FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2014
        
 den Ansätzen deutlich wird. Denn im Gegen- satz zu Ihnen haben wir nicht in erster Linie den Anspruch, die Bevölkerung oder deren Bildung zu verändern, schon gar nicht kurz- fristig. Wir wollen in erster Linie zu besseren Renditen und zu geringeren Risiken auf Sei- ten unserer Investoren beitragen, indem wir uns eben nicht abhängig machen von be- stimmten Weltanschauungen, übrigens auch nicht von einer irgendwie gearteten Weltan- schauung unserer Datenlieferanten. Wir nut- zen solche Daten lediglich, um sie einzuset- zen, wenn sie unserem Ziel nützen. Heuser: Was ist denn eigentlich das wich- tigste oder das sinnvollste Kriterium, das Sie aus den 148 Daten von Sustainalytics hervorheben würden? Söhnholz: Nach unseren bisherigen Erfahrun- gen ist das die „Unabhängigkeit des Auf- sichtsrats“ eines Unternehmens. Das ist ver- einbar mit dem, was zum Beispiel die TU München oder die Uni Leipzig als Ergebnis ihrer Forschungsarbeiten präsentiert haben, und auch mit dem, was sich bei institutio- nellen Investoren mehr und mehr durchsetzt. Damit meine ich die Erkenntnis, dass sich von allen ESG-Kriterien die E-Aspekte eher schlecht, die S-Aspekte eher neutral und die G-Aspekte eher positiv im Anlageergebnis bemerkbar machen. Platow: Auch hinter diese Aussage würde ich ein Fragezeichen setzen. Zum einen ist unser Fonds Ökovision Classic ja geradezu der Be- weis dafür, dass ein Fondsmanagement nach ökologischen und sozialen Kriterien alles an- dere als Nachteile hinsichtlich Performance und Risikomanagement birgt. Daher ist der Aspekt Governance, die gute Unternehmens- führung, eben im ESG nur einer von drei Aspekten – auch wenn Regierungen und Uni- versitäten das als besonders vorteilhaft abge- segnet haben. Das hat für mich am Ende auch etwas von einem Gebetbuch für Ungläubige. Heuser: Wobei sich mir an dieser Stelle die Frage stellt, ob nicht auch eine Gesellschaft wie Ökoworld Gefahr läuft, sich sozusagen im eigenen Dogma zu verlaufen. Denn auch Sie halten sich doch für Ihre Fonds so eine Art Hinter- türchen offen, wenn im strengen Anlage- ausschuss des Ökovision Classic zum Beispiel BMW ausgeschlossen wird, die Aktie aber für andere Ökoworld-Fonds durchaus gekauft wird. Platow: Die Frage ist zwar durchaus berech- tigt, hat aber nichts mit dogmatischen Irrwegen zu tun. Denn unser Engagement bei BMW hat durchaus seinen Grund. Wir können nur Ein- fluss auf das Management einer Gesellschaft nehmen, wenn wir selbst Aktionär sind. Im Fall von BMW geht es uns vor allem darum, das glaubwürdige Engagement für umwelt- freundliche Mobilität zu fördern. Wobei wir langfristig die Elektroautos als unwirtschaftli- ches Konzept erachten. Ich fahre aktuell selber ein kleines Elektroauto. Dennoch lautet meine Prognose: Wasserstoffbetriebene Autos werden den Elektroautos den Rang ablaufen. Das Ele- ment mit der chemischen Formel H 2 wird den wahren Schub in der umweltfreundlicheren Mobilität bringen. Ich möchte noch kurz zum Thema Unternehmensführung ergänzen: Es ist nach unserer Erkenntnis ein Trugschluss, dass sich die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft positiv auf die Unter- nehmenspolitik und das Ergebnis auswirkt. Das wird überbewertet, und zwar nicht nur bei den Small und Mid Caps dieser Welt, die im- merhin 95 Prozent unserer Investmenttargets ausmachen. Es gilt vor allem auch für die gro- ßen Standardwerte der bekannten Blue-Chip- Indizes, mit deren Providern übrigens auch ein Datenlieferant wie Sustainalytics sehr stark im Geschäft ist. Denn hier haben wir es vor allem mit den großen Finanzdienstleistern, mit Chemie- und Pharmariesen sowie Nahrungs- mittelproduzenten zu tun. Das aber sind genau jene Unternehmen mit extrem mächtigen Vorständen und Organisationsstrukturen, die alles durchsetzen, was sie möchten. Der scheinbar unabhängigeAufsichtsrat übernimmt nur noch die Rolle zu prüfen, ob die jeweils geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen der Länder, in denen die Unternehmen aktiv sind, eingehalten werden. Mit Ökologie, sozialer Nachhaltigkeit oder ethischem Verständnis hat das nichts mehr zu tun. Söhnholz: Ich kann am Ende nur auf die Sta- tistik verweisen, die uns zeigt, dass durchaus relevante Zusammenhänge zwischen Perfor- mance und Governance von Unternehmen be- stehen. Und ich habe bisher noch kein kon- kretes Beispiel von Ihnen gehört, das mich daran zweifeln lassen würde. Zugegeben: Gu- te Unternehmensführung bedeutet noch lange nicht, dass es sich auch um ein gutes Unter- nehmen handelt. Aber ich investiere lieber in eine gute als in eine schlechte Governance, nicht nur weil ich das für richtig halte, son- dern auch weil es weniger Risiko für den Anleger bedeutet, gerade in Krisenzeiten. Vielen Dank für das Gespräch . FP Dr. Dirk Söhnholz (Veritas Investment) und Alfred Platow (Ökoworld) im Streitgespräch, moderiert von FONDS professionell Chefredakteur Hans Heuser. 84 www.fondsprofessionell.de  | 4/2014 markt & strategie I alfred platow | dirk söhnholz Foto: © Oliver Schmauch » Ich investiere lieber in ein Un- ternehmen mit guter statt in eines mit schlechter Governance, nicht nur weil ich das für richtig halte, sondern auch weil es weniger Risiko für den Anleger bedeutet. « Dr. Dirk Söhnholz, Veritas Investment
        
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