FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

292 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 bank & fonds I blockchain Foto: © kamasigns | Fotolia; Swift, Deutsche Bank Research V ertrauen ist der Anfang von allem, so lautete 1995 der Werbeslogan der Deutschen Bank. Die Marketingprofis der Werbeagentur BBDO, die den Spruch kreiert haben, bewiesen Weitblick. Was vor zwanzig Jahren galt, gilt heute mehr denn je: Für das Geschäftsmodell der Banken ist das Vertrauen der Menschen in die Stabilität und Leistungsfähigkeit der Institute unab- dingbar. Dieser Glaube ist – trotz Finanzkrise – derzeit noch vorhanden. Die meisten Kun- den legen ihr Geld immer noch lieber bei einer Bank an, als es etwa über eine Kredit- plattform einem unbekannten privaten Schuld- ner anzuvertrauen. Die bisher unangefochtene Mittlerrolle könnte den Banken aber bald streitig gemacht werden. Herausforderer ist die Blockchain-Technologie, die helfen kann, wenn der „direkte Draht“ fehlt, aber Vertrauen in den Partner unerlässlich ist. Vereinfacht ausgedrückt ist die Blockchain eine riesige Datenbank, die auf vielen welt- weit verteilten Servern liegt und es ermög- licht, verschiedenste Transaktionen wie Über- weisungen oder den Handel von Aktien ein- schließlich deren Verbuchung in Sekun- denschnelle auszuführen. Zwar wickelt die Kreditwirtschaft ihre Buchungen bereits seit Langem elektronisch ab, jedoch erfolgt die reale Verarbeitung in vielen Fällen immer noch über eine Vielzahl von Stationen. Das kostet Zeit und Geld. So werden beispiels- weise Wertpapiere beim Kauf oder Verkauf erst zwei Tage später im Depot verbucht. Bei der Blockchain erfolgt die Übertragung der Rechte direkt und digital, eine physische Verbriefung in Form von Wertpapieren, Ver- trägen oder auch Banknoten ist nicht mehr erforderlich. Ähnlich einem digitalen Grund- buch werden alle neuen Transaktionen mit den bisher gespeicherten vorangegangenen Geschäftsvorfällen verbunden („Block“) und als Kette („Chain“) angehängt – daher der Na- me. Die Besonderheit dabei: Jeder Teilnehmer kann sämtliche Transaktionen, die jemals mit dem jeweiligen Gut vorgenommen worden sind, wie auf einem Kontoauszug einsehen, wenn auch nur in verschlüsselter Form. Eine Milliarde Buchungen am Tag „Die Technik ermöglicht den schnellen und kostengünstigen Transfer von Vermögens- werten und Finanzprodukten zwischen Indi- viduen, die sich weder kennen noch vertrauen, ohne dass ein Intermediär dazwischengeschal- tet werden muss“, sagt Thomas Dapp aus dem Research der Deutschen Bank. „Dadurch kann man aufkommende Eigentums- und Sicherheitsfragen ohne eine zentrale Instanz regeln.“ Wer manipulieren will, müsste Zu- griff auf die dezentral angeschlossenen Rech- ner erlangen und dort die Informationen verändern. Dies ist faktisch unmöglich. Leistungsfähige Blockchains schaffen ak- tuell rund eine Milliarde Buchungen am Tag, dies allerdings nur unter Testbedingungen. In der realen Welt arbeitet die Technologie bei großen Datenmengen noch sehr langsam. So versuchte die Deutsche Börse, die Stimmab- gabe von Aktionären auf Hauptversammlun- gen mithilfe einer Blockchain zu verwalten. Dabei erforderte die neue Methode die 50- fache Computerleistung des alten Systems, erklärt die Landesbank Baden-Württemberg in ihrer Studie „Blickpunkt Blockchain“. Banken sind selbst aktiv Bekannt wurde die Blockchain als die Technik, die hinter der Kryptowährung Bit- coin steckt (siehe FONDS professionell 3/2014, „Nichts für schwache Nerven oder Sparbuch-Fans“). „Was der Webbrowser Anfang der 1990er-Jahre für das Internet war, ist der Bitcoin für die Blockchain – die erste App, die auf der neuen Technologie aufgesetzt hat“, sagt Bernd Richter von der Unterneh- mensberatung Capco (siehe Interview auf Sei- te 294). Mit der digitalen Währung Bitcoin wollten sich ihre Erfinder ursprünglich unab- hängig von Banken und zentralen Institutio- nen machen oder ganz ohne sie auskommen. In der Praxis geriet der Bitcoin jedoch durch Hackerangriffe und heftige Kursschwankun- gen in die Schlagzeilen. Ursprünglich sollte die Blockchain Banken überflüssig machen. Jetzt haben die Institute die Technik, die die Finanzwelt revolutionieren soll, für sich selbst entdeckt. Innovative Kette Blockchain ist nicht gleich Blockchain Die Blockchain, die zu den sogenannten Distributed-Led- ger-Techniken (wörtlich: „verteiltes Kontobuch“) gehört, gibt es – stark vereinfacht ausgedrückt – in einer privaten und einer öffentlichen Version. Die öffentliche Blockchain, mit der etwa der Bitcoin-Handel abgewickelt wird, ist weltweit für jedermann verfügbar und nutzbar. Eine private Blockchain wird beispielsweise von einer Firma betrieben und verfügt über eine begrenzte Zahl an Teilnehmern. Sie bietet den Vorteil, dass man eine zentrale Verwaltungs- stelle implementieren kann, die den Überblick behält. In Zukunft kann es auch hybride „Datenblockketten“ geben, die sowohl aus einer privaten als auch einer öffentlichen Blockchain bestehen. Einige Unternehmen, etwa IBM, bie- ten bereits „Blockchain as a service“ an, mit der Firmen ihre eigene cloudbasierte Blockchain errichten können. Auch Softwaregigant Microsoft bietet Lösungen an: „Un- sere Kunden bekommen die Möglichkeit, private und halb private oder zusammengeschlossene Blockchain-Netz- werke mit einem Klick zu erstellen“, sagt Marley Gray, Leiter der Technologiestrategie bei Microsoft. Bei der Blockchain werden wie im Grundbuch alle neuen Trans- aktionen mit den vorangegangenen Geschäftsvorfällen verbunden („Block“) und als Kette („Chain“) angehängt – daher der Name.

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