FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

278 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 bank & fonds I fintechs Foto: © Inokos | Dreamstime.com D er Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé setzt in Japan sprechende Ro- boter ein, um seine Kaffeemaschinen in Kaufhäusern zu verkaufen. Der in Hong- kong ansässige Wagniskapitalgeber Deep Knowledge Ventures hat einen Computer- algorithmus offiziell in sein Managementteam aufgenom- men. Die künstliche Intel- ligenz heißt „Vi- tal“ und entscheidet, in welche Technologie- Start-ups investiert wird. Und seine „Stimme“ wiegt ge- nauso viel wie die seiner menschli- chen Vorstandskollegen. Der Vormarsch der Informationstechnologie geht also ohne Zwei- fel weiter, und er macht auch vor den Banken nicht halt. Junge IT- und Softwareunterneh- men – Fintechs genannt – greifen etablierte Player mit Lösungen an, die das Banking günstiger und einfacher machen. Ins Auge ge- fasst werden dabei alle Sparten, funktionieren tut es bisher aber vor allem beim Zahlungs- verkehr und bei Kleinkrediten. Ende Januar ging mit Number 26 (N26) ein Newcomer an den Start, der ein kostenfreies Girokonto inklusive Kreditkarte anbietet, auf das mittels Smartphone zugegriffen werden kann. Die erste Zielgruppe sind „Digital Natives“, also junge Menschen, die prak- tisch alles mit ihren „intelligenten Telefonen“ steuern. N26 verspricht die schnellste Konto- eröffnung in ganz Europa, inklusive Videoi- dentifikation soll alles binnen maximal acht Minuten erledigt sein. Als einziges Entgelt er- hält das Unternehmen einen Teil der Händler- provision, die beim Einsatz der Kreditkarte fällig wird. Ob diese Einnahmequelle mittel- fristig ausreicht, um das Unternehmen zu fi- nanzieren, wird sich zeigen. Das Start-up scheint jedoch eine Marktlücke aufgetan zu haben, mittlerweile gibt es rund 10.000 Vor- anmeldungen für das Konto. Die Gründer nut- zen übrigens die Banklizenz des Technologie- konzerns Wirecard. Im Kernge- schäft sorgt er mit NFC-Tech- nik (Nearfield Communi- cation) dafür, dass kontaktloses und mobiles Zahlen per Smartphone möglich wird. „Big Four“ rüsten auf Die etablierten Banken stehen vor einem Dilemma: Sie er-kennen zwar, dass ihre Kunden neue Technologien sehr schnell adaptieren, aber sie selbst können sich aufgrund ihrer großen Ver- waltungsapparate und komplexen IT-Systeme nicht zeitnah anpassen. Ganz im Gegensatz zu den Fintechs: Die Kreativen probieren aus, lernen, verwerfen und adaptieren – und das in einem atemberaubenden Tempo. Und die Ent- wicklung ist noch lange nicht abgeschlossen, denn auch die „Big Four“ – also Google, Fa- cebook, Amazon und Apple – rüsten auf. So plant Google das „Loon“-Projekt: Um das In- ternet auch in abgelegene ländliche Gegenden zu bringen, lassen die Datensammler gasge- füllte Ballons, die mit Sendeeinheiten bestückt sind, in die Stratosphäre steigen, um von dort aus die Bevölkerung flächendeckend mit einem drahtlosen Internetzugang (WLAN) zu versorgen. Insbesondere für den afrikanischen Kontinent bedeutet dies einen Quantensprung. Dort besitzt noch lange nicht jeder eine eigene Wohnadresse, dafür aber viele ein Handy. Und über die dann mögliche Internetversor- gung könnten auf einen Schlag Millionen von Menschen über das Telefon Geldtransfers tätigen. „Wofür spielen Banken dann noch ei- ne Rolle? Sie sind höchstens noch für die Pro- dukteinführung notwendig“, so Thomas Dapp von Deutsche Bank Research. IT-Unternehmen drängen verstärkt in die klassischen Geschäftsbereiche der Banken vor. Immer mehr Kreditinstitute suchen ihr Heil in der Kooperation. Lieber kollaborieren Fintechs greifen die etablierten Banken mit neuen Lösungen an, die das Banking entweder innovativer, günstiger oder einfacher machen. Banken tun also gut daran, mit der neuen Konkurrenz Kooperationen einzugehen. UMFRAGE: Gefahr für das Retailbanking in Deutschland Angaben in Prozent der Befragten, n= 60 Banken aus 15 Ländern Quelle: Roland Berger Gefahr für das Retailbanking durch neue Marktteilnehmer in den nächsten drei Jahren nach Produkten Sehr Unwahr- Sehr unwahr- wahrscheinlich Wahrscheinlich scheinlich scheinlich Zahlungsverkehr 89 % 11 % Einfache Sparprodukte 67 % 22 % 11 % Girokontoführung 56 % 33 % 11 % Verbraucherkredite 22 % 56 % 22 % Strukturierte Sparprodukte 11 % 44 % 22 % 22 % Hypothekengeschäft 33 % 44 % 22 % Firmenkredite 33 % 33 % 33 %

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