FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2015

324 www.fondsprofessionell.de | 4/2015 tungsprotokoll bald der Vergangenheit an. Es soll durch eine Geeignetheitserklärung abge- löst werden, die dem Kunden vor Abschluss eines Geschäfts „auf einem dauerhaften Da- tenträger“ übergeben werden muss. So sieht es der Referentenentwurf vor. „In der Geeignetheitserklärung muss laut Mifid nur die erbrachte Beratung benannt und erläutert werden, wie die Beratung auf die Präferenzen, Ziele und sonstigen Merkmale des Kleinanlegers abgestimmt wurde. Diese drei Punkte lassen sich einfach über Textbau- steine lösen, was deutlich schneller geht als das Verfassen eines Beratungsprotokolls“, sagt Waigel. „Für die Finanzbranche wäre es eine große Erleichterung, wenn das Beratungspro- tokoll tatsächlich zugunsten einer Geeignet- heitserklärung gekippt würde.“ Für den Kun- den hätte eine Abschaffung ebenfalls keinen Nachteil, im Gegenteil: „Die meisten Bera- tungsprotokolle sind juristisch geprüft und die Anbieter versuchen, sie wasserdicht zu for- mulieren, inklusive Aufklärung über die Pro- visionen. Wenn ein Kunde ein solches Doku- ment unterschreibt, hat er bei der gerichtlichen Verfolgung einer Falschberatung schlechte Chancen.“ Vermögensverwalter atmen auf Für Erleichterung dürfte der Entwurf zur Finanzmarktnovelle auch bei Vermögensver- waltern sorgen. Klar ist, dass Banken und Fi- nanzdienstleistungsinstitute ab Anfang 2017, wenn die Mifid II ihre Wirkung entfalten soll, in der Finanzportfolioverwaltung keinerlei Provisionen mehr behalten dürfen. Daran kann auch der nationale Gesetzgeber nichts ändern. „Einige Branchenteilnehmer hatten befürchtet, dass Vermögensverwaltern verbo- ten wird, Provisionen überhaupt anzunehmen. Dann hätten sie zahlreiche Finanzprodukte, die nur mit Provision erhältlich sind, gar nicht in die Depots ihrer Kunden buchen dürfen“, sagt Waigel. „Die nun vorgesehene Regelung ist praxisnäher: Ein Vermögensverwalter darf eine Provision zwar annehmen, muss sie dann aber umgehend an seinen Kunden durchleiten, so wie das auch heute schon in der Honorar- anlageberatung geregelt ist.“ Auch wenn die Finanzmarktnovelle noch in ihren Anfängen steckt und wohl erst im Sommer 2016 verabschiedet wird (siehe Kas- ten), eines steht heute schon fest: „Vermö- gensverwaltung, sei es in der Bank oder über ein Finanzdienstleistungsinstitut, wird es ab Januar 2017 nur noch gegen Honorar geben“, sagt Waigel. Die derzeit noch beliebten Mischmodelle, bei denen Kunden ein Prozent pro Jahr bezahlen und der Vermögensverwal- ter ein weiteres halbes Prozent aus Bestands- provisionen erhält, gehören bald der Vergan- genheit an. „Der Vermögensverwalter muss seinen Kunden künftig erläutern, dass sie eine Rechnung über beispielsweise anderthalb statt nur ein Prozent erhalten, sie wirtschaftlich aber nicht schlechtergestellt werden.“ Ganz ohne Einbußen geht eine solche Um- stellung für den Kunden jedoch nicht vonstat- ten. Schließlich fällt künftig auf einen höheren Betrag Mehrwertsteuer an. Und die ausge- kehrten Provisionen werden nach aktuellem Stand mit Abgeltungsteuer belastet. Noch so ein Thema, bei dem Verbraucherschützer und Bankenlobby gemeinsam für eine Änderung kämpfen könnten. BERND MIKOSCH | FP steuer & recht I mifid-II-umsetzung Foto: © Waigel; IArtjazz | Dreamstime.com Christian Waigel, GSK: „Vermögensverwaltung wird es ab Januar 2017 nur noch gegen Honorar geben.