FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

Dunkeln. Das wird sich ändern. Künftig muss ein Vermögensver- walter alles deklarieren. Auch wenn der Kunde unterm Strich wahrscheinlich gar nicht mehr zahlen muss, bekommt er also eine höhere Rechnung präsentiert. Es wird mitunter schwierig sein, das dem Kunden zu erklären. In jedem Fall wird diese Transpa- renz den Wettbewerb unter den Vermögensverwaltern und Ban- ken weiter erhöhen. Durch die Finanzkrise wurde das Vertrauen der Bevölke- rung in die Banken erschüt- tert. Davon hätten die unab- hängigen Vermögensverwal- ter in den Jahren nach 2008 eigentlich enorm profitieren müssen, was laut Branchen- kennern aber nur in Einzel- fällen gelungen ist. Woran liegt das? Die meisten Bankkunden sind sehr loyal, sie kennen ihre Bank und ihren Berater und bleiben ihnen treu. Nur wer sehr negative Erfahrungen machen musste, denkt über einen Wechsel nach. Außerdem haben viele Banken in den vergangenen Jahren in- vestiert, etwa was die Ausbildung ihrer Bera- ter anbelangt. Das wissen die Kunden durch- aus zu schätzen. Der größte Fehler aus Sicht der Banken sind häufige Beraterwechsel: Wenn mir meine Bank jedes Jahr ein neues Gesicht zeigt und damit die Bindung von sich aus zerstört, bin ich viel eher bereit, mich nach einem neuen Institut umzuschauen. Die Banken leiden unter sinkenden Zins- margen und einem kaum profitablen Privatkundengeschäft. Im Vergleich dazu sieht das Wealth Management sehr attraktiv aus. Werden die Banken ihre entsprechenden Angebote ausbauen und den unabhängigen Vermögensverwaltern damit wieder verstärkt Konkurrenz machen? Ja natürlich! Die Banken können das selbst, viele haben in der Vergangenheit nur andere Prioritäten gesetzt. Die Versuchung war bei einigen Instituten viel zu groß, das Wealth Management als Platzierungsplattform zu missbrauchen. Mit der Produktmarge ließ sich viel mehr verdienen als in der Beratung oder Vermögensverwaltung. Die Arbeit mit den Kunden ist zwar ein mühsames, langsames Geschäft, ermöglicht aber eine langfristige Kundenbeziehung. Einige große Banken ha- ben das schon erkannt. Ich finde es eine sehr gesunde Entwicklung, dass wir nach und nach wegkommen von den Portfolios, die wir frü- her mal hatten, vollgestopft mit Zertifikaten und hauseigenen Fonds. Kleine Vermögens- verwalter haben es daher gleich doppelt schwer: Sie sind nicht nur der Konkurrenz durch die großen Anbieter ausgesetzt, sondern auch der durch die Banken, die verstanden haben, dass sich die Investition in ein gutes Wealth Management langfristig aus- zahlen wird. Attraktiv wird das Geschäft auch dadurch, dass es – im Vergleich etwa zum Kreditge- schäft – wenig Kapital bindet. Für die Vermögensverwaltung ist in der Tat nur wenig Eigen- kapital nötig. Große Anbieter erreichen daher schnell eine zweistellige Rendite auf das eingesetzte Kapital. Viele kleine Häuser dagegen kommen gar nicht in die schwarzen Zahlen. Dennoch behaupten alle An- bieter, die an Ihrer Umfrage teilgenommen haben, dass sie das letzte Geschäftsjahr ohne Verlust abgeschlossen haben. Liegt das daran, dass einige Gründer ihren eige- nen Lohn herunterschrauben, damit die Firma insgesamt nicht in die roten Zah- len rutscht? Exakt. Die Löhne sind der größte Kosten- block. Wenn in einer Drei-Mann-Firma der Gründer seine eigene Vergütung als Variable ansieht, kann er die Gesamtrechnung damit stark beeinflussen. Ich staune immer wieder, mit wie wenig Einkommen einige Vermögens- verwalter offensichtlich zufrieden sind. Dazu kommt ein weiterer Punkt, der jede Umfrage verzerrt, auch unsere: Unternehmen, die mit Problemen zu kämpfen haben, nehmen eher nicht daran teil. Unter diesenAnbietern gibt es wahrscheinlich viele, die nicht profitabel arbeiten. Deshalb bin ich auch fest davon über- zeugt, dass mittelfristig kein Weg an einer Konsolidierung vorbeiführt. Die Finanzmärkte werden anspruchsvoller, dazu kommt die immer schärfere Regulierung. Die Skalen- effekte sind in dieser Branche so deutlich, dass es eigentlich nur zwei Lösungen gibt: Entwe- der ich wachse oder ich fusioniere. Gerade bei unabhängigen Vermögens- verwaltern sind Fusionen aber proble- matisch, weil das die persönliche Bin- dung zum Kunden aufs Spiel setzt. Außerdem hat sich der Vermögensverwalter Hartwig Webersinke: „Mittelfristig führt kein Weg an einer Konsolidierung vorbei. Die Finanzmärkte werden anspruchsvoller, dazu kommt die immer schärfere Regulierung.“ vertrieb & praxis I har twig webersinke | hochschule aschaffenburg 202 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 » Die Skaleneffekte sind so deutlich, dass es eigentlich nur zwei Lösungen gibt: Entweder ich wachse oder ich fusioniere. « Hartwig Webersinke, Hochschule Aschaffenburg Foto: © Christoph Hemmerich Prof. Dr. Hartwig Webersinke Hartwig Webersinke studierte Wirtschaftswissenschaften in Gießen. Nach seiner Promotion 1989 stieg er bei der BHF-Bank ein, wo er als Leiter des Investment-Research die Aktien- und Rentenanalyse verantwortete. Im März 1999 zog es ihn zurück in die Wissenschaft: Seither lehrt und forscht Webersinke an der Hochschule Aschaffenburg zu den Themen Finanzdienstleistungen, Asset Manage- ment, Kapitalmarkt- und Portfoliotheorie. Vor zehn Jahren wurde er zusätzlich zum Dekan der Fakultät Wirtschaft und Recht berufen. Webersinke ist Aufsichtsrat mehrerer Finanzunternehmen sowie Mitglied in Anlageausschüssen und Beiräten von Spezial- und Publikumsfonds.

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