FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

204 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 vertrieb & praxis I geldanlage-blogs Foto: © Geldbildung.de, „Sauerkraut und Zaster“ V or einigen Wochen erschien im Magazin „Der Spiegel“ ein bundesweit beachteter Artikel zum Thema Geldanlage. Neben den üblichen Ohrfeigen, die es für die Beraterbranche gab, for- derten die Autoren aber auch Mut von den Lesern ein, sich selbst mehr um die eigenen Finanzen zu kümmern. Für „Fräulein Zaster“ von „Sauerkraut und Zaster“, den „Finanzrocker“ und den „Finanz- wesir“ ist dieser Aufruf ein alter Hut. Hinter den fantasievollen Namen stecken Blogger, die auf ihren Homepages eigene Artikel und Audiobeiträge, sogenannte Podcasts, zum Thema Geldanlage veröffentlichen. Allen drei Bloggern ist gemein, dass sie ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen und ihr Wissen via Netz kostenfrei an Dritte weiterver- mitteln möchten. Und da geht es beileibe nicht um Banalitäten. Die Blogger helfen bei der Auswahl von ETFs, berichten über Software, die die Geldanlage vereinfacht, oder schreiben über das Ansparen für die Rente. Die Szene ist bunt und viel- fältig. Allein für Deutschland listet die Internetseite Bloggerei.de ge- genwärtig über 440 Blogs auf, die ihre Leser von überall aus und zu jeder Zeit über Wirt- schaftsthemen informieren. Manche dieser Blogs sind auch für erfahrene Finanzberater einen Blick wert – auch aus Marketingsicht. Sauerkraut und Zaster Alexandra Kraft führt seit Anfang 2015 unter dem Namen „Sauerkraut und Zaster“ ein finanzielles Tagebuch im Netz. „Ich schreibe unfassbar gern und besitze ein gesun- des Sendungsbedürfnis“, sagt die in Berlin als IT-Beraterin angestellte Diplom-Mathematikerin. Der Na- me des Blogs sollte bewusst nicht zu plump auf das Thema Finanzen hindeuten. Der Startschuss für ihr Bloggerleben fiel zeitgleich mit der Eröffnung ihres ersten Wertpapier- depots. Praktische Erfahrungen mit dem Thema Geldanlage besaß sie davor nicht. „AmAnfang hatte ich von Tuten und Blasen keine Ah- nung“, so die 28-jährige Autorin. „Ich gebe auch zu, dass der Kauf manch einer Aktie ein Griff ins Klo war.“ Ihr Wissen stammt aus Büchern, in der Schule hat sie von Finanzen nichts mitbekommen. „In unserem Bildungssystem steht Wirtschaft leider gar nicht auf dem Plan“, klagt die Bloggerin. Über ihre pri- vaten Finanzen gibt Kraft alias Fräulein Zaster auch Intimes preis: Auf ihrer Internetseite kann jeder- mann nachlesen, wie sie ihr Vermö- gen aufteilt. Derzeit ist sie in Wert- papieren, Tagesgeld und Edelme- tallen investiert, dazu kommt eine Anlage bei der Crowdlending-Platt- formAuxmoney. Außerdem veröf- fentlicht sie jeden Monat ihre pri- vate Ausgaben-und-Einnahmen-Rechnung. Aus den Angaben können aufmerksame Leser sogar die Höhe ihres Gehalts ableiten. Angst, dass mit den Angaben Schindluder getrieben wird, hat sie nicht. Die Bloggerin, die sich Im Netz informieren Blogger und Podcaster erfrischend und ehrlich über Geldanlagethemen. Auch Finanzberater können von den Autoren lernen. Bloggen statt plagen Alexandra Kraft führt unter dem Namen „Sauerkraut und Zaster“ ein finanzielles Tagebuch im Netz. „Ich schreibe unfassbar gern und besitze ein gesundes Sen- dungsbedürfnis“, sagt die Diplom-Mathematikerin. Der Profi-Bankblogger Was für die meisten Blogger nur ein Hob- by ist, hat Stefan Obersteller zum Beruf gemacht. Der gelernte Banker und studier- te Betriebswirt betreibt die Seite Geldbil- dung.de und veröffentlicht dort regelmä- ßig Beiträge, beispielsweise zu Themen wie „Beim Geld hört die Freundschaft auf – Privatkredite als Geldanlage?“. Gleich- zeitig bringt er einen Podcast heraus, in dem er auch schon mal mit „Börsen-Pro- fessor“ Max Otte oder dem „Investment Punk“ Gerald Hörhan über den Immobi- lienerwerb oder das Phänomen der Inflation spricht. „Bei mei- nem Podcast verzeichne ich über 40.000 Downloads pro Monat. Ich schätze, dass ich monatlich etwa 5.000 regel- mäßige Hörer habe“, so der Augsburger. Obersteller nutzt seine Veröf- fentlichungen vor allem, um neue Kunden für sein eigentli- ches Aufgabengebiet, das Finanzcoaching, zu gewinnen. Das Coaching versteht er als Hilfe zur Selbst- hilfe in Sachen Finanzen. „Die Themen sind unterschiedlich: ‚Wie führe ich meine Kinder an mein Vermögen heran?‘ oder ‚Wie schütze ich mein Erspartes vor einer Geldentwertung?‘“, so Obersteller. Für eine Stunde berechnet Obersteller 150 Euro, im Zehner-Abo gibt es die 60 Minuten für 120 Euro. Das Coaching erfolgt telefonisch oder per Skype beziehungsweise vor Ort in Augs- burg oder München. Seine Klientel ist bunt gemischt und reicht vom Studenten bis hin zum Unternehmer und Erben. „In mei- nem Blog und im Coaching geht es um reine Wissensvermittlung, ich betreibe keine Produktberatung oder Produktver- kauf“, betont der Blogger. Wenn doch ein- mal Fragen nach konkreten Empfehlungen kommen, verweist der Bankkaufmann auf benachbarte Honorarberater. Stefan Obersteller, Geldbildung.de

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