FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2015
Für manche Marktbeobachter liegt die rege Investitionstätigkeit auf der Hand. „In Europa ist der Wohnungssektor der am besten perfor- mende Immobiliensektor der letzten Dekade, obwohl es signifikante Unterschiede in den Erträgen und bei den Performancetreibern zwischen den einzelnen Ländern und lokalen Märkten gibt“, berichtet Thomas Beyerle, Ge- schäftsführer der Catella Property Valuation. Im Vergleich zu den kommerziellen Anlage- objekten wie Büro und Einzelhandel sei das Risiko-Rendite-Profil ausgewogen. Den Boom des deutschen Marktes erklärt Beyerle unter anderem mit der hohen Nachfrage aus- ländischer Investoren sowie mit den steigen- den Mietpreisen bei Erstvermietungen und zu- nehmenden Kaufpreisen bei Neubauten in den Metropolen. Hohe Schlagzahl Im Wohnimmobiliensektor tummeln sich einige Fondsanbieter. Einer davon ist ZBI, die vor einem Jahr den AIF ZBI Professional 9 aufgelegt hat. Er soll bis zu 100 Millionen Euro Eigenkapital bei Anlegern einwerben, bis Ende August schaffte ZBI rund 60 Millio- nen Euro. Zusammen mit Fremdkapital wur- den 959 Wohneinheiten für insgesamt 100 Millionen Euro angeschafft. Die Hälfte des Portfolios ist in Berlin angesiedelt. ZBI-Vor- stand Marcus Kraft findet, dass Wohnungen ein „lohnendes Investment“ sind, denn: „Das relativ konstante Wachstum im Wohnimmo- bilienmarkt führt dazu, dass sich der Abstand zwischen Immobilienpreisanstieg und allge- meiner Inflationsrate vergrößert.“ Ein starkes Wachstum verzeichnet die Pro- ject-Gruppe, die in den ersten neun Monaten dieses Jahres 300 Wohnungen aus eigenen Neubauprojekten in Berlin, Hamburg, Frank- furt, Nürnberg und München verkauft und damit 118 Millionen Euro erlöst hat. Ende des Jahres sollen es 180 Millionen Euro nach 115 Millionen Euro im vorigen Jahr sein. Jede Menge Exits Zahlreiche Fonds haben die an sich gute Marktsituation für mehr oder weniger ertrag- reiche Veräußerungen genutzt. Wealthcap hat beispielsweise aus den Fonds HFS Deutsch- land 6 und HFS Deutschland 11 ein Objekt in Berlin beziehungsweise zwei Immobilien in Bielefeld verkauft. HIH hat Telekom-Gebäude in Halle/Saale, Erfurt und Aachen veräußert. Der Fonds 168 Factora von Hannover Lea- sing hat seine insgesamt 35 Liegenschaften des Landkreises Limburg-Weilburg verkauft. Ein Real-I.S.-Fonds veräußerte das problem- behaftete Bürogebäude „K-Lan“ in Düssel- dorf an Publity. Die ursprünglich nur auf einen Mieter ausgerichtete Immobilie musste ab 2012 neu positioniert und dabei für meh- rere Millionen Euro umgebaut werden. Pari- bus meldete den Verkauf des dreiteiligen Bürokomplexes der Deutschen Telekom in Hamburg-Harburg. In England haben sich Anleger von IVG-, Nordcapital-, Wealthcap- und Wölbernfonds von ihren Investitionen getrennt. Fonds des skandalumwitterten Hauses Wölbern haben sich zudem in Frankreich und Österreich von Immobilien getrennt. In den USA haben Wealthcap und BVT aus zwei Immobilien- fonds insgesamt acht Shoppingcenter veräu- ßert. KGAL und Sachsenfonds haben ebenfalls Objekte in Übersee verkauft. Risiken beobachten Die Stimmung im Immobiliengeschäft ist ausgelassen. Gleichwohl haben einige Markt- teilnehmer wenigstens in ruhigen Minuten ein paar Sorgenfältchen auf der Stirn. Weil viel mehr Kapital im Markt ist, als durch das Im- mobilienangebot abgedeckt werden kann, kaufen Investoren einerseits in einem enor- men Wettbewerb. Wer nicht sehr schnell han- delt und eine halbe oder eine ganze Jahres- miete draufzulegen bereit ist, kommt sehr oft nicht zum Zug. Egal, wie teuer die Immobilie auch ist, sie wird im gegenwärtigen Markt- umfeld immer einen Käufer finden. Andererseits sind neue Projekte durch stän- dig steigende Kosten zum Beispiel für die Grundstücksanschaffung und die Errichtung des Gebäudes teuer geworden. Das erhöht vor allem im Core- und Core-plus-Segment den Druck auf die Margen der Projektentwickler und auf die Renditen für die Investoren. „Es ist sehr viel Geld im Markt, und es wird we- gen des niedrigen Zinsniveaus noch mehr in den Markt kommen. Deshalb werden die Im- mobilien nicht billiger werden“, sagte CBRE- Mann Linsin auf der „Expo Real“. Er warnte aber auch davor, dass die Investoren die Risi- ken von Immobilieninvestments nicht außer Acht lassen dürfen. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Thomas Beyerle, Catella: „In Europa ist der Wohnungssek- tor der am besten performende Sektor der letzten Dekade.“ 154 www.fondsprofessionell.de | 4/2015 sachwerte I immobilien Foto: © Catella Vergleichsweise rentabel Transaktionsvolumen und Renditen Büros lohnen sich, weil ihre Renditen über jener der Bundesanleihe liegen. Quelle: CBRE, Bundesbank Q3 2015 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % 6 % 0 10 20 30 40 50 60 ’02 ’03 ’04 ’05 ’06 ’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14 ’15 Mrd. Euro Deutschland ges. (Mrd. Euro) Top 5* (Mrd. Euro) Spitzenrendite Büro (%)** 10-j. Bundes- anleihe (%) Handelsimmobilien gefragt Transaktionsvolumen nach Nutzungsart Die Investitionen in Handelsimmobilien sind überpro- portional gestiegen. Quelle: CBRE, Bundesbank Q3 2015 0 % 20 % 40 % 10 % 30 % 50 % sonst. Nutzung Grundstück Logistik/ Produktion Hotel Einzel- handel Büro Q1-Q3 2015: 38,1 Mrd. Euro 2014: 39,8 Mrd. Euro 2013: 30,4 Mrd. Euro Renditen im Sinkflug Bruttoanfangsrenditen bei Wohnimmobilien Bundesweit hält sich die Rendite einigermaßen, in den Städten sinkt sie weiter. Zahlenwerte von 2014. Quelle: JLL 9 % 8 % 7 % 6 % 5 % 4 % Deutschland 6,9 % Hamburg 4,9 % Berlin 5,4 % Düsseldorf 5,2 % Köln 5,1 % Frankfurt 5,3 % München 4,4 % ’05 ’06 ’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14
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