FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015
242 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 vertrieb & praxis I vir tuelle währungen Foto: © Anke Dembowski B itcoins haben eine steile Karriere hinter sich: Vom Nischenphänomen haben sie es bis in die Tagesschau geschafft. In der Fondswelt waren sie bislang zwar noch kein Thema, aber auch das könnte sich ändern. So stellte etwa der luxemburgische Fondsverband Alfi auf seiner Frühjahrskon- ferenz eine der Podiumsdiskussionen unter den Titel „Virtuelle Währungen in Fonds“. Dass diese Diskussion ausgerechnet in Lu- xemburg aufgegriffen wird, ist nicht erstaun- lich, denn dort hat sich in den vergangenen Jahren die E-Money-Industrie etabliert. Seit 2007 ist Paypal im Großherzogtum ansässig, und auch die japanische Rakuten und die Otto Group mit Yapital setzen auf den Kleinstaat. Darum scheint es durchaus denkbar, dass virtuelles Geld eines Tages auch im Fonds- bereich Berücksichtigung findet. Virtuelle Währungen sind, anders als E-Money, nicht unbedingt an „echtes“ Fiatgeld gekoppelt. Günstige Geldtransfers Prominenter Teilnehmer der Podiumsdis- kussion war Jean-Louis Schiltz. Der Luxem- burger Rechtsanwalt, der sich häufig mit Technologiefragen beschäftigt, war von 2004 bis 2009 als Minister im Kabinett der Regie- rung für Medien, Telekommunikation und Internet zuständig. Dort hat er für Wettbewerb im damals völlig veralteten Luxemburger Telefonmarkt gesorgt. „Kurzfristig sehe ich zwei große Anwendungsbereiche für virtuelle Währungen“, sagt Schiltz. „Der wichtigste sind Geldtransfers. Ein Geldtransfer nach Afrika dauert heute rund eine Woche und kostet zehn Prozent und mehr. Wenn Sie Euro in Bitcoins wechseln, diese nach Senegal sen- den, dort Bitcoins in Francs CFA umwandeln, dann geht das in wenigen Minuten und Sie haben so gut wie kein Settlement-Risiko.“ Als zweiten Anwendungsbereich erwähnt er die Vereinfachung von Zahlungsströmen. Wäh- rend daran heute mehrere Intermediäre betei- ligt seien, glaubt er, dass es bald billigere und effizientere Lösungen geben wird. Schiltz kann sich durchaus vorstellen, dass auch Fonds eines Tages in virtuelle Währun- gen investieren, selbst wenn regulatorisch noch viel Arbeit zu leisten sein wird. „Aber machbar ist das schon“, ist er überzeugt. Auch im elektronischen Vertrieb von Fondsanteilen sieht er Chancen. Regulierung an der Schnittstelle Spannend wird es an den Schnittstellen zwischen virtueller und Fiatwährung. Sobald die Bitcoin-Welt mit der realen Finanzwelt in Berührung kommt, wird wohl die Finanz- marktregulierung greifen. Für Firmen, die an dieser Schnittstelle tätig sind, wird beispiels- weise auch die „Know your Customer“-Regel greifen, während man sich in der virtuellen Welt noch in unregulierten Sphären bewegt. Schiltz hat bereits durchgespielt, was vir- tuelle Währungen für die Depotbanken bedeu- ten könnten: „Sobald ein Fonds in eine vir- tuelle Währung investiert, muss es eine Depotbank geben, die das abwickelt. Sowohl bei OGAWs als auch bei AIFs muss die Depotbank sicherstellen, dass die Bitcoins auch wirklich dem Fonds gehören und der Fonds darüber die rechtliche Handhabe hat.“ Er vergleicht das mit Kunstfonds. Auch da muss eine Depotbank sicherstellen, dass die Kunstwerke wirklich dem Fonds gehören. Denkt man an die oft behäbig erscheinen- den Depotbanken, klingt das nach einem fast zu sphärisch anmutenden Projekt, aber Schiltz ist zuversichtlich: „Das muss die Depotbank nicht unbedingt selbst tun. Es gibt speziali- sierte Firmen, die der Depotbank bestätigen könnten, dass die Bitcoins im Namen des Fonds registriert sind und die Depotbank darüber eine Handhabe hat.“ Er vermutet, dass die Branche Versicherungslösungen ent- wickeln wird, um das Risiko der neuen Tech- nik zu begrenzen. „Ich glaube nicht, dass es in den nächsten Jahren einen Fonds geben wird, der in virtuelles Geld oder andere neue Assets investiert, wenn nicht ein Versiche- rungselement hinzukommt.“ In der Podiumsdiskussion war man sich allerdings einig, dass es wohl noch eine Weile dauern werde, bis es in Europa Fonds gibt, die in virtuelle Währungen investieren. Die Teil- nehmer verwiesen auf erste Gehversuche von Bitcoin-Fonds in den USA, allerdings seien die Volumina noch vernachlässigbar. Paypal als Warnung Beim Bezahlen dagegen könnten virtuelle Währungen auch in Europa relativ rasch eine Rolle spielen. „Wenn Sie heute über das Inter- net einkaufen, haben Sie verschiedene Bezahl- möglichkeiten: Kreditkarte, Lastschrift, Direkt- überweisung etc. Ich kann mir vorstellen, dass wir künftig auch die Zahlungsmöglichkeit Bit- coin anklicken können“, wagt Schiltz einen Blick in die etwas nähere Zukunft. In diesem Fall hätten virtuelle Währungen die Funktion einer neuen Zahlungsmethode. Dass virtuelle Währungen unser bestehen- des Fiatgeld ablösen, glaubt Schiltz allerdings nicht; vielmehr rechnet er mit einer Koexis- tenz: „Sie telefonieren heute ja auch über das Festnetz, nutzen aber außerdem Ihr Handy, Skype und sonstige Internetmöglichkeiten.“ Als Investment mögen Bitcoins noch Zu- kunftsmusik sein, beim digitalen Vertrieb von Fondsanteilen dagegen werden virtuelle Währungen schon bald eine Rolle spielen, so Schiltz. „Wenn die traditionellen Transfer Agents bei den virtuellen Währungen nichts bieten, werden schnell andere Spieler kom- men. So wie damals die traditionellen Banken über Kreditkarten hinaus keine elektronischen Zahlungssysteme angeboten haben, und auf einmal gab es Paypal.“ ANkE DEmBoWSkI | FP Noch spielen virtuelle Währungen in der Fondswelt keine Rolle, weder als Investment noch als Zahlungsmöglichkeit. Doch das könnte sich ändern. Bitcoins im Fondsmantel Jean-Louis Schiltz, Rechtsanwalt: „Es gibt spezialisierte Firmen, die der Depotbank bestätigen könnten, dass die Bitcoins im Namen des Fonds registriert sind.“
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=