FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2015
deprüfung. Ich halte das aber gleich aus zwei Gründen für problematisch: Erstens weist der Begriff „alter Hase“ nur darauf hin, dass jemand etwas schon lange macht. Er sagt aber nicht, dass jemand etwas auch schon lange gut macht. Wenn dem so ist, wird der Vermitt- ler ja keine Schwierigkeiten haben, die Sach- kundeprüfung zu bestehen. Und wenn nicht, sollte er dazulernen. Zweitens finde ich es schwierig, dass ein „alter Hase“ sowohl als Immobilienkreditvermittler als auch als Im- mobilienmakler gearbeitet haben muss. Fach- lich ist das unnötig. Und praktisch wäre der Kunde zu stark von einer Person abhängig. Noch dazu kommt, dass gar nicht klar ist, ob diejenigen, die eine Sachkundeprüfung able- gen müssen, auch beide Qualifikationen nach- weisen müssen. Wenn nicht, hätten wir zwei Welten. Das wäre nicht sinnvoll. Die Banken finden in einem bestimmten Punkt auch, dass es zwei Welten gibt: Sie hätten gern, dass die nach Paragraf 34f Gewerbeordnung regulierten Finanzan- lagenvermittler wie die Bankberater von der Bafin beaufsichtigt werden. Stimmt, und das war auch unsere Forderung. Im Referentenentwurf ist hier aber keine Än- derung vorgesehen. Wir sind der Auffassung, dass die Gewerbeaufsicht nicht unbedingt die entsprechende Sachkunde hat. Daher sollten auch Finanzanlagenvermittler besser der Bafin unterstellt sein. Nur: Wie soll das in der Praxis aussehen? Die Bafin ist für diese Aufgabe personell überhaupt nicht ausgestattet. Ich kann mir auch wirklich nicht vorstellen, dass sie diese Arbeit auf sich nehmen will. Außer- dem ist das mit der Union nicht zu machen, die wollen das nicht. Daher wird sich auch im Gesetzgebungsprozess an diesem Punkt wohl nichts mehr ändern. Wie sieht es mit der Aufsicht über große Fondsgesellschaften aus? Es gibt Stim- men, die sagen, die großen Häuser seien systemrelevant, und man müsste ihnen daher stärker auf die Finger schauen. Die großen Anbieter verwalten natürlich ein extremes Geldvolumen. Wenn sie eine Anla- geentscheidung treffen, dann hat das eine Si- gnalwirkung und kann ganze Märkte bewe- gen. Daher würde ich sagen: Ja, sie sind sys- temrelevant und müssen beaufsichtigt werden. Das ist aber nur über internationale Regulie- rung zu schaffen. Das geschieht auch. Auf Ebene der G-20-Staaten wird ja derzeit das Thema Schattenbanken behandelt. Auf EU- Ebene laufen Beratungen über eine verstärkte Regulierung von Geldmarktfonds. Zu Recht, hier ist schließlich Fremdkapital im Spiel. Außerdem kann es nicht sein, dass man Ban- ken und Versicherungen regulatorisch harte Bandagen anlegt und die großen Fondsgesell- schaften ausnimmt. Gibt es einen Bereich des Finanzmark- tes, den Sie persönlich vorrangig regulie- ren würden? Den gesamten Schattenbereich. Für mich ge- hört dazu alles, was bislang nicht der Aufsicht unterliegt. Und ich möchte unser gesamtes regulatorisches System auf Widersprüchlich- keiten und Überlappungen hin prüfen. Dazu kann es leicht kommen, denn wir haben rie- sige Gesetzespakete geschnürt und viele Ein- zelvorschriften verabschiedet. Zu schauen, ob alles zusammenpasst, ist eine wichtige Sache. Denn alles, was nicht zusammenpasst, hat den Charakter einer Lücke. Wir werden regulato- rische Lücken schließen. Aktuell ist mir außerdem der Aufbau eines vernünftigen Trennbankensystems sehr wichtig. Und wie sieht es damit aus? Es ist kompliziert, Einlagengeschäft und Investmentbanking komplett voneinander zu trennen. So brauche ich einerseits Kurssiche- rungsgeschäfte in der Realwirtschaft, anderer- seits gehören sie zu den Spekulationsgeschäf- ten. Wo soll man den Strich ziehen? Dass die großen Banken ihr System behalten wollen, ist da eher das kleinere Problem. Vielen Dank für das Gespräch. ANDREA MARTENS | FP Lothar Binding: „Die Immobilienkreditrichtlinie sieht eine ,Alte Hasen‘-Regelung vor, aber diese ist meiner Ansicht nach problematisch. Wer sagt denn, dass die ,alten Hasen‘ alles gut machen, nur weil sie es schon lange machen?“ steuer & recht I lothar binding I spd 320 www.fondsprofessionell.de | 4/2015 » Große Fondsgesellschaften sind systemrelevant und müssen beaufsichtigt werden. « Lothar Binding, SPD Foto: © Tim Flavor Lothar Binding Lothar Binding, Jahrgang 1950, absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Starkstromelektriker, bevor er 1972 sein Abitur machte. An den Universitäten Tübingen und Hei- delberg studierte er Mathematik und Physik. Bindings politische Laufbahn beginnt im Jahr 1966 mit dem Eintritt in die SPD. Seit 1998 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages, derzeit ist er finanzpolitischer Sprecher der SPD und Mitglied im Fraktionsvorstand. Außerdem sitzt Binding in verschiedenen Bundestagsgremien, unter an- derem im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz.
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