FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

312 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 fonds & versicherung I makler-fintechs Foto: © Zerbor | Fotolia D er Vorwurf des Bundesverbandes Deut- scher Versicherungskaufleute (BVK) war deutlich: Makler-Fintechs wie Knip, Clark oder Getsafe würden mit einer hippen App den Eindruck erwecken, unkom- plizierten und kostengünstigen Service rund um Versicherungen zu bieten. „Doch das ist mitnichten so“, warnt der BVK. „Vielmehr wird bei diesem digitalen Hype zwar viel ver- sprochen, aber die meisten Kunden wissen gar nicht, worauf sie sich wirklich einlassen.“ Denn die Kunden erkennen mit der App das Fintech als neuen Makler an – und geben ihren bisherigen Betreuer auf. Die Start-ups waren auch das Ziel einer medialen Keule, die DVAG-Vorstand Helge Lach vor wenigen Wochen schwang: Der Finanzvertrieb wirft den Neulingen vor, Maklern mittels der App Kunden abzujagen. Die Beispiele zeigen: Gebundene und ungebundene Vermittler schauen mit Argusaugen auf die neuen Fir- men – obwohl sich ihre Zahl in Grenzen hält. Einer Schätzung des Portals „Gründerszene“ zufolge sind weniger als zehn Prozent der deutschen Fintechs der Assekuranz zuzuord- nen. Die Unternehmensberatung Barkow Consulting zählt bundesweit 25 Versiche- rungs-Fintechs. Die meisten von ihnen ent- wickeln digitale Lösungen für die Schnittstelle zu Kunden. „Die Fintechs, die eine digitale Versicherungsakte anbieten, sind letztlich Onlinemakler, die mit einer benutzerfreund- lichen App arbeiten“, sagt Carsten Hoffmann, Versicherungsexperte beim Beratungshaus Willis Towers Watson. Diese Start-ups bieten einen digitalen Versicherungsordner, mit dessen Hilfe die Kunden überall und jederzeit ihre Versicherungen und teilweise auch ihre Konten und Kapitalanlagen verwalten kön- nen. Das schließt ein, den bestehenden Ver- sicherungsschutz zu optimieren und Versor- gungslücken zu schließen (siehe Tabelle auf den nächsten Seiten). Zielgruppe sind neben der Generation Y auch ältere digitalaffine Kunden. „Die Menschen wollen ihre Policen digital ohne Papierkram einheitlich konso- lidieren und einen modernen statt mehrere traditionelle Ansprechpartner haben“, sagt Hartmut Teicke, Geschäftsführer von Financefox. Markt wird neu verteilt Das Geschäftsmodell der Fintechs be- ruht auf der Übernahme bestehender Poli- cen. Kunden übertragen dem Start-up die Maklervollmacht, sodass dieses die Be- stände des Kunden und damit meist auch die Bestandsprovisionen erhält. Einige Fin- techs akzeptieren allerdings auch die so- genannte Korrespondenzmaklerschaft, bei der ein Versicherer die laufende Courtage nicht zum neuen Makler umleiten muss. „Wir waren anfangs gar nicht an den Bestandsübertragungen interessiert, son- dern daran, dass der Kunde seine Policen automatisch in die App geladen be- kommt“, berichtet Getsafe-Geschäftsführer Christian Wiens. „Dann stellte sich aber Versicherungs-Fintechs wie Knip, Clark oder Getsafe blasen mit schicken Apps zum Angriff auf den klassischen Vertrieb. Chancenlos sind Makler aber nicht. Längst nicht App- geschrieben Glücklich ist, wer für seine Versicherungen mit nur einem schmalen Ringbuch auskommt – meist stehen gleich meh- rere dicke Ordner im Regal. In solchen Fällen kann eine der neuen Apps helfen, den Überblick zu behalten. Frische Ideen abseits der „Maklertechs“ Neben den „Maklertechs“, die auf den folgenden Seiten vor- gestellt werden, werben weitere Start-ups im Versicherungs- bereich um Kunden. Drei davon im Überblick: Finanzchef24: Der Online-Makler konzentriert sich auf Gewerbetreibende, die Berufs- und Betriebshaftpflichtversi- cherungen direkt, inklusive Underwriting-Prozess, abschließen können. Dafür hat das Team um die Geschäftsführer Hendrik Rennert und Felix Schollmeier eine Software entwickelt, die direkte Verbindungen zu den Rechenkernen von 40 Versi- cherungsgesellschaften herstellt. Das Münchner Unterneh- men bietet anderen Maklern die Anbindung an ihre digitale Abschlussstrecke an. Community Life: Der Online-Vermittler offeriert sowohl für Berufsunfähigkeitsversicherungen als auch für Risikolebens- versicherungen einen komplett digitalen Abschluss. Com- munity Life arbeitet exklusiv mit dem luxemburgischen Ver- sicherer Iptiq zusammen, einem Tochterunternehmen des Rückversicherers Swiss Re. Community Life verzichtet auf eine Abschlussprovision, stattdessen werden 5,5 Prozent des Beitrags eingezogen, den ein Kunde jährlich überweist. Damit will das Start-up nach eigenen Angaben für eine langfristige Kundenbeziehung belohnt werden. Friendurance: bietet – auch via App – ein sogenanntes Social-Lending- oder P2P-Versicherungsmodell an: Versi- cherte werden in kleinen Gruppen zusammengeschlossen und unterstützen sich bei Schadensfällen gegenseitig. Dazu wird eine Selbstbeteiligung in jeden Vertrag aufgenommen oder eine bereits vorhandene Selbstbeteiligung erhöht. Dies führt zu einem niedrigeren Versicherungsbeitrag. Die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Beitrag fließt in einen Rückzahlungstopf. Bleiben im Lauf eines Jahres Schäden aus, bekommt jeder im folgenden Januar einen Teil davon zurück. Im Schadensfall muss der Versicherte die neue Selbstbeteiligung nicht allein tragen, da kleine Schäden aus dem Topf beglichen werden. Oberhalb der Selbstbeteiligung greift die traditionelle Versicherung.

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