konken. „Unterneh- men wie die Gothaer und die Allianz holen nun mit werblichen Omnikanal-Strategien all das nach, was sie zuvor nicht gemacht haben, um ihre Brand im Internet präsenter zu ma- chen und um nicht vollends von Vergleichs- portalen abhängig zu werden.“ Die großen und bekannten Portale haben aber aufgrund ihrer Brands eine große Markt- macht und müssen sich nach Meinung von Konken keine Sorgen machen. Wolfgang Schütz von Verivox äußert sich dazu sehr klar: „Im deutschen Markt sehen wir lang- fristig zwei große Player – einer davon wer- den wir sein.“ FP fonds & versicherung I vergleichspor tale Foto: © Yougov Best-Practice-Regeln für Vergleichsportale Verbraucherschützer kritisieren schon seit Jahren, dass die Portale Vergleiche nur über den Preis einer Police er- möglichen und die so wichtigen Vertragsbedingungen hintanstellen. Zudem weisen sie darauf hin, dass nicht alle Versicherer bei einem Portal gelistet sind, sodass ein allumfassender Vergleich gar nicht möglich ist. Insgesamt seien die Methoden der Portale daher oft undurchsichtig: Der Verbraucher könne nicht einschätzen, wie ein Ranking ermittelt werde, welche Anbieter, Waren und Dienstleis- tungen berücksichtigt oder ob negative Bewertungen überhaupt überprüft würden. Auch die Frage, wie mani- pulationsanfällig die einzelnen Portale seien, stelle sich. Ein aktuelles Beispiel dafür machte kürzlich in den Medien die Runde. Das „Handelsblatt“ berichtete, dass das Portal Geld.de, das zum Internetkonzern Unister gehört, bei Vergleichen auffällig oft Tarife des Anbieters BD 24 Berlin Direkt im Ranking nach oben gestellt hat. BD 24 Berlin Direkt ist eine Onlinetochter der Hanse Merkur, die wiederum der Geld.de-Mutter Unister Geld geliehen haben soll. Solche Berichte haben dazu geführt, dass die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA Anfang des Jahres Leitlinien für die Gestaltung von Vergleichs- portalen veröffentlicht hat. Die Behörde möchte verhin- dern, dass aufgrund von Interessenkonflikten zwischen Versicherungen und Portalen falsche Preise und irrefüh- rende Informationen auf den Webseiten zu finden sind. Die „Best-Practice-Regeln“ der EIOPA, die aber nicht gesetzlich bindend sind, fordern daher, dass die Web- seiten offenlegen müssen, ob ein Versicherer Eigentümer des Portals ist. Zudem solle die Produktpräsentation nicht ausschließlich auf den Preis fokussieren, sondern dem Kunden auch Details des Vertrags liefern. Selbstverständ- lich sollte auch sein, dass die Hauptmerkmale eines Pro- duktes aufgelistet werden und diese auch in einer klaren, einfachen und verständlichen Sprache ohne Fachaus- drücke präsentiert werden. Oliver Gaedeke, Yougov: „Es mutet offenbar einfach besser an, direkt beim Versicherer abzuschließen.“
        
                        RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=