FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

120 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 markt & strategie I investments in anleihen Foto: © nazarovsergey | Fotolia D onnerstag, 7. November 2013. In Frankfurt tritt der Präsident der Euro- päischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi vor die versammelte Presse und er- klärt: „Wir senken den Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent.“ Investoren verkaufen Bundes- anleihen, um Kursgewinne zu realisieren. Nach fünf Zinsschritten in den vergangenen zwei Jahren kann es nicht mehr viel weiter nach unten gehen. Donnerstag, 5. Juni 2014. Draghi verkündet: „Der Leitzins sinkt auf 0,15 Prozent.“ Investoren verkaufen Bundes- anleihen. Viel weiter nach unten kann sich die Zinsspirale jetzt nicht mehr drehen. Donners- tag, 4. September 2014. Die EZB senkt den Leitzins auf 0,05 Prozent. Investoren verkau- fen Bundesanleihen. Von nun an kann es wirklich nicht weiter abwärts gehen. Am 10. März 2016 verkündet Draghi einen Leitzins von null Prozent. „Das Szenario hat sich wie in einer Zeit- schleife immer wieder wiederholt“, sagt Eckhard Sauren, Vorstandsvorsitzender von Sauren Fonds-Service und Autor des Buches „Die Zinsfalle“. Und jedes Mal haben Privat- anleger und Finanzprofis vermutet, dass so langsam der Boden erreicht ist. In dieser An- nahme haben auch Manager von Rentenfonds Staatsanleihen veräußert und über Kursgewin- ne gute Renditen für ihre Anleger erzielt. Traditionell sind Kursgewinne bei Anleihen nicht gerade der Renditetreiber. Seit das Zins- niveau aber immer weiter gesunken ist, hat sich das Verhältnis von Zins- und Kursanteil in den Erträgen von Bundesanleihen umge- kehrt (siehe Grafik Seite 122). Da stellt sich die Frage, wie Manager etablierter Renten- fonds mit den Kursgewinnen, die sie in jüngs- ter Zeit erzielt haben, nun umgehen. Grundlegende Merkmale Um diese Fragen zu beantworten, hilft es, sich einige Grundlagen von Anleihen ins Ge- dächtnis zu rufen. Diese warten bekanntlich mit dem Zinskupon auf, zugleich verzeichnen sie eine Kursentwicklung. Bei Fälligkeit des Bonds beträgt der Kurs 100 Prozent. Einem Privatanleger, der eine Anleihe bei der Emis- sion erworben hat und das Papier bis zum Laufzeitende hält, mag ein Auf und Ab des Kurses daher egal sein. Bei professionellen Portfoliomanagern sieht das anders aus. „Ein Fonds wird jeden Tag zu seinem Marktpreis bewertet. Das durch Kupons und Kursbewegungen angesammelte Vermögen wird Tag für Tag zusammengezählt“, erläutert Stephan Kuhnke, Vorstandschef und Leiter Portfoliomanagement der Bantleon Bank. Die Fondsbuchhaltung simuliert also den täglichen Wertverlauf der Anleihen aus Kursentwick- lung und angefallenen Zinsen. Daraus ergeben sich für Portfoliomanager andere Vorausset- zungen als für Privatanleger. Der Kursverlauf kann über die Laufzeit des Bonds das Fonds- vermögen steigern – aber auch schmälern. Hier kommt nun die Entwicklung des Zins- niveaus ins Spiel. Fallen die Zinsen, steigen im Gegenzug die Kurse der Anleihen. „Um Kursgewinne zu sichern, bleibt zunächst ein- mal nichts anderes, als Anleihen zu verkau- fen“, sagt Michael Hünseler, Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Assenagon. Denn nach der Gesetzmäßigkeit der Bonds liegt der Kurs bei Fälligkeit bei 100 Prozent – anders als bei Aktien bröckeln Kursgewinne im Lauf der Zeit unerbittlich weg. Sollte jedoch etwa die EZB dem Beispiel der amerikanischen Fed folgen und die Leit- sätze heben, sähe die Lage wieder anders aus. „Steigen die Zinsen, sinken die Kurse einer Anleihe“, erläutert Kuhnke. „Dann habe ich die Wahl, ob ich den Bonds vorher verkaufe oder gegen sinkende Kurse absichere.“ Der einfachere Weg sei natürlich, die An- leihe zu verkaufen und in ein anderes, aus- sichtsreicheres Papier zu investieren oder aber das Geld auf dem Konto zu parken. Sollten die Kurse des Bonds aber wieder steigen, hätte der Verkauf Verluste gebracht. Derzeit wachsen die Zweifel, dass die US-Notenbank Fed den Leitzins weiter heben wird, sogar über eine Senkung wird spekuliert. Daher kann es eine gute Variante sein, Anleihen in der Zwischenzeit über Zinstermingeschäfte gegen Kursverluste abzusichern. „Manche Investoren befürchten auch, dass das Geld bei ihrer Bank nicht sicher ist“, er- gänzt Kuhnke. „So können sie sich mit Deri- vaten quasi ihr synthetisches Tagesgeldkonto bauen – nur dass der Schuldner die Bundes- republik Deutschland ist und nicht eine Bank.“ Die Absicherung gegen Kursverluste Wegen der beständig sinkenden Zinsen konnten Rentenfondsmanager zuletzt hohe Kursgewinne realisieren. Die Frage ist nur, wie sie das Geld am besten reinvestieren. Gewinne einstreichen Abgeräumt: Wer beim Roulette gewinnt, kann seine Chips gegen Bares eintauschen. Für Manager klassischer Rentenfonds ist es nicht so einfach, für realisierte Kursgewinne gute neue Investitionsmöglichkeiten zu finden.

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