FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2015

310 www.fondsprofessionell.de | 4/2015 fonds & versicherung I vorsorgekonto Foto: © Lisa F. Young | Dreamstime.com M anche Projekte verharren ewig im Projektstatus. Die Deutsche Renten- versicherung Baden-Württemberg muss zusehen, dass sich ihr schon 1999 vor- geschlagenes „Vorsorgekonto“ hier nicht ein- reiht: ein von staatlicher Seite angebotenes individuelles, kapitalgedecktes Altersvorsor- geprodukt. Da dieses Vorsorgekonto gerade in letzter Zeit vom Südwesten der Republik ver- stärkt in die Öffentlichkeit getragen wird, soll- ten Anlageberater wissen, was da genau dis- kutiert wird, ob es für sie ein Wettbewerbs- produkt darstellt und wie wahrscheinlich eine baldige Umsetzung ist. Zum Hintergrund: Altersarmut ist zwar kein akutes Problem, denn aktuell beziehen nur zwei bis drei Prozent der Rentner die Sozial- leistung „Grundsicherung imAlter“ (rund 770 Euro inklusive Miet- und Heizkostenzu- schuss). Damit es künftig nicht mehr Senioren werden, die in die Armutsfalle tappen und dann durch Sozialleistungen unterstützt wer- den müssen, empfehlen Experten und Poli- tiker unisono, dass die Bürger für das Alter vorsorgen sollen – insbesondere seit der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung aus den Jahren 2000 und 2001, mit der das Nettorentenniveau abgesenkt wurde. Ein Baustein für die Altersvorsorge ist die 2002 eingeführte Riester-Rente. Diese privat finanzierte kapitalgedeckte Rente ist freiwillig und wird mit Förderbonbons wie staatlichen Zulagen und Sonderausgabenabzug attraktiv gemacht. Doch die Riester-Rente hat auch Kritiker. „Zu teuer“, „zu wenig Rendite“, „zu unflexibel“ sind deren Argumente. Auf der anderen Seite lassen auch die Produktanbieter durchblicken, dass Riester-Verträge für sie nicht in jedem Fall ein Geschäft sind: Sie seien besonders arbeitsintensiv angesichts der meist kleinen Konten, die lebenslang adminis- triert werden müssen. Riester-Müdigkeit Auch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg erkennt eine ge- wisse Riester-Müdigkeit in der Bevölkerung und fordert daher eine Ergänzung zu den bis- herigen Produkten der privaten Altersvorsor- ge: „Wir liegen zurzeit bei rund 16 Millionen Verträgen, und da sind die, die ruhend gestellt sind, mit eingerechnet. Das lässt zumindest den Schluss zu, dass beim Verbreitungsgrad noch viel zu viel Luft nach oben ist“, meint Hubert Seiter. Er ist Vorsitzender der Ge- schäftsführung der DRV Baden-Württemberg und Vater des Vorsorgekontos. Dieses könne zwar keine hohen Renditen versprechen, aber zumindest niedrige Kosten. „Als Non-Profit- Organisation arbeitet sie ohne Provisionen, Abschlussgebühren und Gewinnerzielungs- absicht quasi zum Selbstkostenpreis“, erklärt Seiter. Die Verwaltungs- und Verfahrens- kosten der DRV lägen bundesweit zwischen 1,2 und 1,4 Prozent. Die DRV Baden-Württemberg wirbt für das Vorsorgekonto als „einfaches, transparentes, kostengünstiges und vor allem sicheres Pro- dukt“, das auch die Unterstützung durch die Stuttgarter Landesregierung hat. Baden- Württembergs Verbraucherschutzminister Ale- xander Bonde sprach sich mehrfach öffentlich dafür aus. Entgeltpunkte kaufen Seiter erklärt, wie das Vorsorgekonto aus- sehen soll: „Es kombiniert und erweitert die Möglichkeit, Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung ‚zurückzukaufen‘, mit den Regeln, die für Riester-Produkte gelten. Das eingezahlte Kapital ist damit garantiert, und die Rente bemisst sich nach den Bestim- mungen, die für die gesetzliche Rentenversi- cherung gelten.“ Dies bedeutet, dass mit dem Vorsorgekonto ähnlich wie in einem Riester- Vertrag Geld angespart und bei einem (früh- zeitigen) Eintritt in die Altersrente mit dem angesparten Kapital Entgeltpunkte im Umla- gesystem der gesetzlichen Rentenversicherung gekauft werden. So lassen sich die Abschläge bei vorzeitigem Rentenbeginn verringern oder die Rentenzahlungen erhöhen. Auch eine so- zialpolitische Komponente soll das geplante Produkt haben: „Es ist eine zusätzliche, soli- darische Absicherung der Erwerbsminderung vorgesehen – geschlechtsneutral und ohne Risikoprüfung“, erklärt Seiter. Dabei soll die Kapitalanlage in sehr siche- ren Anlageformen erfolgen, nach den Regeln des Sozialgesetzbuches. Darin heißt es: „Die Mittel (…) sind so anzulegen (…), dass ein Verlust ausgeschlossen erscheint, ein ange- Riester -Produkt vom Staat? Das Alter unbeschwert genießen – dieser Wunsch hat wohl bei den meisten Menschen hohe Priorität. Dennoch legen viele in jungen Jahren zu wenig Geld zur Seite, damit dieser Traum auch in Erfüllung gehen kann. Die Deutsche Rentenversicherung wirbt für ein kapitalgedecktes „Vorsorgekonto“. Fürchten muss man sich als Berater vor der staatlichen Konkurrenz jedoch nicht.

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