FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015
fonds & versicherung I transaktionskosten Foto: © Christoph Hemmerich Die Versicherer haben auf eine Studie zu Transaktionskosten von Fonds reagiert. Mancher Anbieter will die Kennzahl nun in seinen Selektionsprozess integrieren. Schleppender Erkenntnisgewinn D ie Transparenz hinsichtlich der tatsäch- lichen Kosten eines Finanzprodukts steht auf der Liste neuer Vorschriften für die Anbieter von Investmentfonds und Fondspolicen ganz oben. Seit infolge der Fi- nanzkrise eine Regulierungswelle über die Branche hinwegrollt, ist die frühere Preis- gestaltungsfreiheit Geschichte. Und dass es der deutsche Gesetzgeber dabei ernst meint, hat er spätestens mit dem Verbot von Fonds mit erfolgsabhängiger Vergütung in staatlich geförderten Anlageprodukten deutlich ge- macht. In Bezug auf Investmentfonds gehen die meisten Marktteilnehmer aber im Grunde auch heute noch davon aus, dass im Fonds- bereich mit der inzwischen zum Branchen- standard gewordenen Ver- öffentlichung der Total Expense Ratio (TER) im Prinzip alle Ko- sten offengelegt werden. Eine vom „Petersmann In- stitut für den un- abhängigen Fi- nanzberater“ aus Bensheim bei Frankfurt durch- geführte Studie aber hatte Ende vergange- nen Jahres zum er- sten Mal sy- stematisch belegt, dass mit der TER keines- wegs alle Kostenbestandteile transparent ge- macht sind (siehe auch Ausgabe 4/2014 ). Zur Erinnerung: Hartmut Petersmann, bis Herbst 2013 Mitglied des Partnerkreises im Bankhaus Metzler, hatte in einer umfangrei- chen Analyse offengelegt, dass die Transpa- renz in der Fondsbranche an einem wichtigen Punkt nie vorangekommen ist. Das betrifft die Darstellung der sogenannten Transaktions- kosten, die bei einem Fonds für An- und Verkauf der von ihm gehaltenen Wertpapiere anfallen. Zum Teil treibt dieser Posten die tatsächlichen Kosten deutlich nach oben, teil- weise auf mehr als das Doppelte der offiziell veröffentlichten TER. Erste Erfahrungen Nun liegen die ersten Erfahrungen vor, wie die Studienergebnisse in der Branche aufgenommen wur- den. „Die Reaktionen waren in höchstem Maße unterschiedlich, aber dennoch keineswegs über- raschend“, fasst Petersmann die Rückmeldungen aus dem Markt zusammen und ergänzt: „Oberflächliches Sales-Personal der Branche hatte von der Existenz geschweige denn von den Auswir- kungen dieser Kostenkomponente so gut wie keine Ahnung.“ Auf Seiten der Verantwortlichen in Fondsgesell- schaften und im Ver- trieb, die sich der Tragweite schon eher bewusst sei- en, habe man zum großen Teil bewusst weggeschaut oder die Stu- die geflissent- lich ignoriert. Petersmanns Fazit: „Wenn oberflächliche Marktintermediäre in der Fondsindustrie le- diglich auf die Vergangenheitsperformance ei- nes Fonds schauen und sich dabei für dessen Kostenstruktur nur als eine Art Indikator für die damit erzielbare Provision interessieren, dann gibt das eigentlich ein sehr trauriges Bild ab.“ Auf der anderen Seite habe es aber durchaus auch Reaktionen von verantwor- tungsvollen Marktteilnehmern gegeben, die die Ergebnisse der Analyse durchaus ernst nehmen und zum Teil sogar schon die ersten Schritte unternommen haben, um ihren Allo- kationsprozess entsprechend zu überarbeiten oder zu verändern. Versicherer reagieren „Besonders erfreulich war die Ansprache bei marktführenden Anbietern von fondsge- bundenen Versicherungen“, erklärt Peters- mann. Nachfragen der Redaktion bei entspre- chenden Anbietern bestätigen das. Als eine der Ersten hat die LV 1871 reagiert. „Die vor- liegende Studie hat uns durchaus eine Reihe von Anregungen hinsichtlich der Transparenz und der künftigen Entwicklung unseres Fondsangebots gegeben“, erklärt Nino Botsch, verantwortlicher Produktmanager bei der LV 1871, und ergänzt: „Wir nehmen das Thema jedenfalls sehr ernst.“ Die ersten Konsequen- zen aus den neuen Erkenntnissen haben die Leute um Botsch auch schon gezogen. Wir haben die neue Kennzahl „erweiterte TER“ bereits in den Fragebogen aufgenommen, den eine Fondsgesellschaft, die um die Aufnahme eines Fonds in das Anlageuniversum der Fondspolicen von LV 1871 bittet, in jedem Fall erst mal ausfüllen muss“, so Botsch. Intern werde bei der LV 1871 gerade darüber diskutiert, wie man die Kennzahl auch auf die Palette bereits aufgenommener Fonds anwen- den könne, eine Entscheidung dazu gibt es aber bisher noch nicht. Auch der Marktführer im Vertrieb von Fondspolicen über freie Berater hat reagiert. „Wir gehören aus meiner Sicht zu den we- nigen Gesellschaften, die die Kostenseite ei- nes Fonds schon seit Langem in den Selek- tionsprozess unserer Fondspolicen mit ein- beziehen“, erklärt Philipp Langer, Vertriebs- Hartmut Petersmann: „Die Reaktionen waren höchst unterschiedlich, aber keineswegs über- raschend.“ 292 www.fondsprofessionell.de | 2/2015
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