FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

160 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 sachwerte I produktprüfung Foto: © Andrey Popov | Dreamstime.com, Christoph Hemmerich S chon seit Anfang 2014 wird die Dis- kussion geführt, wie die mit der Bera- terhaftung verknüpfte Pflicht, die Pro- dukte, die man verkauft, zu prüfen, tatsächlich aussieht. In Beraterkreisen dominiert die Sor- ge, dass infolge der strengeren Regulierung des freien Vertriebs durch den Gesetzgeber auch die Prüfpflichten intensiviert wurden. Manche glauben dabei allerdings, dass sie erst seit der Novelle des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, den Verschär- fungen in der Gewerbeordnung und der Ein- führung des Kapitalanlagegesetzbuchs Invest- mentangebote prüfen müssen. Umgekehrt gibt es auch Rechtsauffassungen wie jene des Kapitalmarktjuristen Norman Wirth, der die Meinung vertritt, dass der Vertrieb neue alter- native Investmentfonds gar nicht mehr prüfen muss (siehe Kasten). Kurzum: In diesem Punkt herrscht Verwirrung. Die Verunsicherung sehr vieler Berater be- steht dabei teilweise zu Recht und teilweise zu Unrecht. Die Beraterverbände Votum und AfW sagen klar, dass die Regulierung in ers- ter Linie Klarheit geschaffen hat. „Durch die aktuelle Gesetzessituation ist keine Verschär- fung eingetreten. Vielmehr ist der Pflichten- kreis durch die Gesetzgebung besser sichtbar geworden“, betont etwa Votum-Geschäfts- führer Martin Klein. Vielleicht lag es an dieser geringen „Sichtbarkeit“ der Pflichten, dass et- liche Berater nicht wussten, dass sie Produkte schon seit 20 Jahren prüfen müssen. Und das macht das Thema brisant – und zwar umso mehr, als sich die Produktlandschaft derzeit in einer Übergangsphase befindet. Weil Marktkrisen und Branchenskandale Fehler und Schwächen diverser Sachwertinvestments aufgezeigt haben, muss sich der Vertrieb heute mit neuen Themen, Anbietern und Strukturen beschäftigen. Daher gibt es auf der einen Seite die neuen geschlossenen Fonds, die AIFM- konform nach dem Kapitalanlagesetzbuch aufgestellt sind. Andererseits existieren noch viele geschlossene Fonds, die nach dem alten Strickmuster konzipiert wurden, indem sie unter das Vermögensanlagengesetz fallen ebenso wie Genussrechte und Anleihen. Diese unterschiedlichen Rechtsrahmen machen das Produktangebot komplexer und die Prüfung für die Berater schwieriger. Und obwohl Rechtsanwalt Klein überzeugt ist, „dass die Berater zu größerem Vertrauen in das Anlagesegment der alternativen Invest- mentfonds Anlass haben“, sind die Prospekte dieser neuen Fonds weniger informativ als früher. Das gilt unter anderem für die Darstel- lung von Investitionsobjekt und Zielmarkt, vor allem aber auch für die Prognoserech- nung. Diese Angaben machen die Anbieter teilweise in gesonderten Werbemitteilungen, die nicht von der Bafin gebilligt werden müs- sen. Zur Beurteilung des Leistungsvermögens der Fondsinitiatoren galt bis zur AIFM-Re- gulierung die nach dem Verbandsstandard erstellte und testierte Leistungsbilanz als probates Mittel. Doch das ist passé, weil der Sachwerteverband BSI die Leistungsbilanz abgeschafft und durch erheblich weniger aussagekräftige „Performance-Berichte“ er- setzt hat. BGH schreibt Prüfung vor Die Marktveränderungen und Erfahrungen mit guten wie schlechten Produkten bedeuten für die Finanzdienstleister, dass sie anders und intensiver in der Produktprüfung gefordert sind. Wie wichtig Gewissenhaftigkeit bei der Plausibilitätsprüfung der empfohlenen Invest- ments ist, unterstreicht nicht zuletzt ein aktu- elles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Der dritte Senat hat wie schon in den vergan- genen 15 Jahren festgestellt, dass sich Anleger auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufklärung und Beratung durch einen Finanz- berater verlassen dürfen. Das Vertrauen eines Investors, der sich von jemanden beraten lässt, der „für sich Sachkunde in Anspruch nimmt, verdient besonderen Schutz. Alles andere wi- derspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben“ , erklärte der BGH im Februar 2014 (Az. III ZR 90/14). Der BGH vertritt die Auffassung, dass ein Anleger, der bei seiner Investitionsentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlage- beraters in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters besonderes Gewicht beimessen darf. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH müssen Vermittler die angebotene Kapitalanlage daher auf Plausibilität prüfen. Nur so können sie juristisch gesehen sachgerechte Auskünfte er- teilen. Berater müssen darüber hinaus im Rah- men ihrer Beratungsleistung mit „üblichem kritischem Sachverstand“ prüfen. Wenn das Investment mit Zuhilfenahme des Emissions- prospekts verkauft wird, muss auch der Pro- spekt daraufhin geprüft werden, ob er schlüs- sig, sachlich richtig und vollständig ist. Dabei haben Berater, die als Experten mit beson- Viele Berater sind unsicher, ob und wie sie Produkte prüfen sollen und ob sie Analysen von Dritten verwenden dürfen. Die Rechtslage ist aber meist eindeutig. Unvermeidbare Prüfpflicht Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH müssen Vermittler die angebotene Kapitalanlage auf Plausibilität prüfen. Nur so können sie juristisch gesehen sachgerechte Auskünfte erteilen.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=