FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015
Investoren auch zu tragen bereit sind. Dafür liefen die Solarfonds zuletzt besser als erwartet. Wichtig ist, dass bei uns die gängige Korrelation von Risiko und Rendite nicht immer gilt. Unsere Kunden gehen oft bewusst ein hohes Risiko ein, weil sie etwas ver- ändern wollen, und verzichten von vornherein auf Rendite. Über ein Genussrecht haben viele unserer Kunden zum Beispiel Sekem unterstützt, eine landwirtschaftliche Initia- tive in Ägypten, die ein Stück Wüste zur Oase gemacht hat und dort Gewürze, Tee, Le- bensmittel und Baumwolle anbaut. Da waren die vergan- genen Jahre schon politisch schwierig. Als das Genussrecht kürzlich auslief, haben den- noch fast alle Kunden ihr Investment verlängert. Ein an- deres Beispiel ist der vor fünf Jahren initiierte Bio-Boden- fonds, bei demAnleger in ökologisch bewirt- schaftete Ackerflächen investieren. Die ent- sprechenden Genussscheine laufen unbefristet, bieten nur zwei Prozent Zinsen und lassen sich kaum handeln. Dennoch war die Nach- frage unserer Kunden enorm, einfach weil sie damit einen Beitrag gegen die Spekulation mit Ackerflächen leisten können. Wir hatten die zehn Millionen Euro Emissionsvolumen nach nur drei Wochen platziert. Und welche Rolle spielen Aktien, Renten und Investmentfonds in den Depots? Mit dem klassischen Wertpapiergeschäft haben wir erst nach der Übernahme der Öko- bank 2003 begonnen, die Ökoworld-Fonds vertrieben hatte. Die Wertpapierberatung haben wir zunächst nur wohlhabenden Kun- den angeboten, später haben wir auch die Berater in den Filialen geschult. Vor fünf Jahren, nach Auflage des Fair World Fonds, kam die telefonische Beratung hinzu, also auch für Kleinanleger. Wie hat sich die Zahl Ihrer Anlagebe- rater in den vergangenen Jahren denn entwickelt? Im Vermögensmanagement habe ich vor zehn Jahren mit nur einem Berater angefangen, in- zwischen sind es 13. Für das Breitengeschäft arbeiten in den Filialen jeweils drei bis fünf Berater. Das reicht aus, weil sich die Kunden inzwischen sehr intensiv im Internet informie- ren. Außerdem wird die telefonische Beratung genutzt. Dort sind wir mit neun Beratern gestartet, jetzt sind es über 40. Ihre Berater und auch die Führungskräfte der Bank beziehen ein Festgehalt, einen Bonus gibt es nicht. Irgendeine Form von Incen- tives muss man im Vertrieb aber doch bieten, oder? Ich bin froh, dass Sie diese Frage stellen, denn das ist eines der wesentlichen Merk- male unserer Bank: Wir zahlen keinen Bonus. Die GLS hat eine transparente Einkom- mensordnung, in der geregelt ist, wer wie viel verdient. Da- rüber wissen übrigens auch die meisten Bewerber schon bestens Bescheid. Sie wissen also, worauf sie sich einlassen, bevor sie zum Vorstellungsgespräch kommen. Unsere Berater brauchen kei- nen Bonus. Sie identifizieren sich stark mit der Bank, die intrinsische Motivation ist enorm hoch. Ein Produktverkauf im klas- sischen Sinn findet bei uns ja gar nicht statt, unsere Kunden sind vielmehr froh, wenn wir eine Möglichkeit gefunden haben, wie sie ihr Geld sinnvoll investieren können. Kürzlich habe ich in Berlin mit einer Grünen- Politikerin diskutiert, die die Provisionsbera- tung verteufelt hat. Da habe ich entgegnet: Weil unseren Mitarbeitern der extrinsische Anreiz fehlt, Produkte zu verkaufen, können sie fair beraten – obwohl die GLS Bank Pro- visionen über ihr Wertpapiergeschäft erhält. Warum stellen Sie dann nicht gleich auf Honorarberatung um? Vor diesem Thema habe ich großen Respekt. Für mich heißt Honorarberatung, dass sie vollständig unabhängig ist. Wir können aber nicht unabhängig beraten, weil wir wegen unserer sozial-ökologischen Ausrichtung im- mer ein Empfehlungsportfolio haben werden. Außerdem sehen viele der am Markt verbrei- teten Honorarmodelle eine laufende Gebühr vor – unterm Strich ist das meiner Meinung nach das Gleiche wie eine Bestandsprovision. Da ist vieles nur eine Scheindebatte. Dazu kommt, dass es sehr anspruchsvoll ist, eine Bank im laufenden Geschäft auf ein neues Vergütungssystem umzustellen. Das wirtschaftliche Risiko wäre enorm. Und letztlich müssen auch wir profitabel arbeiten. Thomas Goldfuß: „Die wohlhabenden Kunden und Stiftungen, die bei uns betreut werden, haben mehr als die Hälfte ihres Geldes in Bankeinlagen und GLS-Anteilen investiert.“ bank & fonds I thomas goldfuß | gls bank 260 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 » Letztlich müssen auch wir profitabel arbeiten. Vom Idealismus allein können wir nicht leben. « Thomas Goldfuß, GLS Bank Foto: © Frank Zarges Thomas Goldfuß Thomas Goldfuß arbeitete viele Jahre in Fach- und Füh- rungsfunktionen bei einer deutschen Großbank, als selbst- ständiger Berater und in einem Unternehmen der Erneuer- bare-Energien-Branche, bevor er 2005 zur GLS Bank kam. Der Bereichsleiter Vermögensmanagement und Treasury ist Mitglied des Kriterienausschusses des Fair World Fonds und Vorsitzender des GLS-Anlageausschusses. Dieses Gremium entscheidet anhand strenger Positiv- und Negativkriterien darüber, welche Investments für Kunden und Eigenanlagen der Bank in Frage kommen. In Bochum hat Goldfuß mit seiner Familie und Freunden eine Selbstversorgerinitiative ins Leben gerufen. „Zwi- schen Gemüsebeet, Bienenstock, Gewächshaus und Hühnerstall kann ich mich gut entspannen“, sagt er.
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