FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015
236 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 vertrieb & praxis I fintechs Foto: © Inokos | Dreamstime.com W enn im Juli das „Henn-na Hotel“ im japanischen Sasebo in der Präfektur Nagasaki, gut zwei Flugstunden von der Hauptstadt Tokio entfernt, zum ersten Mal seine Tore für die Hotelgäste öffnet, dann wer- den keine Menschen am Empfang sitzen, son- dern humanoide Roboter. Maschinen, die die Hotelgäste dreisprachig begrüßen, deren Gepäck tragen und die Hotelzimmer sauber machen. Die Zimmertüren öffnen sich per Gesichtserkennung – nur wer sich dafür nicht fotografieren lassen will, erhält eine her- kömmliche Schlüsselkarte. „Wir werden das effizienteste Hotel der Welt eröffnen“, erklärte Hideo Sawada, Chef der Betreibergesellschaft, stolz gegenüber der Tageszeitung „Japan Times“. Nach den Plänen von Sawada und seinen Mitarbeitern sollen in Zukunft mehr als 90 Prozent der Hoteldienstleistungen von Ro- botern erledigt werden. Was eine solche Ent- wicklung auf Dauer für die Arbeitsplätze in der Hotelbranche bedeuten wird, kann sich jeder leicht ausrechnen. In anderen Branchen sieht es kaum ermutigender aus. Die ING- Diba hat vor Kurzem in einer Studie vorge- rechnet, dass von 30,9 Millionen sozialversi- cherungspflichtig und geringfügig Beschäftig- ten in Deutschland rund 60 Prozent aufgrund fortschreitender Robotisierung um ihren Ar- beitsplatz fürchten müssen. Ganz so arg sieht es in der Finanzdienst- leistungsbranche wohl noch nicht aus. Aller- dings belegt eine zunehmende Zahl von so- genannten Fintech-Unternehmen, dass eine fortschreitende Digitalisierung auch hier nicht mehr aufzuhalten sein wird. Start-ups wie Vaamo, Wikifolio oder Moneymeets setzen im Grunde schon heute darauf, dass es künf- tig immer seltener unbedingt eines echten Menschen bedarf, um Anleger, Versicherte und Kreditkunden auch in Finanzfragen zu beraten. Wirklich erfolgreich arbeiten bisher aber eigentlich nur Vergleichsportale wie Finance- scout24 oder Check24, die von den Nutzern vor allem für die Suche nach einer günstigen Versicherung eingesetzt werden. Doch auch die haben immer noch ein Problem: Zwar steigen deren Kosten für Unterhaltung und Neubeschaffung von teurer IT und entspre- chender Schnittstellen. Nur wachsen auf der anderen Seite die Einnahmen nicht so wie erhofft, weil viele User sich zwar über die Vergleichsergebnisse freuen, dann aber doch über einen Berater oder direkt bei der Versi- cherung abschließen – ein Effekt, der gemein- hin als „Ropo“-Effekt bezeichnet wird. Die Abkürzung steht für „research online – pur- chase offline“ und beschreibt auf diese kurze Formel gebracht einen Effekt, den Markus Kruse, Geschäftsführer der Assekurata Solu- tions, so beschreibt: „Das Internet spielt auf der Reise des Kunden zum Versicherungspro- dukt eine sehr große Rolle, stellt allerdings primär noch ein Informationsmedium dar.“ Der Versicherungsabschluss erfolge jedoch immer noch größtenteils über den Versiche- rungsvermittler oder direkt über das Versiche- rungsunternehmen. Verzahnung findet nicht statt Dabei fällt allerdings auf, dass eine Verzah- nung von Offline- und Online-Welt bisher noch überhaupt nicht stattfindet. Für eine neue Zeitrechnung in dieser Hinsicht will dem- nächst ein Unternehmen namens Treefin sor- gen. Mehrheitsaktionär der in München an- sässigen Firma ist Fundsaccess. Dieses vor rund zehn Jahren aus der damals noch existie- renden Inter-Fonds hervorgegangene Soft- warehaus stellt hierzulande den Marktführer für elektronische Beratungsprozesse bei Ver- mögensanlagen. Die Systeme von Funds- access sind bei mehr als 50 Kunden – darun- ter Maklerpools, Haftungsdächer und Vermö- gensverwalter, aber auch Banken und Ver- sicherungen – im Einsatz und werden von inzwischen mehr als 20.000 Finanzberatern genutzt. Immerhin jeder vierte IFA in Deutschland gehört zu den Anwendern. Mit ihrem Tochterunternehmen Treefin wollen Reinhard Tahedl, Vorstandschef von Fundsaccess, und sein Kollege Andreas Gensch, gleichzeitig auch Vorstand der Tree- fin, nun ganz neue Wege beschreiten. Wie die Firma selbst heißt eine neue Software- anwendung, die als persönlicher Finanzassis- tent alle Konten, Versicherungen und Kapital- anlagen eines Nutzers in einer App zusam- menfasst. Das macht das System, das über alle mobilen Endgeräte oder auch den Desk- top zugänglich sein wird, bisher einzigartig Ein Softwareentwickler und ein Internetanbieter machen vor, wie Online- und Offline-Welt in der Finanzberatung miteinander verbunden werden können. Neue Schnitt stellen Die Sorge, dass automatisierte Prozesse die Finanzberatung ganz ersetzen könnten, ist wohl übertrieben. Ein Teil des Geschäfts wird der Vertrieb aber an Online-Anbieter verlieren. Daher ist es sinnvoll, sich an diese anzuschließen.
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