FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015
293 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 leiter beim Volkswohl-Bund in Dortmund. „Daher sind weitergehende Informationen über die tatsächliche Kostenbelastung, wie sie die Petersmann-Studie bietet, auf jeden Fall eine wichtige Zusatzinformation für uns.“ Wie strikt die Leute aus Dortmund das Thema Kosten in ihre Prozesse integriert haben, zeigt die Tatsache, dass ein Fonds, dessen Total Ex- pense Ratio (TER) bei mehr als zwei Prozent liegt, zunächst einmal vom Vorstand abgeseg- net werden muss, bevor er überhaupt eine Chance hat, in das Anlageuniversum des Fondspolicen-Marktführers im freien Vertrieb aufgenommen zu werden. Wie ein Getriebener Man sei als Anbieter einer Fondspolice mittlerweile wie ein Getriebener, und das gleich von zwei Seiten, erklärt Langer. Auf der einen Seite hätten die Fondsanbieter natürlich ein besonderes Interesse daran, dass ihre Produkte auf die Auswahlliste eines Ver- sicherers kommen. Auf der anderen Seite for- dere der Vertrieb regelmäßig die Aufnahme bestimmter, besonders beliebter Fonds. „Wo- bei gegen eine hohe TER an sich unter einer bestimmten Bedingung nicht einmal etwas einzuwenden ist“, so Langer, der weiter erläu- tert: „Es muss dann eben anhand der bisheri- gen Performanceergebnisse zu erkennen sein, dass diesen höheren Kosten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch ein nachhaltig über- durchschnittliches Anlageergebnis gegenüber- steht.“ Die Informationen aus der Petersmann- Studie werden bei der Entscheidungsfindung im Volkswohl-Bund künftig offenbar eine we- sentliche Rolle spielen. Nicht umsonst haben sich die Verantwortlichen in Dortmund sogar dazu bereit erklärt, sich finanziell an künftigen Updates der Analyse zu beteiligen. Erstaunliche Unterschiede Ähnlich wichtig nimmt die Nürnberger Ver- sicherung das Thema Kosten. Das Unterneh- men lässt sich neuerdings regelmäßig Kosten- strukturanalysen von Fonds vorlegen, weil diese mindestens so wichtig sind wie die Ana- lyse der Risikostruktur oder die Performance- analyse. „Durch die Petersmann-Studie wurde zum ersten Mal die tatsächliche Höhe der Transaktionskosten von Fonds in einer um- fassenden Analyse ermittelt“, erklärt Jürgen Hansemann, Vorstand der Nürnberger Beam- ten Lebensversicherung und Leiter der Pro- duktförderung Leben in der Nürnberger Versicherungsgruppe. „Es war für uns schon erstaunlich, wie groß die Unterschiede in dieser Hinsicht tatsächlich sind.“ Vor allem hat den erfahrenen Versicherungsexperten er- staunt, dass in diesem Zusammenhang auch durchaus namhafte Gesellschaften auftauchen. Integration in Auswahlprozess „Wir werden die Daten, soweit sie für ent- sprechende Fonds schon verfügbar sind, künf- tig in unseren Fondsauswahlprozess integrie- ren“, ist Hansemann entschlossen. Die Fonds- selektion der Nürnberger für deren Fonds- policen basiert bisher auf den Ratings von Feri, ergänzt durch zwei Bedingungen: Die Fonds dürfen keine Performance Fee berech- nen, und die Höhe der Kosten sollte „unauf- fällig“ sein, wie Hansemann das ausdrückt. Er bleibt hier dabei deshalb so vage, weil es in dieser Hinsicht kein hartes Kriterium gibt. Als Faustregel lässt sich formulieren, dass die Kosten möglichst nicht allzu weit über dem Durchschnitt liegen sollten. Mit dem generel- len Ausschluss von Fonds mit Performance- gebühr habe man konsequenter als andere auf das 2014 geänderte