FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

302 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 steuer & recht I infinus Foto: © Robert Michael für FONDS professionell D ie Bekanntmachungen im „Bundesan- zeiger“ strotzen oft vor Fachbegriffen, Zahlen und Aktenzeichen. Manchmal ist aber auch darin das pralle Leben zu finden – etwa in der Liste der Vermögenswerte, die die Staatsanwaltschaft bei den beschuldigten Infinus-Managern sicherstellen ließ. So erfährt man, dass Infinus-Vorstand Rudolf O. Mün- zen und Gemälde sammelte und goldene Manschettenknöpfe trug. Sein Kollege An- dreas K. häufte lieber Waffen an, etwa eine Glock 27 und einen Doppelbüchsdrilling von Heym. Kewan K., der dritte Vorstand der so- genannten „roten“ Infinus, fuhr einen Porsche Carrera – bis der bei einem Stand von 16.618 Kilometern beschlagnahmt wurde. Ulf Solheid, promovierter Jurist aus dem sächsischen Reichenbach im Vogtland, fand andere Details der im Februar 2014 veröffent- lichten Beschlagnahmeliste freilich interes- santer: Der Anlegeranwalt meldete im Namen eines MandantenAnsprüche auf mehrere Kon- ten und Grundstücke von fünf Beschuldigten an, denn deren Wert ist konkreter zu fassen als der einer Münz- oder Waffensammlung. Solheids Mandant hatte rund 75.000 Euro in Orderschuldverschreibungen der Infinus- Muttergesellschaft Future Business (Fubus) investiert und fordert nun Schadenersatz. Er ist einer von insgesamt rund 40.000 Anlegern, die dem Dresdner Finanzkonglomerat gut eine Milliarde Euro anvertraut hatten, als die Staatsanwaltschaft Dresden die Firmengruppe im November 2013 ausheben ließ. Sie vermu- tet eines der größten Schneeballsysteme in der Geschichte der Bundesrepublik. Nur wenige Wochen zuvor hatte FONDS professionell in einer Titelgeschichte von den fragwürdigen Goldgeschäften bei Infinus und Future Busi- ness berichtet (Ausgabe 3/2013). Die Fahnder ermitteln gegen zehn Männer aus dem Infinus-Umfeld. Fünf der Herren sit- zen seit nun anderthalb Jahren in Untersu- chungshaft. Das Oberlandesgericht Dresden kam bis dato bei jedem Haftprüfungstermin zu dem Ergebnis, dass die Beschuldigten wei- terhin unter dringendem Tatverdacht stehen. Derzeit bereitet die Staatsanwaltschaft die An- klage vor. „Ich halte es durchaus für möglich, dass der Strafprozess noch in diesem Jahr be- ginnt“, sagt Oberstaatsanwalt Lorenz Haase. Der Chef tritt als Zeuge auf Für Solheids Mandanten wird es schon früher spannend. Weil sich die fünf Infinus- Manager gegen den Arrestbeschluss wehrten, reichte der Anwalt Klage ein. Der Fall landete beim Landgericht Leipzig, das den Prozess – anders als von vielen Beobachtern erwartet – nicht aussetzen ließ, sondern durchziehen will. Oft ruht in derartigen Fällen der Zivilprozess zumindest so lange, bis der Strafprozess wich- tige Erkenntnisse gebracht hat. So hat auch das Landgericht Dresden die 35 Verfahren, die Anleger dort gegen die Beschuldigten ange- strengt haben, bis auf Weiteres ausgesetzt. Das Landgericht Leipzig will Solheids Klage da- gegen ausfechten lassen – stellvertretend für die rund 300 Zivilverfahren, die an seinem Gericht anhängig sind. „Aus Gründen der Prozessökonomie ist es sinnvoll, erst einmal ein Verfahren zu beenden und nicht alle 300 Prozesse parallel zu führen“, sagt Kai-Uwe Deusing, der Vizepräsident des Landgerichts. Außerdem wird es der erste Prozess sein, bei dem sich die Infinus-Oberen persönlich vor Gericht verantworten müssen. Beklagt sind neben den drei Vorständen der roten Infinus auch Jens P., Vorstand der „blauen“ Infinus, die die Fubus-Papiere vertrieben hat- te, und Siegfried B., der als Multi-Aufsichtsrat über zahlreiche Gesellschaften des Firmen- imperiums wachte. Fubus-Chef Jörg B., der Kopf des Konglomerats, wird als Zeuge ge- laden. Dass er nicht zu den Beklagten gehört, hat einen einfachen Grund: Er meldete weni- ge Wochen nach der Razzia Privatinsolvenz an – bei ihm ist nichts mehr zu holen. Völlig ahnungslos? „Die Beklagten werden wohl behaupten, völlig ahnungslos zu sein und von den Vor- gängen nichts gewusst zu haben“, sagt Sol- heid. „Doch damit werden sie nicht durch- kommen. Es spricht alles dafür, dass sie ge- meinschaftlich ein Betrugssystem aufgebaut haben.“ Solheid hatte zwar keine Einsicht in das ausführliche Wirtschaftsgutachten, auf das sich die Staatsanwaltschaft Dresden bei ihrer Anklage stützen wird. Doch der Anwalt kann auf den Erkenntnissen aufbauen, die Fubus- Insolvenzverwalter Bruno Kübler in monate- langen Recherchen gewonnen hat. Aus Küblers Bericht geht hervor, dass das Geschäftsmodell der Fubus offensichtlich schon seit vielen Jahren nicht mehr trug. Um die Misere zu überdecken, drehte das Unter- nehmen zunächst ein Provisionskarussell mit Lebensversicherungen. Im Herbst 2011 kamen die erwähnten Deals mit Edelmetall- sparplänen hinzu. Infinus-Vorstand Kewan K. räumte seinerzeit gegenüber FONDS pro- fessionell am Telefon ein, dass die Gold- geschäfte tatsächlich dafür gesorgt hatten, dass der Fubus-Gewinn so hoch ausfiel. Sol- heid: „Wenn er jetzt mit dem Argument der Ahnungslosigkeit Erfolg haben sollte, wäre das schon erstaunlich.“ BERnD MIKOSch | FP Bis der Strafprozess gegen die Köpfe des mutmaßlichen Betrugssystems beginnt, kann es noch dauern. Ein wichtiges Zivilverfahren startet aber schon im Juni. Infinus-Manager vor Gericht Die beiden Infinus-Vorstände Rudolf O. (links) und Kewan K. (rechts) müssen sich ab Juni vor dem Landgericht Leipzig verantworten. Jörg B. (Mitte), der Kopf des Dresdner Finanzkonglomerats, wird als Zeuge geladen.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=