FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2015

199 www.fondsprofessionell.de | 4/2015 dass in seiner Kanzlei vor allem Streitigkeiten über unklare oder fehlende Vertragsbedingun- gen im Bereich der Assekuranz landen. Ein Beispiel ist die Dokumentation der Ver- sicherungsvermittlung. Anders als bei Finanz- anlagenvermittlern ist im Versicherungsbe- reich nicht klar geregelt, wie ein Beratungs- gespräch dokumentiert werden muss. Die VSH-Versicherer behandeln die Dokumenta- tionspflicht daher unterschiedlich. Dem Spe- zialmakler Ratzke & Ratzke aus Dresden zufolge ist sie für einige Anbieter Vorausset- zung für einen Schutz vor etwaigen Schadens- ersatzansprüchen, für andere nur eine soge- nannte „Obliegenheit“. So etwa bei der VHV: „Im Fall einer fehlenden Dokumentation handelt es sich um eine Obliegenheitsverlet- zung, sodass dies bereits den Verlust des Ver- sicherungsschutzes bedeuten kann“, antwor- tete die Gesellschaft der Redaktion. Die Obliegenheit zählt zu den selbst unter Juristen gefürchteten Rechtsbegriffen. Anders als eine vertragliche Pflicht kann die Einhal- tung einer Obliegenheit nicht verlangt oder eingeklagt werden. Allerdings können bei einer Nichtbefolgung Nachteile entstehen. Im Versicherungsbereich kann die Verletzung einer Obliegenheit dazu führen, dass der An- bieter nicht für den Schaden eintreten muss. Wirth kritisiert solche Obliegenheitsklauseln: „Der VSH-Schutz wurde vor allem aus Ver- braucherschutzgründen eingeführt. Es wäre nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn sich die VSH aus der Verantwortung stehlen wür- de, nur weil eine Dokumentation nicht auf- findbar ist oder nicht stattgefunden hat.“ Obliegenheitsklausel Probleme mit einer solchen Klausel dürften vor allem Vermittler haben, die ihre VSH direkt bei einem der Versicherer abgeschlos- sen haben. Das dürfte bei etwa jedem zweiten Finanz- oder Versicherungsmakler der Fall sein, schätzt Torsten Rehfeldt, der ehemalige Geschäftsführer des Spezialmaklers Hans John, der bald ein neues Unternehmen grün- den will. Wer seine Police über einen VSH- Makler abgeschlossen hat, muss diese Klausel in der Regel nicht fürchten – die Spezial- makler, die der Redaktion auf die Fragen ant- worteten, verzichten meist auf entsprechende Regelungen. Ähnlich handhabt es der VSH- Versicherer Allcura. „Die Dokumentations- pflicht ist bei uns in den Pflichtversicherungen nicht geregelt“, sagt Allcura-Prokuristin Michaela Simon-Widmann. Somit fällt die Obliegenheitsklausel weg, es gelten ohnehin die gesetzlichen Bedingungen. Damit wird die Allcura einem Vermittler in einem Schadens- fall auch bei fehlerhafter Dokumentation bei- springen. Zumindest in aller Regel – Simon- Widmann verweist darauf, dass es bei ganz besonderen Umständen auch hier zu einer Ab- lehnung kommen kann, beispielsweise wenn ein Makler überhaupt nicht dokumentiert. Probleme kann auch bekommen, wer als Makler mit Erlaubnis nach Paragraf 34d Ge- werbeordnung Kunden gegen Honorar berät. „Die rechtlich zulässige Honorarberatung ist mitversichert“, heißt es bei Allcura. Gleich- lautende Antworten gaben Hans John Versi- cherungsmakler und Corporate Insurance. „Was ist aber ‚rechtlich zulässig‘?“, fragt Wirth. Einige Juristen meinen, 34d-Makler könnten sehr wohl auch Privatkunden gegen Honorar und ohne Vermittlungsabsicht bera- ten. Andere verneinen das. Wie der entspre- chende Paragraf auszulegen ist, sei gerichtlich noch nicht geklärt, sagt Simon-Widmann. Da- her ist es möglich, dass ein Makler bei einem Schadensfall, der aus einer reinen Beratung resultiert, im Regen stehen bleibt. Besondere Bedingungen Darüber hinaus berichtet Wirth, dass sich einige VSH-Versicherer mitunter weigern, für Neben- oder Zusatzdienstleistungen wie die Pflege der Originalversicherungsunterlagen die Haftung zu übernehmen. Die Spezial- makler werden daher nicht müde, darauf hin- zuweisen, dass die AVBs für Haftpflichtpoli- cen sowie die jeweiligen Zusatzbedingungen nur ein Grundkorsett darstellen. „Bei der Wahl der VSH sollten Vermittler grundsätzlich darauf achten, dass das Bedin- gungswerk nicht nur die gesetzlichen Min- destanforderungen erfüllt“, rät Marc Hinrich- sen, Geschäftsführer von Hans John Versiche- rungsmakler. Jeder Vermittler, ob für Finanz- oder Versicherungsprodukte, sollte darauf ach- ten, dass die konkreten Dienstleistungen, die der Vermittler für seine Kunden erbringt, ab- gesichert werden. „Dies ist ohne die Verein- barung besonderer Bedingungen und Klauseln nicht möglich“, so Hinrichsen. Schutz für die Vergangenheit Auch für Probleme in der Vergangenheit, etwa unzureichende Versicherungsbedingun- gen oder zu niedrige Deckungssummen, gibt es eine Lösung: die nachträgliche Anpassung der Bedingungen mit Rückwirkung, sodass auch diese Schäden er- fasst werden. Rehfeldt schränkt aber, dass eine solche Rückwärtsversi- cherung für Finanzanla- genberater, die geschlos- sene Fonds vermittelt ha- ben, unmöglich ist: „Kein Versicherer möchte dieses Risiko tragen.“ JENS BREDENBALS | FP Normann Wirth, Rechtsanwalt: „Der VSH-Schutz wurde vor allem aus Verbraucherschutzgründen eingeführt.“ Ausgewählte VSH-Makler Firma Webseite Deckungskonzepte / kooperierende Risikoträger Ratzke & Ratzke Versicherungsmakler www.rrvm.de Mehrere Konzepte; Risikoträger: Allcura, Allianz, Axa, Liberty, R+V Corporate Insurance Versicherungsmakler www.corporate-insurance.de Vier Konzepte, darunter mit Axa, Liberty und Ergo Hans John Versicherungsmakler www.haftpflichtexperten.de Vier Konzepte; Risikoträger: Allcura, Allianz, Ergo, R+V Schutzvereinigung dt. Vermittler (SdV) www.sdv-online.de Fünf Konzepte inkl. „VSH-Rückwärtsdeckung“ und „Ruhestandspolice“ Conav Consulting 1 www.conav.de Drei Konzepte ATS Finanzservice www.finanzgruppe.com Ein Grundkonzept; Risikoträger: Allianz Nordias Versicherungsmakler www.nordias.de Ein Grundkonzept Domcura www.domcura.de Vier Konzepte; Risikoträger: Allianz, Allcura, Ergo, R+V Dannenberg Finanz Gesellschaft www.dannenberg-makler.de k.A. Assist-VSSR Assekuranz www.assist-assekuranz.de Drei Konzepte, Risikoträger: Axa 1 Conav-Geschäftsführer Ralf Werner Barth bietet VSH-Policen auch über die Vereinigung zum Schutz für Anlage- und Versicherungsvermittler (VSAV) an. Quelle: Anbieter

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