Altersvorsorgeverträge- Zertifizierungsgesetz (Alt-ZertG) reagiert, wonach Fonds mit erfolgsabhängiger Ver- gütung in staatlich geförderten Neuverträgen (Riester, Rürup, bAV) nicht eingesetzt werden dürfen, erklärt Hansemann. Damit scheiden Vertriebsrenner wie die Fonds von Carmi- gnac, Flossbach von Storch und Ethenea bei der Nürnberger auch in den nicht geförderten Fondspolicen aus. Haftungsrisiken? Hartmut Petersmann freut sich natürlich über so viel Zuspruch, speziell aus der Versi- cherungswirtschaft. Insgesamt aber werde der Nutzen einer intensiveren Auseinandersetzung mit der Wahrheit der Kostenseite von Fonds nur sehr langsam erkannt. „Die Bequemlich- keit ist auch hier der größte Feind, sich mit dem Unbequemen zu beschäftigen“, so Pe- tersmann. Immerhin: Der Münchner Soft- wareanbieter Euro Advisor Services will die neue Kennzahl in sein bei Fondsberatern durchaus beliebtes Analyseprogramm FVBS aufnehmen. „Die meisten Vermögensverwal- ter und IFAs wissen einfach nicht um diesen Kostenfaktor“, sagt Euro-Advisor-Services- Geschäftsführer Dieter Fischer. „Das könnte für manch einen zu einer bösen Überraschung in Form von eventuellen Haftungsansprüchen seiner Kunden führen.“ HAnS HEUSER | FP Die Top Ten der Investmentfonds im Bestand der Fondspolicenanbieter Rang Anzahl Versicherer Volumen 2015 2013 Fonds Fondsgesellschaft absolut in % Feri Rating in Mio. Euro 1 2 Templeton Growth (Euro) A (acc) EUR Franklin Templeton 44 62,0 % (B) 7.699 2 5 Carmignac Patrimoine A EUR acc Carmignac Gestion 42 59,2 % (B) 27.118 3 1 Fidelity Funds – European Growth A-EUR Fidelity 41 57,7 % (C) 8.432 3 3 Carmignac Investissement A EUR acc Carmignac Gestion 41 57,7 % (C) 7.014 5 3 BGF World Mining A2 USD Blackrock 39 54,9 % 4.759 6 5 DWS Vermögensbildungsfonds I LD Deutsche Asset & Wealth Management 37 52,1 % (D) 7.334 7 19 DWS Top Dividende LD Deutsche Asset & Wealth Management 32 45,1 % (B) 13.852 8 7 M&G Global Basics A Euro Acc M&G Investments 31 43,7 % (E) 3.424 8 12 Ethna-Aktiv A Ethenea 31 43,7 % (B) 10.612 10 8 Fondak – A – EUR Allianz Global Investors 30 42,3 % (C) 2.128 Ausgewertet wurde der Bestand an Fonds in Versicherungspolicen von 71 Versicherungen Quelle: Feri Euro Rating Services, Stand 28. 2. 2015 Im Niedrigzinsumfeld nimmt die Komplexität der Fonds im Angebot fondsgebundener Versicherungsprodukte stetig zu, wie eine Analyse von Feri Euro Rating Services belegt. Profitieren konnten hiervon insbesondere ETFs und Multi-Asset-Fonds. Gleichzeitig mangelt es bei einem Großteil der angebotenen Fonds weiterhin an der Fondsqualität. Nur rund 46 Prozent des aktuellen Fondsangebots der Versicherer verfügt über ein Feri-Top-Rating von A (sehr gut) oder B (gut). Im Bestand der Versicherungen ist der Anteil an Fonds mit Top-Rating mit 41 Prozent sogar noch geringer. „Versicherer setzen in der Selektion weiterhin auf bekannte Produkte von großen Gesellschaften“, erklärt dazu Tobias Schmidt, Vor- standssprecher des Analysehauses. „Diese haben aber oft nur durchschnittliche oder schwache Ratings. Viele Versicherungen schenken der Qualität der von ihnen angebotenen Fonds zu wenig Beachtung.“ Dabei sei diese für die langfristig erzielbare Rendite des Versicherungsnehmers von zentraler Bedeutung. Immerhin habe sich die Qualität des Bestands gegenüber der letzten Untersuchung aus dem Jahr 2013 um fünf Prozentpunkte verbessert. Das Potenzial sei aber längst nicht ausgeschöpft.
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