FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2015
mehr als ich.“ Daher bildet Kerken sich in Lehrgängen weiter und ist ständig im Internet unterwegs, um sich über neue Trends und Produkte auf dem Laufenden zu halten. „Das ist genau richtig“, erklärt Experte Reiter. Die Gen-Ys seien in Finanzdingen so gebildet und informiert, dass sie es als K.o.- Kriterium werten, wenn ihnen ein Berater et- was erklärt, was sie selbst längst wissen. „Ich brauche einem 30-jährigen Kunden nicht zu erzählen, dass er zum Beispiel bei einem Riester-Vertrag entweder eine staatliche Prä- mie oder eine Steuerersparnis bekommen kann“, sagt er. Stattdessen müsse der Berater sofort parat haben, welche Variante für den Kunden die geeignete ist. Doch mit gutem Fachwissen allein ist es nicht getan. Unabhängige Beratung punktet Der Trend geht zur Allfinanzberatung. „Wer in eine ganze Bandbreite von Anlageproduk- ten investiert, möchte natürlich alle Infos von einem Finanzprofi bekommen, wenn er über- haupt Rückfragen hat“, erklärt Reiter. Geld- institute haben die Zeichen der Zeit bereits er- kannt. Sie bieten ganzheitliche Finanzberatung an, für die Teams mit Experten aus vielen Produktsegmenten zur Verfügung stehen. Doch das ist für die Gen Y auch nicht der Weisheit letzter Schluss. „Es ist doch klar, dass die Institute in erster Linie ihre eigenen Finanzprodukte verkaufen wollen“, sagt Fre- derik Hertel. Was sich Young Professionals aber wünschen, ist eine unabhängige Beratung über viele Anlageklassen hinweg. „Der einzelne Finanzberater oder -vermitt- ler kann das nur schaffen, in dem er regelmä- ßig Fortbildungen besucht“, sagt Reiter. Ver- schiedene Akademien bieten zum Beispiel Zertifizierungslehrgänge zum Financial Plan- ner an. So etwa die Frankfurt School of Finance & Management in Frankfurt, das Pri- vate Finance Institute/EBS Finanzakademie (PFI/EBS) in Oestrich-Winkel oder die Euro- päische Akademie für Finanzplanung (EAFP), Bad Homburg. Solche Lehrgänge kosten Zeit und Geld. Aber sie werden in Zukunft unver- zichtbar, soll die Gen Y als Kundengruppe gewonnen und gehalten werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass sich mehrere Finanzberater in Netzwerken zu- sammenschließen. So können sie ihre Kom- petenzen bündeln und müssen sich nicht mit jedem einzelnen Anlageprodukt bis in alle Details perfekt auskennen. „Das ist grundsätz- lich gut“, sagt Alexander Zureck. Doch diese Variante birgt auch gewisse Fallstricke. „Young Professionals sind in ihren Jobs meist hoch motiviert, arbeiten viel mehr als 40 Stun- den in der Woche und wollen Beratungsge- spräche sehr zügig über die Bühne bringen.“ Daher mögen sie es gar nicht, wenn ihnen ihr Finanzberater am Ende des Gesprächs mitteilt, in einer gewissen Detailfrage kenne er sich nun doch nicht so gut aus und würde daher gern einen Experten aus seinem Netzwerk hinzuziehen. Bloß kein Anschlusstermin „Solche Anschlussgespräche sind für junge Kunden das Gegenteil von Zeitersparnis“, sagt Zureck. „Wenn sie das hören, sind sie zuerst genervt und im nächsten Schritt weg.“ Daher ist es gut, wenn auch Netzwerker vor einem Beratungstermin so viele Details wie möglich über über die berufliche und persönliche Si- tuation eines Kunden sammeln – und seine Vorstellungen kennen. Wenn dann gleich zwei oder drei Vollprofis in der einstündigen Telko oder Videokonferenz sitzen und sich die Infos gegenseitig nur so hin- und herwerfen, kommt das richtig gut an. Chancen für Anlageberater, die sich die Gen Y gewogen machen möchten, sieht er zu- dem bei komplexen Produkten. Dazu gehören etwa Berufsunfähigkeitsversicherungen, die genau auf den Bedarf des einzelnen Kunden zugeschnitten werden. „Darüber hinaus brin- gen sie den Vorteil, dass sie je nach veränder- ter Lebens- und Berufssituation angepasst werden müssen“, sagt Zureck. Und wenn der Berater seinen Job einmal gut gemacht hat, zeigen sich Young Professionals meist loyal. Erbe mit dem Profi planen Baufinanzierungen sind ebenfalls ein Pro- dukt, bei dem die Gen Y nach persönlicher Beratung sucht. Da der Wunsch nach der eigenen Immobilie groß ist, liegt hier Poten- zial für Finanzexperten. „Auch wenn große Vermögen gemanagt werden sollen, vertrauen die Young Professionals lieber einem Berater, als allein auf Online-Suche zu gehen“, sagt Zureck. In diesem Fall wenden sie sich sogar an die Eltern und ziehen einen vertrauten Experten zurate. Dasselbe gilt, wenn es darum geht, das Erbe zu planen. Daher ist es für Finanzberater und -vermittler auf jeden Fall eine Überlegung wert, sich zum Nachlass- planer ausbilden zu lassen. „Nicht zuletzt kann auch die Spezialisie- rung auf einzelne Berufsgruppen eine Mög- lichkeit sein, sich die Gen-Ys von heute zu Kunden von morgen zu machen“, gibt der Experte zu bedenken. Immerhin herrsche et- wa bei jungen Ärzten ein ganz anderer Bera- tungsbedarf als etwa bei angehenden Unter- nehmern oder Führungskräften in Konzernen. Frederik Hertel schaut auf sein Smartphone. Dann schreibt er, fast als wäre es ihm ein biss- chen peinlich, schnell eine Nachricht. „Ich musste nur meiner Freundin gerade mal mit- teilen, dass ich später komme“, sagt er. Und präzisiert nach einem kurzen Zögern: „Meiner Verlobten.“ Und da ist es wieder, das Klischee von der Gen Y. ANDREA MARTENS | FP Young Professionals sind loyale Kunden Würden Sie Ihren Finanzberater an Freunde weiterempfehlen? Haben Kunden, die zur Gen Y gehören, einmal Vertrauen zu ihrem Finanzberater gefasst, teilen sie ihn gern. 2014 gaben 70 Prozent an, sie würden ihren Berater weiterempfehlen, 2013 waren es allerdings noch 78 Prozent. Quelle: isf/FOM Hochschule 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % Keine Angabe Nein Ja 70 % (-8) 29 % (+7) 1,1 % (+1,1) 3 Skepsis gegenüber Honorarberatung Sind Sie bereit, für die Finanzberatung ein Honorar zu zahlen? Zwar möchten Gen-Y-Kunden gern unabhängig informiert werden, von Honorarbera- tung hält aber nicht einmal die Hälfte etwas. 2013 und 2014 antworteten 43 Prozent, sie würden nicht auf diese Form der Beratung setzen. Quelle: isf/FOM Hochschule 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % Keine Angabe Weiß nicht Ja Nein 1 % (+1) 7 43 % (±0) 38 % (±0) 18 % (-1) 184 www.fondsprofessionell.de | 4/2015 vertrieb & praxis I finanzberatung für die „generation y“
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