FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

188 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 vertrieb & praxis I haftungsdach Foto: © Photographerlondon | Dreamstime.com I nfinus ist eher kein Glanzstück der hei- mischen Finanzbranche. Die Dresdener stehen im Verdacht, eines der größten Schneeballsysteme der Bundesrepublik auf- gezogen zu haben, 40.000 Anleger bangen um insgesamt gut eine Milliarde Euro. Da fällt es schwer, diesem Fall etwas Positives abzu- gewinnen. Aus Sicht vertraglich gebundener Vermittler gibt es jedoch eine gute Nachricht: Infinus zeigt, dass ein Haftungsdach tat- sächlich hält, was es verspricht: Kommt es hart auf hart, haftet das Institut, nicht der Vermittler. Das Infinus Finanzdienstleistungsinstitut, die sogenannte blaue Infinus, war der wich- tigste Vertriebsarm des Firmengeflechts. Über dieses Institut mit seinen zeitweise 800 Ver- mittlern wurden etwa die Orderschuldver- schreibungen der Future Business verkauft, in die Anleger fast 670 Millionen Euro investiert hatten. Im November 2013, nur Tage nach der spektakulären Razzia, musste Future Business Insolvenz anmelden. Die blaue Infinus folgte wenige Monate später. Kein Wunder also, dass Anleger versuchen, ihre Vermittler für den Schaden haftbar zu machen – beim Emis- sionshaus und dem Finanzdienstleistungs- institut ist schließlich kaum etwas zu holen. Doch bislang sind alle Klagen gegen Ver- mittler der blauen Infinus gescheitert, wie Anwälte berichten. „Wir haben noch keinen Prozess verloren und auch noch keinen Ver- gleich geschlossen“, sagt Viggo von Wieters- heim von der Münchener Kanzlei Peres & Partner, der mit seinem Kollegen Nikolaus Sochurek Dutzende Infinus-Vermittler vertritt. „Auch sonst sind mir keine Fälle bekannt, in denen ein Anleger Ansprüche gegen einen Haftungsdachvermittler durchsetzen konnte. Die Klagen scheitern schon daran, dass der einzelne Vermittler gar nicht der richtige An- spruchsgegner ist, sondern die blaue Infinus.“ Von Wietersheim spricht von rund 20 Ent- scheidungen zugunsten seiner Klienten, da- runter auch einige rechtskräftige Urteile. „Dass die Klagen abgewiesen werden, war zu erwarten“, sagt Philipp Mertens, Partner der Kanzlei BMS Rechtsanwälte aus Düssel- dorf. „Denn im Fall der blauen Infinus gibt es gar keinen Platz für vertragliche Ansprüche gegen die Vermittler – die gibt es nur gegen das Institut selbst.“ Damit ist der Härtetest be- standen: Der Schirm, den ein Finanzdienst- leistungsinstitut über seine angeschlossenen Vermittler spannt, hält tatsächlich dicht. Für Anleger mag das eine frustrierende Erfahrung sein, den Beratern dagegen gibt es Sicherheit. Hohe Hürden Mertens sieht nur zwei theoretische Mög- lichkeiten, wie ein Anleger dennoch versu- chen kann, den Vermittler selbst in Haftung zu nehmen. Entweder er vermutet eine vor- sätzlich sittenwidrige Schädigung oder er be- ruft sich auf eine „vertragliche Eigenhaftung“ wegen eines besonderen persönlichen Ver- trauens oder eines finanziellen Eigeninteres- ses. Die Hürden liegen generell sehr hoch: „Eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung kann vorliegen, wenn der Vermittler wusste, dass es sich bei Infinus tatsächlich um das vermutete Schneeballsystem handelte. Den Beweis dafür müsste der Anleger erbringen“, sagt Mertens. Einige Infinus-Topmanager wa- ren selbst Vermittler des Haftungsdachs, da- runter Kewan K., Rudolf O. und Andreas K., die seit November 2013 in Untersuchungshaft sitzen. Anleger, die bei ihnen persönlich Schuldverschreibungen gezeichnet haben, dürfen sich vor Gericht also Chancen ausrech- nen. Ob bei diesen Hauptbeschuldigten dann noch viel zu holen sein wird, ist freilich offen. Ähnlich schwer fällt es Anlegern, mit dem Argument des besonderen persönlichen Ver- trauens zu punkten. „Eine solche Konstella- tion kann vorliegen, wenn zum Beispiel der Vermittler seiner Lebenspartnerin ein Finanz- produkt empfiehlt“, sagt Mertens. Bei einem Bekannten aus dem Kegelclub dürfte das Ar- gument, hier sei ein besonderes persönliches Vertrauen ausgenutzt worden, in aller Regel jedoch nicht ziehen. „Die zweite Fallgruppe, nach der eine vertragliche Eigenhaftung in Betracht käme, ist ebenfalls regelmäßig nicht erfüllt, da die Vermittler keine über das nor- male Provisionsinteresse hinausgehenden fi- nanziellen Interessen verfolgten“, so Mertens. Von Wietersheim nennt einen weiteren Punkt, der Infinus-Vermittlern zugute kommt: „Die Vermittler sind erkennbar als Teil der Infinus-Gruppe aufgetreten. Egal ob Visiten- karte, Erhebungsbögen oder Werbematerial – überall stand Infinus drauf. In diesem Punkt verhielt sich das Unternehmen sehr korrekt. Das schmälert die Chancen der Anleger, die Vermittler direkt zu belangen, noch zusätz- lich.“ Auch wenn innen offensichtlich einiges faul war, hielten die Dresdener nach außen hin immer strikt die Bafin-Vorgaben für Haftungs- dächer ein. Den Anlegern hilft das nicht, aber immerhin den Vermittlern. BeRnD MIkoScH | FP Der Fall Infinus zeigt: Selbst wenn es hart auf hart kommt, haften vertraglich gebundene Vermittler nicht selbst, sondern das Finanzdienstleistungsinstitut. Der Schirm hält dicht Wer sich an die Regeln seines Haftungsdachs hält, ist im Fall der Fälle fein raus. Jedenfalls ist es bislang keinem Anleger gelungen, Ansprüche gegen seinen Infinus-Vermittler geltend zu machen.

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