FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2015

nach Möglichkeiten einer lukrativeren Geld- anlage suchen, die ihnen mehr bietet als eine Nullverzinsung auf dem Bankkonto. Die Ma- gerzinsen setzen auch Investoren unter einen gewissen Druck, nach attraktiveren Invest- ments Ausschau zu halten, die sie zum Teil eben in den Fintechs zu finden glauben. Die ständige Verfügbarkeit des Internets führt gleichzeitig dazu, dass natürlich das Interesse an den Fintechs als superspannendes Thema wächst, nicht nur weil es nahezu jede Woche neue Ideen und Konzepte gibt, sondern weil bei Privatanlegern wie auch Investoren zu- nehmend die Bereitschaft besteht, solche An- gebote aus den jeweils genannten Gründen für sich zu nutzen. Ein solches Interesse war in den vergangenen Jahren nach der Finanz- krise und mit extrem niedrigen Zinsen auf dem Bankkonto ein wenig verloren gegan- gen. Lange Zeit hatten beim Thema Banking die Juristen und Ökonomen in der Bank die Oberhand, und es ging vor allem um Regu- lierungsthemen. Mit dem Aufkommen der Fintechs haben wir nun endlich einmal wie- der spannende Themen. Johannes Cremer (Moneymeets): Was die Motivation der Investorenseite angeht, würde ich Ihnen durchaus zustimmen mit Blick auf die Zinsspanne als wesentlichem Treiber. Vor allem die sogenannten Len- ding-Start-ups haben davon profitiert, wenn man bedenkt, dass ein Lebensversi- cherer wie Aegon 150 Millionen Euro in eine Crowdlending-Plattform wie Aux- money investiert, weil er sich davon eine bessere Rendite erhofft, als er sie am Ka- pitalmarkt erzielen würde. Gleiches gilt für einen Investor wie das US-Unterneh- men Victory Park Capital, das bis zu 230 Millionen Euro in den Kreditmarktplatz von Zencap investieren will. Beides sind enorme Investments in eigentlich nichts anderes als die mögliche Suche nach günstigen Zinsen. Etwas differenzierter sehe ich den Aspekt der Regulierung. Denn das ist aus meiner Sicht keineswegs das langweilige Thema, das es auf den ersten Blick zu sein scheint. Ich war kürzlich auf einer Veranstaltung des Bun- desjustizministeriums, bei der es um Ver- braucherschutzthemen ging. Und es zeig- te sich, dass auch auf Seiten der Politik und der Verbraucherschützer ein erheb- liches Interesse besteht zu erfahren, in- wieweit gerade Fintechs einen Beitrag im Hinblick auf mehr Transparenz, kosten- günstigere Finanzprodukte oder einen besse- ren Überblick über die am Markt vorhande- nen Angebote leisten können. Auf Seiten der freien Berater mag Letzteres ja durchaus schon recht gut entwickelt sein. Die Banken aber tun sich immer noch extrem schwer damit, bank- oder produzentenübergreifend zu agieren beziehungsweise zu beraten. Lars Reiner (Ginmon): Gerade die Banken stehen dabei vor einem zweifachen Problem. Zum einen haben sie mit einem massiven Digitalisierungsstau zu kämpfen. Die techni- schen Systeme in den meisten Banken sind nicht nur veraltet, sie sind inzwischen auch so komplex geworden, dass eine Erneuerung dieser Systeme mittlerweile fast schon un- möglich erscheint. Nicht umsonst hat die Deutsche Bank ihr Projekt einer Erneuerung der IT-Systeme im Zusammenhang mit dem Verkauf der Postbank erst mal wieder auf Eis gelegt, auch weil man derzeit einfach nicht abzuschätzen vermag, welche Anforderun- gen ein entsprechend neues System erfüllen muss. Und diesen Digitalisierungsstau be- kommt am Ende natürlich der Kunde zu spüren, nicht nur in Form von immer noch extrem langwierigen Kreditvergabeprozes- sen, sondern auch durch eine mehr als unge- nügende Automatisierung im Geldanlage- bereich. Aber noch viel entscheidender ist aus meiner Sicht ein sehr viel bedeutenderer Grund für den Erfolg der Fintechs. Deren Angebot wird wirklich aus der Perspektive des Kunden heraus entwickelt, indem man versucht, ein Produkt so zu konstruieren, dass es letztlich einen maximalen Nutzen für den Kunden bringt. Gerade durch das Thema Robo-Advisory unterscheiden sich Unter- nehmen wie Ginmon oder Vaamo maßgeb- lich vom klassischen Angebot – sowohl im Hinblick auf Transparenz und Offenheit als auch durch maximalen Kundennutzen, indem man in der Wertschöpfungskette das weg- lässt, was eigentlich gar keinen Nutzen bietet und dem Kunden nur unnötig Kosten auf- bürdet. Das ist aus meiner Sicht der wich- tigste Unterschied eines Fintechs zum tradi- tionellen Angebot der Banken. Heuser: Wobei sich natürlich die Frage stellt, welche konkreten Modelle am Ende überleben und wie viele Anbieter wieder vom Markt verschwinden werden, weil sie jetzt einfach nur auf dieser Welle mit- reiten? Felix Brem (BN & Partners): Gerade weil Banken und die Finanzbranche generell zu jenen Sektoren in der Wirtschaft gehören, die inzwischen den größten Nachholbedarf auf- gebaut haben, muss man es eigentlich doch begrüßen, dass mit einem jetzt entstehenden Hype um die Fintechs viele neue Technolo- gien in den Markt getragen werden. Nur so wird diese Branche die Chance haben, eine Weiterentwicklung zu erfahren, wie sie die Reisebranche, die Flugbranche oder auch der Bekleidungshandel schon gesehen haben. Ich glaube zudem, dass das Argument der Regu- lierung, die dieser Weiterentwicklung angeb- Jürgen Klöck, Ebase: „Die Fintechs bewegen sich heute auf einem großen Experimentierfeld, auf dem vieles ausprobiert und auch vieles wieder verworfen wird.“ » Die Banken tun sich immer noch extrem schwer damit, bank- oder produzenten- übergreifend zu agieren beziehungsweise zu beraten. « Johannes Cremer, Moneymeets 254 www.fondsprofessionell.de | 4/2015 roundtable I fintech Foto: © Christoph Hemmerich

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