FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

104 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 markt & strategie I fondsvolumen Foto: © fotohansel | Fotolia I n der Fondsindustrie hat Größe einen ganz besonderen Wert. In wenigen Branchen machen sich Skaleneffekte in so reiner Form bemerkbar. Egal ob ein Ma- nager in seinem Fonds 100 Millio- nen Euro oder eine Milliarde ver- waltet – die Arbeit ist annähernd die gleiche. Ganz anders die Ge- bührenerlöse, die liegen nämlich zehn Mal so hoch. Kein Wunder also, dass sich die wenigsten Anbieter gegen Mittel- zuflüsse wehren. Hin und wieder jedoch wird auch im Asset Management die Größe zum Problem, zum Beispiel wenn der Fondsmanager eine Anla- gestrategie verfolgt, die sich nicht beliebig skalieren lässt. In diesem Fall drohen wei- tere Zuflüsse die Perfor- mance zu verwässern. Gefährlich wird es auch, wenn der Portfo- liomanager in Nischen- märkten unterwegs ist. Kommt es unerwartet zu Mittelabflüssen, läuft er Gefahr, in illiqui- den Titeln gefangen zu sein. Im dümmsten Fall macht sich der Manager mit seinen Ver- käufen selbst die Preise kaputt. Vorausschauende Fondsverwalter setzen sich rechtzeitig eine Kapazitätsgrenze, über die sie ihr Portfolio nicht anwachsen lassen, um die Gefahr einzudämmen, ihre Anleger zu enttäuschen. Doch eine solche Entscheidung fällt alles andere als leicht. Der Vertrieb ist sauer, weil er seinen Kunden einen guten Fonds vorenthalten muss. Der Finanzchef schäumt, weil die Schließung eines Bestsellers den Verzicht auf satte Gewinne bedeutet. Und auch der Portfoliomanager selbst tut sich nicht leicht mit einer solchen Entscheidung, schließ- lich hängt seine Bezahlung in vielen Fällen auch vom verwalteten Vermögen ab. In den vergangenen Monaten ist die Dis- kussion über dieses Dauerthema wieder lauter geworden. Branchenkenner verweisen auf milliardenschwere Fonds, die im vergangenen Jahr mit argen Performanceproblemen zu kämpfen hatten, darunter der Aberdeen Asian Smaller Companies Fund und der M&G Glo- bal Dividend. Die Vermutung liegt nahe, dass die schiere Größe der Portfolios dabei eine Rolle spielte – auch wenn die Manager der Fonds das entschieden bestreiten. Reißleine gezogen An Brisanz hat das Thema auch deshalb gewonnen, weil zuletzt einige große Invest- menthäuser bei Erfolgsfonds die Reißleine ge- zogen haben. Allianz Global Investors gibt seit Februar für den Allianz Discovery Europe Strategy und den Allianz Discovery Germany Strategy keine Anteilsscheine mehr aus. Den marktneutralen Fonds, die gleichzeitig Long- und Short-Positionen bei europäischen bezie- hungsweise deutschen Aktien eingehen, ist al- lein im Vorjahr fast eine Milliarde Euro zuge- flossen. „Wir freuen uns sehr, dass sich die Fonds seit 2015 einer rasch wachsenden Be- liebtheit erfreuen, wollen aber im Interesse der investierten Anleger nicht, dass das Konzept und die Performance durch weiteres Mittel- wachstum beeinträchtigt werden“, sagt Harald Sporleder, der einen der Fonds managt. Die gleiche Sorge treibt die Deutsche Asset Management mit Blick auf den DWS Aktien Strategie Deutschland um. Ende Februar be- reitete der Fondsanbieter seine Vertriebspart- ner auf eine mögliche Schließung des Fonds vor. Im vergangenen Jahr hatte Portfolio- manager Henning Gebhardt die Konkurrenz mit einer Performance von fast 30 Prozent deklassiert. Unterm Strich sammelte der Fonds 2015 rund 1,3 Milliarden Euro ein, was das Volumen auf rund drei Milliarden Euro anschwellen ließ. „Sollte das Fondsvolumen deutlich weiter ansteigen, besteht die Möglich- keit, dass die Umsetzung des bewähr- ten Investmentansatzes nicht mehr gewährleistet werden kann“, heißt es in dem Schreiben. Sollte dies der Fall sein, werde die Deut- sche AM „im Interesse der bereits investierten Anle- ger des Fonds die Aus- gabe weiterer Anteile vorübergehend einstel- len“. Gebhardt investiert seit Fondsauflage 1999 im Schnitt 40 Prozent des Portfolios in Nebenwerte. Bei einem wei- teren Anstieg des Volumens könnte der Fonds weniger flexibel in „kleinere, wachstumsstar- ke Unternehmen sowie attraktive Neuemis- sionen“ investieren, und das Anlageuniversum würde sich „spürbar verkleinern“. Ärgerlich für Sparplankunden Eine Schließung wäre insbesondere für Ver- triebspartner ärgerlich, deren Kunden Spar- pläne auf den Fonds abgeschlossen haben. Weil diese Verträge dann nicht mehr bedient werden können, müssten die Sparpläne ma- nuell auf andere Fonds umgestellt werden, was einen erheblichen Aufwand bedeutet. „Wir hoffen, unseren Anlegern und Vertriebs- partnern diesen Schritt ersparen zu können“, sagt Ferdinand Haas, der bei der Deutschen AM die Produktstrategie für aktiv verwaltete Fonds in der EMEA-Region und Asien ver- antwortet. „Wir wurden 2015 von der großen Investorennachfrage geradezu überrollt.“ Als sich im Sommer vergangenen Jahres eine erhöhte Nachfrage institutioneller Inves- Fonds, die in Nischen investieren, bekommen bei zunehmendem Volumen ein Problem. Die Branche diskutiert mehrere aktuelle Fälle. Wachstums schmerzen Große Menschen haben eini- ge Vorteile im Leben, aller- dings nicht immer. Wer klein ist, sitzt beispiels- weise auch im Flug- zeug bequem – und stößt sich seltener den Kopf.

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