“ Mifid II: EU-Kommission lässt mit wichtigen Details auf sich warten Die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II regelt, dass eine An- lageberatung ab 2017 nur noch dann als „unabhängig“ bezeichnet werden darf, wenn keine Provisionen fließen. Wer auf dieses Prädikat verzichtet, kann auch künftig Pro- visionen vereinnahmen – vorausgesetzt, er hält sich strikt an die Bedingungen, die die EU-Kommission über soge- nannte delegierte Rechtsakte definiert. Genau diese „Re- gulatory Technical Standards“, die die Kommission schon längst vorlegen wollte, stehen aber immer noch aus. Zeitplan: Die EU-Kommission hatte die Vorlage der de- legierten Rechtsakte ursprünglich für den Sommer ange- kündigt, dann hieß es, die Veröffentlichung werde erst im September erfolgen. Als sich dieser Monat seinem Ende näherte, wurde die Branche auf Oktober vertröstet. Inzwi- schen ist vom Dezember die Rede. „Aus der EU-Kom- mission ist zu hören, dass sich die Vorlage der nötigen Dokumente möglicherweise bis zum Jahresende hinzieht“, sagt Christian Waigel, Partner der Kanzlei GSK Stockmann + Kollegen in München. „Der Finanzbranche wurde einst versprochen, dass sie mindestens ein Jahr Zeit hat, um sich auf die neuen Regeln einzustellen. Wenn die tech- nischen Standards nicht bis Ende Dezember vorliegen, hat die EU-Kommission dieses Versprechen gebrochen.“ Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe rüttelte die Kommission sogar am Zeitplan für Mifid II. Sie überlegte, das Inkrafttreten der Richtlinie zu verschieben. Problem: Die delegierten Rechtsakte zur Mifid II sind für die Finanzbranche von höchster Bedeutung, weil sie wich- tige Details regeln – nicht nur mit Blick auf die Frage, un- ter welchen Voraussetzungen Finanzdienstleister weiterhin auf Provisionsbasis arbeiten dürfen. Banken und Finanz- vertriebe sowie ihre „Zulieferer“, etwa die Fondsanbieter, wollen wissen, wie sie sich zukunftssicher aufstellen können. Ohne eine klare Ansage der EU-Kommission ist das aber nicht möglich. Nationale Umsetzung: Das Hinauszögern der dele- gierten Rechtsakte ist auch deshalb kritisch, weil die Zeit für die nationale Umsetzung drängt: Soll Mifid II tatsäch- lich Anfang 2017 in Kraft treten, müssen die nationalen Gesetze bis Mitte 2016 verabschiedet sein. In Deutschland geschieht das über die Finanzmarktnovelle, für die das Finanzministerium jüngst den Referentenentwurf vorgelegt hat. „Eigentlich könnten die Parlamente der EU-Staaten die nötigen Gesetze schon verabschieden, denn die de- legierten Rechtsakte gelten direkt und müssen nicht in nationales Recht umgesetzt werden“, sagt Waigel. So wird im Entwurf zur Finanzmarktnovelle an verschiedenen Stel- len einfach auf die noch ausstehenden Vorgaben aus Brüssel verwiesen. „Allerdings haben viele Abgeordnete ein ungutes Gefühl dabei, ein Gesetz zu verabschieden, bevor sie die damit verbundenen technischen Standards kennen – was durchaus verständlich ist.“ Waigel rechnet damit, dass der Bundestag das Mifid-Umsetzungsgesetz erst kurz vor der Sommerpause 2016 verabschieden wird. Viele für Banken, Finanzvertriebe und Fondsanbieter wichtige Vorgaben stecken in Brüssel fest.

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