FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014
steuer & recht I elke könig | bafin 312 www.fondsprofessionell.de | 4/2014 Foto: © Christoph Hemmerich D ass die Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht (BaFin) keine Bank ist, sondern eine Behörde, wird spätes- tens beim Besuch der wichtigsten Etage in der Bonner Zentrale klar. Die Chefs sitzen nicht im höchsten Stockwerk, wie man intuitiv er- wartet hätte, sondern im ersten Obergeschoss. Ein Vorteil dieser Raumaufteilung liegt auf der Hand: BaFin-Präsidentin Elke König kann die Treppe nehmen. Denn der Auf- zug wirkt etwas in die Jahre gekommen wie das gesamte Gebäude, in dem früher das Bundesfinanzministerium unterge- bracht war, als die Republik noch von Bonn aus gesteuert wurde. Umso aktuel- ler sind die Akten in den roten Vorlage- mappen, die ein Bote von Büro zu Büro schiebt – und die Themen, zu denen König im Interview mit FONDS pro- fessionell Stellung nimmt. Frau König, die BaFin überwacht seit ihrer Gründung im Jahr 2002 Banken, Versicherer und den Wert- papierhandel, um ein funktionsfä- higes und stabiles Finanzsystem zu sichern. Als Verbraucherschützer ist die Behörde eher selten in Erschei- nung getreten. Doch das wird sich mit dem Kleinanlegerschutzgesetz ändern – es wird der BaFin im kom- menden Jahr den „kollektiven Verbrau- cherschutz“ als zusätzliches Aufsichtsziel in die Satzung schreiben. Muss die Behörde umdenken? Elke König: Nein, gar nicht. Die Versiche- rungsaufsicht beispielsweise hat seit mehr als 100 Jahren nichts anderes zum Ziel als den Verbraucherschutz. Das Leitbild im Versiche- rungsaufsichtsgesetz, dem ältesten deutschen Aufsichtsgesetz, ist schon immer der Schutz der Versicherungsnehmer gewesen. Im Wert- papieraufsichtsrecht geht es um Transparenz, die Funktionsfähigkeit der Märkte und ein faires Marktumfeld – letztlich ist auch das nichts anderes als Verbraucherschutz. Aller- dings ist die BaFin nur für den kollektiven Verbraucherschutz zuständig, nicht für den Einzelfall. Uns erreichen rund 20.000 Be- schwerden im Jahr. Oft müssen wir die Be- troffenen an einen Anwalt ihres Vertrauens oder die Ombudsstellen verweisen, da wir nicht über Einzelfälle entscheiden können. Da entsteht schnell der Eindruck: Die BaFin tut ja gar nichts! Dabei war das schon immer falsch. Wir prüfen immer, bei jeder einzelnen Beschwerde, ob das Unternehmen gegen gel- tendes Recht verstoßen hat. Und wenn zahl- reiche Kunden mit einem ähnlichen Problem zu tun haben, handelt es sich offensichtlich um einen Missstand, der ein Unternehmen oder den gesamten Markt betrifft. In solchen Fällen schalten wir uns auf jeden Fall ein. Der kollektive Verbraucherschutz ist kein neues Thema für uns, er soll in den Aufsichtszielen nur visibler verankert werden. Das Kleinanlegerschutzgesetz gibt der BaFin deutlich mehr Kompetenzen, aber auch Verantwortung. In der Praxis potenziell sehr relevant werden könnte die Befugnis der BaFin, den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte oder ganzer Produktgruppen zu beschränken oder sogar zu verbieten, wenn – so steht es im Gesetzesentwurf – „erhebliche Beden- ken für den Anlegerschutz“ bestehen. Das bringt die BaFin doch in eine Zwickmühle, oder? Scheitert ein In- vestment, ist künftig die BaFin schuld – sie hätte ja vorher einschreiten kön- nen. Diesen Reflex können Sie nur vermeiden, wenn Sie jedes riskante Produkt verbieten. Ein Aufseher, der solche Kritik scheut, sollte sich einen anderen Beruf suchen. Als Aufsichtsbehörde hat man eigentlich immer die „Downside“ gepachtet. Denn wenn es gut geht, heißt es, das Unterneh- men war hervorragend oder die politi- schen Rahmenbedingungen haben ge- stimmt. An einen möglichen Verdienst der Aufsichtsbehörde denkt dann niemand. Wenn dagegen etwas schiefläuft, muss jemand schuld gewesen sein. Damit müs- sen wir leben. Aber zurück zum Thema: Die von Ihnen angesprochene Befugnis ist nur ein kleiner Mosaikstein der neuen Regeln. Viel wichtiger ist die Vorgabe, dass sich ein Unternehmen schon im Produktentwicklungsprozess Gedanken ma- chen muss, für welche Zielgruppe das Produkt geeignet ist und an wen es vertrieben werden soll. Mit Blick auf die Risiko- und Verlust- tragfähigkeit des Anlegers, den Anlagehori- zont und das Wissen, das man benötigt, um ein Investment verstehen zu können, lässt sich schon eine gewisse Klassifizierung vorneh- men. Ich bin sehr vorsichtig damit, Produkte zu verbieten. Wer verbietet, muss auch sagen, was er erlauben würde, und beides wollen wir vermeiden. Nach unserem Verständnis ist es zunächst Aufgabe des Produzenten, dann des Vertriebs, einen Prozess zu etablieren, der ver- hindert, dass den Verbrauchern unpassende Elke König , Präsidentin der Finanzaufsicht BaFin , im Exklusivinterview mit FONDS professionell über die neuen Kompetenzen ihrer Behörde, die Regulierung des grauen Kapitalmarktes, die Reform der Lebensversicherung und die Zukunft der Honorarberatung. „Ein Produktverbot bleibt » Den grauen Markt wird es und sollte es auch weiter geben. Denn die Politik ent- scheidet ganz bewusst, welches Geschäft sie beaufsichtigen möchte und welches nicht. « Elke König, BaFin
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=