FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

312 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 steuer & recht I versicherungsaufsicht Foto: © Andrey Popov | Dreamstime.com D ie Liste der Skandale in der Versiche- rungsbranche ist lang. Genannt seien nur Mehmet Göker, die „Lustreisen“ der Ergo und zuletzt der Datenskandal um Tippgeber bei der Debeka. Letzterer gab für die Finanzaufsicht BaFin wohl den Ausschlag, das Thema „Vertriebscompliance“, also das Beachten bestimmter Regeln im Versiche- rungsvertrieb, bei den Unternehmen stärker in den Vordergrund zu rücken. Die Aufseher sind der Meinung, dass einige für den Ruf der Branche schädliche Vorfälle durch mehr Regeltreue und Kontrolle hätten vermieden werden können. Daher veröffentlichte die Bonner Behörde einen Tag vor Weihnachten das Rundschrei- ben „10/2014 (VA) – Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern, Risikomanagement im Vertrieb“ . In diesem hat sie bestimmte aus ihrer Sicht für den Vertrieb wichtige Vorga- ben, die sich vor allem auf die Paragrafen 80 und 80a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) beziehen, überarbeitet, ergänzt oder durch Beibehaltung erneut ins Bewusstsein gehoben. Zudem hat sie Regeln und Erwartungen for- muliert, die sich auf das Risikomanagement eines Versicherers beziehen und die aus Para- graf 64a VAG erwachsen. Die meisten Neue- rungen betreffen gebundene Vermittler (siehe Kasten nächste Seite). Darüber hinaus finden sich neue und unveränderte Passagen in dem Schreiben, die Makler zumindest zur Kenntnis nehmen sollten. Denn diese könnten den Ver- sicherern nach Meinung einiger Juristen die Möglichkeit eröffnen, Makler verstärkt unter ihre Kontrolle bringen. Das kratzt nicht nur am Ruf der Unabhängigkeit des Maklers, son- dern kann auch höhere Kosten bedeuten, etwa für Berichte oder Belege. Kein Gesetzestext Zur besseren Einordnung des Rundschrei- bens muss man wissen, dass dies kein Geset- zestext ist, sondern die Meinung der BaFin wiedergibt, wie die aktuelle Rechtslage inter- pretiert werden muss und welche Gesetzes- teile derzeit besonders relevant sind. Wichtig ist das Rundschreiben dennoch, denn die Behörde muss sich in der Aufsichtspraxis dar- an halten. Sie liefert den Versicherungs- unternehmen damit Leitlinien, an denen sie sich orientieren können. Unerfreulich ist an dem Rundschreiben die Tatsache, dass die Rechtsauslegungen der BaFin selbst wieder auslegebedürftig sind – und Versicherungsunternehmen daraus eine verstärkte Kontrolle der Makler ableiten könn- ten. Dies gilt etwa für das Kapitel B. III. 3, das unter anderem die Überprüfung von Mak- lern durch Versicherer behandelt. In diesem nimmt die BaFin Bezug auf Paragraf 80 VAG, der lediglich besagt, dass die Versiche- rer bei einer Zusammenarbeit sicherstellen müssen, dass der Makler die erforderliche Er- laubnis nach Paragraf 34d Gewerbeordnung (GewO) besitzt. Im BaFin-Schreiben heißt es dazu nun: „Um ihre gesetzlichen Verpflich- tungen aus Paragraf 80 Abs. 1 VAG zu erfül- len, hält es die BaFin für erforderlich, dass die Versicherer regelmäßig überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Maklern oder Versicherungs- vertretern weiterhin gegeben sind, insbeson- dere ob diese weiterhin im Vermittlerregister eingetragen sind. Hierzu haben die Versiche- rungsunternehmen die von der IHK zur Ver- fügung gestellte ‚Löschliste‘ zu beachten.“ Rechtsanwalt Norman Wirth aus Berlin, zu- gleich geschäftsführender Vorsitzender des AfW Bundesverbandes Finanzdienstleistung, hat in einer Stellungnahme im Rahmen des Konsultationsverfahrens zu dem Schreiben ausgeführt, das Wort „insbesondere“ implizie- re, dass auch anderweitige regelmäßige Über- prüfungen als die Beobachtung der Löschliste stattzufinden haben. Welcher Art diese sein sollen, bleibe offen. Andere Juristen lesen aus den Formulierungen der BaFin keine weiteren Kontrollpflichten heraus; es reiche, zu Beginn der Kooperation die Erlaubnisurkunde zu überprüfen, die an anderer Stelle des Rund- schreibens geforderte Anfrage an die bei Mak- lern umstrittene Auskunftei AVAD zu stellen und die Löschliste zu beobachten. Auch die BaFin selbst teilte FONDS pro- fessionell auf Anfrage mit, dass dieses Vorge- hen „im Regelfall“ ausreiche. „Darüber hin- ausgehende Prüfungspflichten werden bei Vermittlern mit Erlaubnis – abgesehen von einem konkreten Anlass – nicht für erforder- lich gehalten, da von der zuständigen Behörde (IHK) eine umfassende gewerberechtliche Prüfung des Vermittlers vorgenommen wer- den muss.“ Zu Ausnahmen, die nicht der Ein BaFin-Rundschreiben wirft Fragen auf: Einige Juristen fürchten, dass Versicherer Makler nun einer schärferen Kontrolle unterwerfen können. Angriff auf die Maklerfreiheit? Schaut dem Vermittler beim Beratungsgespräch künftig noch ein Mitarbeiter des Versicherers über die Schulter? So weit wird es wohl nicht kommen. Doch die Assekurranz arbeitet daran, ihre Kontrolle über die Makler auszubauen.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=