FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

116 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 markt & strategie I faktor-investments Foto: © Fotolia_italo_ E inige Smart-Beta-Strategien werden sich als gar nicht so clever entpuppen und die Investoren enttäuschen“, wet- terte jüngst Rob Arnott. Die Warnung über- rascht, denn Arnott ist Gründer und Chef von Research Affiliates (Rafi) und gilt als Pionier der alternativen Indexkonstruktionen. Arnott zielt mit seiner Kritik auf ein Thema, das der- zeit die Gemeinde rund um börsengehandelte Indexfonds (ETFs) elektrisiert: Faktor-Invest- ments. Dieses Konzept entspringt der finanz- wissenschaftlichen Forschung und setzt darauf, dass das Eingehen bestimmter Risiken eine höhere Rendite einbringt. Doch was steckt genau dahinter? Kann dieses Kon- zept Anlegern doch einen Mehr- wert liefern? FONDS professionell beleuchtet die Hintergründe. „Bei Smart oder Strategic Beta geht es zunächst darum, von der herkömmlichen Gewichtung eines Börsenindex nach der Marktkapi- talisierung wegzukommen. Das ist zwar verwandt mit dem Thema Faktoren, aber nicht gleichzuset- zen“, erklärt Oliver Pfeil, der bei der Deut- schen Asset Management (Deutsche AM) Investmentstrategien entwickelt. Dem klassischen Investmentansatz nach setzen Anleger in bestimmten Phasen des Konjunkturzyklus auf passende Branchen wie etwa Versorger-, Konsumgüter- oder Techno- logieaktien. Doch die Ökonomen Eugene Fama und Kenneth French haben in ihren Arbeiten zur Portfoliotheorie historische Bör- sendaten statistisch durchpflügt und statt der Aufteilung nach Sektoren sogenannte Risiko- prämien identifiziert. Dazu zählen etwa Un- ternehmen mit einem hohen Verhältnis von Buchwert zu Marktwert (Value) oder einer vergleichsweise geringen Marktkapitalisierung (Size). Gehen Anleger gezielt diese Risiken ein, lässt sich im Vergleich zum Gesamtmarkt eine höhere Rendite erzielen. Vermeidet man wiederum bestimmte Risikofaktoren, ist das Portfolio besser gegen Kursverluste gewapp- net – so die Theorie von Fama und French. „Lange blieb dieser risikoadjustierte Perfor- mancevorteil eine rein akademische Diskus- sion“, berichtet Pfeil. Nunmehr habe sich eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis eta- bliert. „Rendite oder Risiko können nachweis- lich über dieses Modell verbessert werden“, so der Faktor-Experte. Allerdings müsse für jeden einzelnen Faktor geprüft werden, ob er sich in der Praxis sinnvoll einsetzen lasse. So muss die Strategie auch zu erträglichen Han- delskosten umgesetzt werden oder ein ent- sprechender Index gebaut werden können. Viele Zufallsfunde Die Auswahl der richtigen Faktoren ist ent- scheidend. Denn die Forschung von Fama und French hat in der Wissenschaft eine re- gelrechte Schatzsuche entfacht. Immer mehr Ökonomen tauchen in die Statistik ein und fördern immer wieder neue Faktoren zutage, die angeblich Mehrrenditen erzielen sollen. Dazu zählen etwa Strategien, die auf Aktien mit geringer Schwankungsanfälligkeit (Low Volatility sowie Minimum Variance) oder auf Titel mit geringer Abhängigkeit von der Gesamtmarktentwicklung (Low Beta) abzielen. Andere set- zen darauf, dass gut gelaufene Papiere auch weiterhin im Wert steigen (Momentum). Doch das sind noch längst nicht alle. In den wissenschaftlichen Pu- blikationen kursiert bereits die iro- nische Bezeichnung des „Faktor- Zoos“. Neuere Studien versuchen, dieses Dickicht zu lichten. Sie un- tersuchten ihrerseits die Faktor- Funde auf Fehler und stießen zum Teil auf handwerkliche oder fach- Investments nach dem Faktor-Ansatz versprechen eine breitere Streuung und höhere Renditen. Doch es kommt auf den richtigen Einsatz an. Immer die Balance halten Der Faktor-Ansatz entspringt der Finanzwissenschaft, entsprechend komplex ist die Strategie. Doch womöglich kommt es am Ende nur auf einen Punkt an: die richtige Balance – so wie am Schwebebalken. Mit dem richtigen Dreh durch den Zyklus Einsatz von Faktor-Strategien über die Konjunkturphasen Vier Phasen, fünf Faktoren: Für jede Marktlage gibt es passende Ansätze. Doch dafür muss man wissen, wo die Wirtschaft gerade steht. Quelle: Markus Kaiser, Starcapital Boom Abschwung Rezession Aufschwung 4 Value 4 Momentum 4 Size 4 Momentum 4 Quality 4 Low Volatility 4 Value 4 Quality 4 Low Volatility 4 Value 4 Momentum 4 Size

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