FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015
vertrieb & praxis I har twig webersinke | hochschule aschaffenburg 200 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 Foto: © Christoph Hemmerich H artwigWebersinke forscht und lehrt schon seit 16 Jahren zu Finanz- themen. Nun steigt er mit seinem Anfang 2014 gegründeten Institut für Vermögensverwaltung noch mal in die Grundlagenforschung ein: Der Professor der Hochschule Aschaffenburg möchte mit seinen Mitarbeitern und Studenten den unübersichtlichen Markt der Vermö- gensverwalter ausleuchten. Den Anfang machten zwei Umfragen unter unab- hängigen Finanzportfolioverwaltern, im nächsten Schritt sollen die Wealth-Ma- nagement-Angebote der Banken folgen. FONDS professionell traf Webersinke in seinem Büro auf dem Campus der Hochschu- le Aschaffenburg zum Interview. Herr Webersinke, Ihr Institut hat kürz- lich die zweite Befragung unabhängiger Vermögensverwalter beendet. Wie ist die Stimmung in der Branche? Hartwig Webersinke: Viele blicken sehr zuversichtlich in die Zukunft. Deutschland ist eine alte, wohlhabende Gesellschaft. Das soll- te den Vermögensverwaltern in die Hände spielen. Der Hauptgrund für den aktuellen Optimismus ist aber woanders zu suchen: Die Deutschen bewegen sich ganz langsam wie- der vom Festgeld in die Märkte hinein. Das ist noch keine dramatische Bewegung, aber sie hat begonnen – aus der Not heraus, weil anderswo nichts mehr zu holen ist, sondern sogar negative Zinsen drohen. Nach einem lukrativen Geschäft klingt die Vermögensverwaltung dennoch nicht. Legt man die Median-Werte Ihrer ersten Studie zugrunde, beschäftigt ein typischer Vermögensverwalter sechs Mit- arbeiter, mit denen er 87,5 Millionen Euro für 158 Kunden betreut. Bei einer üblichen Gebühr von einem Prozent per annum nimmt er jährlich 875.000 Euro ein. Davon bezahlt er sechs Vollzeitstel- len, Software, Büromiete, Börsendaten, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, die Gebühren für die Entschädigungsein- richtung EdW – die Liste ließe sich be- liebig fortsetzen. Unterm Strich dürfte der Gewinn eher mager ausfallen. Im Durchschnitt stimmt das. Eine klare Erkenntnis unserer Umfragen ist, dass mit wachsendem Volumen die Eigenkapitalrendite deutlich steigt. Insbesondere wegen der Re- gulierung wird die kritische Größe, ab der sich das Geschäft rechnet, weiter steigen. Ein gro- ßes Haus kann sich einen eigenen Mitarbeiter leisten, der die Berichtspflichten erfüllt. Bei einem kleinen Anbieter muss der Chef fast alles selbst erledigen. Wer neben dem Port- foliomanagement und den Kundengesprächen noch Formulare ausfüllen muss, ist schnell ge- nervt. Außerdem erlaubt das keine Synergien, weil er sich jeden Monat neu in das Formblatt hineindenken muss. Die hohen regulatorischen Anforderun- gen haben aus Sicht der etablierten Anbieter auch ein Gutes: Die Hürden für Neueinsteiger liegen sehr hoch, was potenzielle Wettbewerber fernhält. Oft dauert es viele Monate, bis die begehrte KWG-Zulassung der Bafin da ist. Das ist einer der Gründe dafür, warum es kaum Neugründungen gibt. Darum wird der Markt meiner Meinung nach auch weniger durch neue Anbieter wachsen, sondern eher durch die Expansion der etablierten Häuser. Erfolgreiche Vermögensverwalter werden neue Mitarbeiter einstellen. Dort entstehen Strukturen, die fast mit denen einer Bank zu vergleichen sind. Das mag manche, die ihr Heil in der Unabhängig- keit gesucht haben, stören, aber eine ge- wisse Arbeitsteilung ergibt durchaus Sinn. Die Idee, dass es den einen Guru gibt, der die Finanzmärkte allein im Griff hat, ist eine Illusion. Was es aber schon gibt, sind gute Prozesse, die dem Gründer und sei- nen Mitstreitern ein erfolgreiches Arbeiten ermöglichen. Wer ganz allein ist, wird in diesem Markt früher oder später scheitern. Die Zeit der One-Man-Shows in der Vermö- gensverwaltung ist vorbei. Legen viele Kunden nicht ohnehin Wert auf Größe, auch weil erst eine gewisse Struktur es erlaubt, die Abhängigkeit von Schlüsselpersonen zu reduzieren? Die Vermögensverwaltung ist ein Geschäft des Vertrauens. Wer seinem Vermögensver- walter seine gesamte Lebensgeschichte offen- gelegt hat, wird bei ihm bleiben, solange die- ser keine grundsätzlichen Fehler macht. Die Frage ist, was passiert, wenn der Verwalter beispielsweise krank wird. Dann ist ein Unternehmenslebenszyklus schnell zu Ende. Daher ist es den Kunden schon lieb, wenn hinter dem eigenen Berater eine weitere Per- son steht, die die Geschäfte fortführen kann. Zu groß und anonym soll es aber nicht wer- den. Wichtig ist eine gewisse Struktur auch, wenn es darum geht, mal ein schlechtes Anlageergebnis zu rechtfertigen. Wer seinem Kunden erklären kann, dass es einen sauberen Prozess gibt und eine Investmententscheidung nicht aus dem Bauch heraus gefällt wurde, darf eher auf Verständnis hoffen. Die Regulierung prägt den Markt schon heute. Was bedeuten künftige Vorhaben wie die Umsetzung der europäischen Hartwig Webersinke , Finanzprofessor an der Hochschule Aschaffenburg , über das manchmal lukrative, oft aber schwierige Geschäft der unabhängigen Vermögensverwalter, das Umdenken in den Wealth-Manage- ment-Sparten mancher Banken und die Frage, welche Folgen die Regulierung für die Branche haben wird. „Die Zeit der One-Man-Shows » Insbesondere wegen der Regulierung wird die kritische Größe, ab der sich das Geschäft rech- net, weiter steigen. « Hartwig Webersinke, Hochschule Aschaffenburg
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