FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

210 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 vertrieb & praxis I genderspezifische beratung Foto: © Maxkrasnov | Dreamstime.com V erhaltenspsychologi- sche Muster zu ken- nen und zu erken- nen, kann helfen, gravie- rende Fehler bei der Geld- anlage zu vermeiden. Da- rum geht es im Fachgebiet Behavioral Finance. Bei- spielsweise zeigt sich, dass die meisten Menschen in ihrem Depot einen Home Bias haben, also bevorzugt im ei- genen Land investieren. Berater müssen sich daher bemühen, Kunden von einer internationalen Di- versifikation zu überzeu- gen weil das langfristig einen posi- tiven Effekt auf das Risiko-Ren- dite-Profil hat. Zielgerichteter beraten Erschwert wird die Behavioral-Finance-ge- rechte Beratung allerdings auch dadurch, dass Frauen und Männer bei der Geldanlage unter- schiedlichen verhaltenspsychologischen Mu- stern folgen – zumindest im Durchschnitt. Da- her gilt es auch dies zu berücksichtigen, will man seine Kunden optimal beraten. Schließ- lich wäre es schade, wenn 50 Prozent der po- tenziellen Kundschaft – nämlich die Frauen – nicht passgenau in Finanzdingen beraten wür- den. Ein Beispiel gefällig? Laut einer Untersu- chung der Direktbank Consors auf Basis von rund 400.000 bei ihr geführten Privatkun- dendepots über das Kalenderjahr 2014 traden Frauen deutlich seltener als Männer – nämlich nur etwa halb so oft. „Im Jahr 2014 veranlassten männliche Depotkunden im Schnitt 1,6 Transaktionen im Monat, Frauen nur 0,9 – jeweils ohne die Berück- sichtigung von Sparplänen“, erklärt Jörg Neumann, Director Business Intelligence der Consorsbank. Schlussfolgerung für die Praxis: Geht es in einem Anlagegespräch mit einer Kundin um eine fondsgebundene Lebensversicherung, ist es nicht hilfreich, damit zu argumentieren, dass bei dieser Police zehn kostenlose Fondswechsel im Jahr möglich sind. Vielmehr wäre es ange- bracht, auf das ebenfalls angebotene gema- nagte Fondsdepot einzugehen. Individuelle Aufklärung Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien zum unterschiedlichen Anlageverhalten von Frauen und Männern. Anne Connelly, Marketing- chefin für die EMEA-Region beim Fonds- analysehaus Morningstar, kennt viele solcher Untersuchungen aus ihrer Arbeit für die Fondsfrauen, einem kürzlich gegründeten Frauennetzwerk für die Investmentbranche. „Es lohnt sich durchaus, in der Beratung auf die un- terschiedliche Wahr- nehmung von Geld- themen bei Frauen und Männern zu ach- ten“, sagt sie. Nicht von ungefähr konn- ten sich Beraterinnen wie Hel- ma Sick, Heide Härtel-Herr- mann, Birgit Willberger oder die Damen, die sich unter der Marke Finanzfach- frauen zusammenge- schlossen haben, länger in der Finanzbranche halten als viele Männer. Sie kennen die speziellen Bedürfnisse von Frauen und gehen darauf ein – das führt zu einer guten Kundenbindung. Laut der US-Studie „Power of the Purse“ vom September 2014, die von zahlreichen großen Finanzhäusern gesponsert wurde, haben 75 Prozent der Frauen unter 40 in den USA überhaupt keinen Finanzberater. Und zwei Drittel der befragten Damen fühlen sich von ihrem Berater schlecht verstanden. Aber worauf genau legen Frauen bei der Beratung Wert? „Frauen wollen eine sachliche Aufklärung; sie wollen als Person erkannt und akzeptiert werden. Die Beraterin soll sich dafür interessieren, wie sie lebt und was sie braucht“, erklärt Helma Sick, Gründerin des Finanzberatungsunternehmens Frau & Geld. Ihre Erfahrungen aus fast 30 Jahren Beratung weiblicher Kunden hat sie kürzlich in einem Buch veröffentlicht. Der Titel: „Ein Mann ist keine Altersvorsorge: Warum finanzielle Unabhängigkeit für Frauen so wichtig ist.“ Frauen brauchen Rendite Sick ist bewusst, dass Geld für viele Frauen kein attraktives Thema ist. Dabei bräuchten gerade sie eine solide Finanzpla- nung: „Frauen verdienen auch heute noch im Schnitt weniger als Männer. Sie leben aber länger, brauchen also im Alter mehr Geld. Und sie haben, wenn sie sich für Kinder entscheiden, keine durchgängige Dass Frauen und Männer anders anlegen, dürfte bekannt sein. Aber nur wer die Unterschiede wahrnimmt, kann sie im Beratungsgespräch auch berücksichtigen. Der kleine Unterschied Männer spekulieren gern,  Frauen dagegen mögen es  lieber  konservativ. Solche Fest- stellungen sind mehr  als  reine Klischees. Depots der DAB-Privatkunden *Zertifikate, Optionsscheine, Genussscheine, Gold Quelle: DAB Bank; Stand: 31.12.2014 0 % 10 20 30 40 50 60 Sonstiges* Anleihen Investment- fonds Aktien Männer Frauen 54,4 % 50,8 % 33,1 % 37,20 % 7,9 % 7,9 % 4,8 % 3,3 %

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